Erster mongolischer Priester freut sich über Papstbesuch
DOMRADIO.DE: Erst seit den 1990er Jahren wird in der Mongolei aktiv Mission betrieben. 2016 wurden Sie als erster Mongole zum Priester geweiht. Nun kommt der Papst zu Ihnen zu Besuch. Wie fühlen Sie sich damit?
Pater Joseph Enkh Baatar (Priester in der Mongolei): Eigentlich betrachte ich mich gar nicht als den ersten mongolischen Priester. Wenn wir das historisch betrachten, sieht es ganz anders aus. Ich bin der erste Priester mongolischer Nationalität, seit wir 1921 unabhängig wurden.
Aus der ethnischen Perspektive ist das anders. Wir haben zum Beispiel auch Priester in der inneren Mongolei, die heute zu China zählt. Da gab es früher sogar Bischöfe. Auch heute noch gibt es dort sechs oder sieben mongolische Priester.
DOMRADIO.DE: Was hat Sie dazu bewegt, sich weihen zu lassen?
Baatar: Da gibt es mehrere Gründe. Der erste und wichtigste ist, dass ich ehrlich und wahrhaftig Gott lieben gelernt habe. Das ist der Grund für meine Weihe. Ich habe es wirklich nicht angestrebt, Priester zu werden. Das war nicht meine Priorität.
Es ist aber der Weg, wie ich Gott am nächsten sein kann. Ich wollte diese Freude und Wahrheit aber nicht für mich behalten, sondern auch mit anderen Menschen teilen, besonders mit den armen Menschen und denen, die am Rande stehen.
Ein großer Grund für meine Entscheidung war allerdings auch die Erfahrung von Leid und Trauer, und sich in dieser Zeit vom Glauben getragen zu fühlen.
Mein Vater ist gestorben als ich noch relativ jung war. Als ich gesehen habe, wie meine Mutter gelitten hat, hat mich das sehr berührt. Aber genauso hat mich das Leid der Menschen berührt, die in Armut leben müssen.
Das sind Probleme, die ich alleine nie hätte angehen können. Der Blick auf den leidenden Christus hat mir da sehr geholfen. Ich habe gemerkt: Das einzige, was ich tun kann, ist, mich mit meinem ganzen Leben in den Dienst Gottes zu stellen.
DOMRADIO.DE: Haben Sie diese Entscheidung je bereut? Die Zahl der Katholiken in der Mongolei ist ja sehr klein.
Baatar: Ich habe diese Entscheidung getroffen als ich noch zur Schule gegangen bin. Ins Seminar bin ich 2009 eingetreten. Seitdem habe ich meinen Schritt nie bereut. Die Zahl der Gläubigen spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist die Kraft des Glaubens, nicht die Anzahl der Glaubenden. Selbst wenn wir wenige sind: Wenn wir glauben, woran wir glauben, wird das Früchte tragen.
DOMRADIO.DE: Wie sieht denn ihr gottesdienstlicher Alltag aus? In vielen Diaspora-Regionen ist es ja problematisch, regelmäßig Messe zu feiern.
Baatar: Wir sind eine sehr kleine Kirche mit 1.300 Gläubigen. Obwohl unser Land so groß ist – wir sind das am dünnsten besiedelte Land der Welt – lebt die Hälfte der Bevölkerung konzentriert in der Hauptstadt. In Ulaanbaatar haben wir sechs Kirchen, im Umland und kleineren Städten noch mal vier oder fünf. Wir haben also nur rund zehn Gemeinden im ganzen Land.
Die meiste Zeit arbeiten wir missionarisch. Es gibt in der Mongolei 25 Priester und noch mal 30 oder 40 Ordensleute. Wenn wir das auf die Zahl der Gläubigen runterbrechen, sieht das Verhältnis also besser aus als in vielen westlichen Ländern.
DOMRADIO.DE: Vor kurzem hat Papst Franziskus auch Ihren Bischof Giorgio Marengo zum Kardinal ernannt. Jetzt kommt der Papstbesuch. Wie fühlen Sie sich damit, dass die Mongolei gerade so im Fokus der katholischen Welt steht?
Baatar: Das ist wirklich erstaunlich und ein Geschenk Gottes. Papst Franziskus hat eines der kleinsten Länder und eine der kleinsten Kirchen ausgewählt, um einen Kardinal zu bekommen. Das ist ein wahrer Segen, jetzt auch im Kontext des Papstbesuchs.
Das Motto für den Besuch von Papst Franziskus ist "Gemeinsam hoffen". Die kleinste Kirche in einem der dünnstbesiedelten Länder der Welt trägt eine große Hoffnung in sich. Manchmal entstehen große Dinge aus kleinen Ursprüngen. Das ist unsere Hoffnung.
DOMRADIO.DE: Wenn es so wenige Priester gibt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Sie den Papst bei seinem Besuch treffen werden. Was wollen Sie ihm sagen?
Baatar: Ich habe ihn schon zwei Mal getroffen, unter anderem vergangenes Jahr in Rom. Er hat mir damals gesagt, ich soll "durchhalten". Das war das einzige Wort, das er mir gesagt hat. Ich spüre einfach eine große Dankbarkeit in mir und möchte den Heiligen Vater in meiner Heimat ganz herzlich willkommen heißen.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.
(domradio - mg)
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