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„Laudate Deum“: Papst verlangt Antwort auf Klimakrise

Mit einem Apostolischen Schreiben führt Franziskus die Anliegen seiner Enzyklika von 2015 weiter in die Jetztzeit: Unsere Antwort auf den Klimawandel fällt zu schwach aus. Der Papst kritisiert die Leugner des Klimawandels: Der menschliche Anteil an der globalen Erwärmung sei unbestreitbar. Die Verpflichtung zur Sorge um das gemeinsame Haus entspringt dem christlichen Glauben.

VATICAN NEWS

„Lobt Gott“ lautet der Titel dieses Briefes: „Denn ein Mensch, der sich anmaßt, sich an die Stelle Gottes zu setzen, wird zur schlimmsten Gefahr für sich selbst“. Mit diesem Gedanken schließt das neue Apostolische Schreiben von Papst Franziskus, das am 4. Oktober, dem Fest des Heiligen von Assisi, veröffentlicht wurde. Ein Text, der in Kontinuität zur umfassenderen Enzyklika Laudato si' von 2015 steht.

In sechs Kapiteln und 73 Paragraphen will der Nachfolger Petri das, was er in dem vorangegangenen Text zur integralen Ökologie ausgeführt hat, präzisieren und vervollständigen – und gleichzeitig zum Handeln angesichts des Klimawandels drängen, bevor es zu spät ist. Das Schreiben richtet sich insbesondere an die COP28, die Ende November und Anfang Dezember in Dubai stattfinden wird. Der Papst schreibt: „Mit der Zeit wird mir klar, dass wir nicht genügend reagieren, während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt und vielleicht vor einem tiefen Einschnitt steht“. Es bestehe „kein Zweifel daran, dass die Auswirkungen des Klimawandels das Leben vieler Menschen und Familien zunehmend beeinträchtigen werden“ (2).

„Die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt“

Franziskus spricht von einer der „größten Herausforderungen für die Gesellschaft und die globale Gemeinschaft“: „Die Auswirkungen des Klimawandels gehen zu Lasten der am meisten gefährdeten Menschen, sei es im eigenen Land oder auf der ganzen Welt“ (3).

Die Anzeichen des Klimawandels werden immer deutlicher

Das erste Kapitel ist der globalen Klimakrise gewidmet. „Wie sehr man auch versuchen mag, sie zu leugnen, zu verstecken, zu verhehlen oder zu relativieren, die Anzeichen des Klimawandels sind da und treten immer deutlicher hervor“ (5), erklärt der Papst. Er stellt fest, „dass wir in den vergangenen Jahren Zeugen von extremen Phänomenen, häufigen Perioden ungewöhnlicher Hitze, Dürre und anderem Wehklagen der Erde geworden sind“, einer „stillen Krankheit, die uns alle betrifft“. Außerdem, so Franziskus, ist es „nachweisbar, dass bestimmte von der Menschheit verursachte Veränderungen des Klimas die Wahrscheinlichkeit immer häufigerer und intensiverer Extremereignisse deutlich erhöhen“. Der Papst erinnert daran, dass bei einer Überschreitung des Temperaturanstiegs um zwei Grad „die Eisschilde Grönlands vollständig schmelzen und ein Großteil der Antarktis - mit enormen und sehr ernsten Folgen für alle“.

„Eine stille Krankheit, die uns alle betrifft“

Dann geht er auf diejenigen ein, die den Klimawandel verharmlosen: Er hält ihnen entgegen, „dass das, was wir jetzt erleben, eine ungewöhnliche Beschleunigung der Erwärmung ist, und zwar mit einer solchen Geschwindigkeit, dass eine einzige Generation – nicht Jahrhunderte oder Jahrtausende – genügt, um dies wahrzunehmen“. „Wahrscheinlich werden in wenigen Jahren viele Menschen aufgrund dieser Ereignisse umsiedeln müssen“ (6). Auch die Kälteextreme seien „lediglich alternative Ausdrucksformen derselben Ursache“ (7).

Die Armen sind nicht schuld

„Es mangelt nicht an Personen“, schreibt Franziskus, „die in einer sehr vereinfachenden Sicht der Wirklichkeit den Armen die Schuld dafür geben, weil sie viele Kinder haben, und die sogar versuchen, das Problem zu lösen, indem sie die Frauen in weniger entwickelten Ländern verstümmeln. Wie immer scheinen die Armen schuld zu sein. Aber die Wirklichkeit ist, dass ein kleiner Prozentsatz der Reichsten auf der Erde die Umwelt mehr verschmutzt als die ärmsten 50% der gesamten Weltbevölkerung und dass die Pro-Kopf-Emissionen der reichsten Länder um ein Vielfaches höher sind als die der ärmsten. Wie können wir vergessen, dass Afrika, wo mehr als die Hälfte der ärmsten Menschen der Welt leben, nur für einen winzigen Bruchteil der in der Geschichte angefallenen Emissionen verantwortlich ist?“ (9).

Luftbild von Verwüstungen am Amazonas
Luftbild von Verwüstungen am Amazonas

„Die Wirklichkeit ist, dass ein kleiner Prozentsatz der Reichsten auf der Erde die Umwelt mehr verschmutzt als die ärmsten 50% der gesamten Weltbevölkerung“

Der Papst stellt auch die Position derjenigen in Frage, die behaupten, dass die Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels durch die Verringerung der Nutzung fossiler Brennstoffe „zu einem Rückgang der Arbeitsplätze führen würden“ (10). Anders herum werde ein Schuh draus: „Tatsache ist, dass Millionen von Menschen aufgrund der verschiedenen Folgen des Klimawandels ihren Arbeitsplatz verlieren: Der Anstieg des Meeresspiegels, Dürreperioden und viele andere Phänomene, die den Planeten heimsuchen, haben etliche Menschen in Bedrängnis gebracht“. So gesehen könne der Übergang zu erneuerbaren Energieformen, wenn er „gut gestaltet“ werde, „unzählige Arbeitsplätze in verschiedenen Sektoren schaffen. Dies erfordert, dass Politiker und Unternehmer sich umgehend mit diesem Thema befassen“.

Unbestreitbarer menschlicher Ursprung

„Der menschliche – anthropogene – Ursprung des Klimawandels kann nicht mehr bezweifelt werden“, so Franziskus. „Die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre … blieb bis zum 19. Jahrhundert stabil... In den vergangenen fünfzig Jahren hat sich der Anstieg deutlich beschleunigt“ (11). Gleichzeitig sei die Temperatur „in den vergangenen fünfzig Jahren in noch nie dagewesener Geschwindigkeit gestiegen, so schnell wie nie zuvor in den letzten zweitausend Jahren. In diesem Zeitraum war der Trend eine Erwärmung von 0,15 Grad Celsius pro Jahrzehnt, in den letzten 150 Jahren hat sich dieser Wert verdoppelt. … Bei diesem Tempo kann es sein, dass wir in nur zehn Jahren die erstrebenswerte globale Obergrenze von 1,5 Grad Celsius erreichen“ (12).

Dies führt zur Versauerung der Meere und zum Abschmelzen des Eises. Die Koinzidenz zwischen diesen Phänomenen und dem Anstieg der Treibhausgasemissionen „lässt sich nicht verbergen. Eine überwältigende Mehrheit der Klimawissenschaftler vertritt diese Korrelation und nur ein winziger Prozentsatz von ihnen versucht, diese Evidenz zu bestreiten“. Leider, so stellt der Papst bitter fest, „ist die Klimakrise nicht gerade eine Angelegenheit, die die großen Wirtschaftsmächte interessiert, die sich um den höchstmöglichen Profit zu den geringstmöglichen Kosten und in der kürzestmöglichen Zeit bemühen“ (13).

Wir kommen gerade noch rechtzeitig, um größere Schäden zu vermeiden

„Ich sehe mich gezwungen“, fährt Franziskus fort, „diese Klarstellungen, die offenkundig erscheinen mögen, aufgrund bestimmter abschätziger und wenig vernünftiger Meinungen vorzunehmen, die ich selbst innerhalb der katholischen Kirche vorfinde. Aber wir können nicht mehr daran zweifeln, dass der Grund für die ungewöhnliche Geschwindigkeit dieser gefährlichen Veränderungen eine unbestreitbare Tatsache ist: die gewaltigen Entwicklungen, die mit dem ungezügelten Eingriff des Menschen in die Natur in den letzten zwei Jahrhunderten zusammenhängen“ (14).

„Es wird von uns nichts weiter verlangt als eine gewisse Verantwortung für das Erbe, das wir am Ende unseres Erdendaseins hinterlassen werden“

Leider seien einige Erscheinungsformen dieser Klimakrise bereits für mindestens Hunderte von Jahren unumkehrbar, während „das Abschmelzen der Pole für Hunderte von Jahren nicht rückgängig gemacht werden kann“ (16). Doch wir kommen, so urteilt Franziskus, gerade noch rechtzeitig, um weit dramatischere Schäden zu vermeiden. Der Papst schreibt, dass „bestimmte apokalyptische Diagnosen oft wenig vernünftig oder unzureichend begründet erscheinen“; allerdings lasse sich „nicht mit Gewissheit sagen“, was geschehen werde (17). Eine „erweiterte Sicht der Dinge“ sei daher dringend erforderlich. „Es wird von uns nichts weiter verlangt als eine gewisse Verantwortung für das Erbe, das wir am Ende unseres Erdendaseins hinterlassen werden“ (18). Unter Hinweis auf die Erfahrung der Covid-19-Pandemie wiederholt Franziskus: „Alles ist miteinander verbunden, und niemand rettet sich allein“ (19).

Das technokratische Paradigma: die Vorstellung eines Menschen ohne Grenzen

Im zweiten Kapitel spricht Franziskus vom technokratischen Paradigma, das so tue, „als gingen die Wirklichkeit, das Gute und die Wahrheit spontan aus der technologischen und wirtschaftlichen Macht selbst hervor“ (20) und sich „in ungeheurer Weise von sich selbst nähren“ (21), basierend auf der Vorstellung eines Menschen ohne Grenzen. „Nie hatte die Menschheit so viel Macht über sich selbst, und nichts kann garantieren, dass sie diese gut gebrauchen wird, vor allem wenn man bedenkt, in welcher Weise sie sich gerade jetzt ihrer bedient ... Es ist überaus gefährlich, dass sie bei einem kleinen Teil der Menschheit liegt“ (23). Leider sei, wie die Atombombe lehre, „das enorme technologische Wachstum nicht mit einer Entwicklung des Menschen in Verantwortlichkeit, Werten und Gewissen einhergegangen“ (24).

„Der Mensch muss als Teil der Natur betrachtet werden“

Der Papst bekräftigt, „dass die Welt um uns herum kein Objekt der Ausbeutung, der ungezügelten Nutzung und unbegrenzter Ambitionen ist“ (25). Er erinnert eindringlich daran, dass wir Teil der Natur sind: „Dies schließt die Vorstellung aus, dass der Mensch ein Außenstehender ist, ein externer Faktor, der nur in der Lage ist, die Umwelt zu schädigen. Er muss als Teil der Natur betrachtet werden“ (26).

Franziskus 2019 bei einem Besuch in Peru
Franziskus 2019 bei einem Besuch in Peru

Ethische Dekadenz der Macht: Marketing und falsche Informationen

„Wir haben beeindruckende und erstaunliche technologische Fortschritte gemacht, und wir sind uns nicht bewusst, dass wir gleichzeitig zu höchst gefährlichen Wesen geworden sind, die das Leben vieler Geschöpfe und unser eigenes Überleben gefährden können“ (28). „Der ethische Verfall der tatsächlichen Macht wird durch Marketing und falsche Informationen verschleiert, die nützliche Mechanismen in den Händen derer sind, die über größere Mittel verfügen, um durch diese die öffentliche Meinung zu beeinflussen“ (29). Dank dieser Mechanismen würden die Bewohner von Gebieten, in denen umweltverschmutzende Projekte durchgeführt werden sollen, über den Tisch gezogen, indem man ihnen vorgaukle, dass wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Möglichkeiten geschaffen würden; verschwiegen werde dabei, „dass ein solches Projekt verwüstetes Land hinterlässt“ und viel schlechtere Lebensbedingungen als zuvor.

„Es gibt eine Herrschaft derer, die unter besseren Entwicklungsbedingungen geboren wurden“

„Die Logik des maximalen Profits zu den niedrigsten Kosten, verschleiert als Rationalität, als Fortschritt und durch illusorische Versprechen, macht jede aufrichtige Sorge um das gemeinsame Haus und jede Sorge um die Förderung der Ausgestoßenen der Gesellschaft unmöglich. In den letzten Jahren konnten wir sehen, dass die Armen, die von den Versprechungen so vieler falscher Propheten verwirrt und entzückt sind, manchmal selbst auf die Täuschung einer Welt hereinfallen, die nicht zu ihren Gunsten aufgebaut wird“ (31). Es gibt eine „Herrschaft derer, die unter besseren Entwicklungsbedingungen geboren wurden“ (32). Franziskus fordert sie auf, sich „angesichts der Kinder, die für den Schaden ihres Handelns bezahlen werden“, vor ihrem eigenen Gewissen fragen, worin denn eigentlich der Sinn ihres Lebens bestehe (33).

Schwache internationale Politik

Im nächsten Kapitel seines Schreibens spricht der Papst das Thema der Schwäche der internationalen Politik an und betont die Notwendigkeit, „multilaterale Abkommen zwischen den Staaten“ zu fördern (34). Er erklärt, dass man, „wenn von der Möglichkeit einer Form von politischer Weltautorität die Rede ist, die sich dem Recht unterordnet, dabei nicht notwendigerweise an eine personale Autorität denken“ müsse (35), sondern an „wirksameren Weltorganisationen, die mit der Autorität ausgestattet sind, das weltweite Gemeinwohl, die Beseitigung von Hunger und Elend sowie die wirksame Verteidigung der Menschenrechte zu gewährleisten“. Diese müssten „mit echter Autorität ausgestattet sein, um die Erfüllung bestimmter unverzichtbarer Ziele zu „gewährleisten“.

„Man lässt globale Krisen verstreichen, wo sie doch die Chance bieten würden, heilsame Veränderungen herbeizuführen“

Franziskus beklagt, „dass man globale Krisen verstreichen lässt, wo sie doch die Chance bieten würden, heilsame Veränderungen herbeizuführen. So war es bei der Finanzkrise 2007-2008 und so war es auch bei der Covid-19-Krise. In der Tat scheint es, dass die tatsächlichen Strategien, die sich im Anschluss daran weltweit entwickelt haben, auf mehr Individualismus und weniger Integration zielten, auf mehr Freiheit für die wahren Mächtigen, die immer ein Hintertürchen finden“ (36). „Anstatt den alten Multilateralismus zu retten“, scheine die Herausforderung heute eher darin zu bestehen, „ihn zu rekonfigurieren und unter Berücksichtigung der neuen Weltlage neuzugestalten“ (37), wobei der Papst anerkennt, dass viele Zusammenschlüsse und Organisationen der Zivilgesellschaft dazu beitragen, die Schwächen der internationalen Gemeinschaft zu kompensieren. Der Papst verweist beispielhaft auf den Ottawa-Prozess zu Landminen, der zeige, wie die Zivilgesellschaft eine effiziente Dynamik erzeuge, welche die UNO nicht erreiche.

Institutionen, die den Stärksten schützen, sind nutzlos

Franziskus schlägt „einen Multilateralismus ‚von unten‘ vor, der nicht einfach von den Machteliten beschlossen wurde... Es ist zu hoffen, dass dies im Hinblick auf die Klimakrise geschieht… Wenn die Bürger die nationale, regionale und kommunale politische Macht nicht kontrollieren, ist auch keine Kontrolle der Umweltschäden möglich“ (38). Nachdem er den Vorrang der menschlichen Person und die Verteidigung ihrer Würde unter allen Umständen bekräftigt hat, erklärt Franziskus, dass „es nicht darum geht, die Politik zu ersetzen, denn auf der anderen Seite gewinnen die aufstrebenden Mächte zunehmend an Bedeutung“ (40). „Gerade der Umstand, dass die Antworten auf die Probleme von jedem Land kommen können, mag es auch klein sein, führt dazu, den Multilateralismus als unausweichlichen Weg anzuerkennen“. Es sei daher „ein anderer Rahmen für eine effektive Zusammenarbeit erforderlich. Es reicht nicht, über Machtgleichgewichte nachzudenken, sondern es ist auch notwendig, auf neue Herausforderungen zu antworten und mit globalen Mechanismen … zu reagieren“. Gefragt seien „universale und effiziente Regeln“ (42).

„Für eine Art größere ‚Demokratisierung‘ auf Weltebene“

„All dies setzt voraus, dass ein neues Verfahren der Entscheidungsfindung und der Legitimierung dieser Beschlüsse umgesetzt wird, weil das vor mehreren Jahrzehnten eingerichtete Verfahren nicht ausreicht und nicht effektiv zu sein scheint“ (43). Nötig sei letztlich „eine Art größere ‚Demokratisierung‘ auf Weltebene, damit die verschiedenen Situationen wahrgenommen und einbezogen werden können. Es wird nicht mehr hilfreich sein, Institutionen aufrechtzuerhalten, die die Rechte der Stärksten wahren, ohne sich um die Rechte aller zu kümmern“.

Klimakonferenzen

Im folgenden Kapitel beschreibt Franziskus die verschiedenen Klimakonferenzen, die bisher stattgefunden haben. Er erinnert an die in Paris, deren Abkommen im November 2016 in Kraft getreten ist. „Es handelt sich zwar um ein verbindliches Abkommen, aber nicht alle Bestimmungen sind Verpflichtungen im strengen Sinne, und einige von ihnen lassen einen großen Ermessensspielraum zu“ (47); es gebe keine Sanktionen für die Nichteinhaltung und auch keine wirksamen Instrumente, um die Einhaltung durchzusetzen. Außerdem werde immer noch daran gearbeitet, „konkrete Überwachungsverfahren festzulegen und allgemeine Vergleichskriterien für die Ziele der verschiedenen Länder aufzustellen“ (48).

Der Papst erwähnt die aus seiner Sicht eher enttäuschende COP in Madrid und erinnert daran, dass die COP in Glasgow die Ziele von Paris mit vielen „Aufrufen“ wiederbelebt habe. Aber: „Die Vorschläge zur Gewährleistung eines raschen und effektiven Übergangs zu alternativen, weniger umweltschädlichen Energieformen konnten nicht weiterentwickelt werden“ (49).

„Diejenigen, welche unter den Folgen leiden werden, die wir zu überspielen suchen, werden an diesen Mangel an Gewissen und an Verantwortlichkeit erinnern“

Die COP27 in Ägypten im Jahr 2022 „war ein weiteres Beispiel für die Schwierigkeiten der Verhandlungen“, und obwohl sie „zumindest einen Fortschritt bei der Konsolidierung des Systems zur Finanzierung von ‚Verlusten und Schäden‘ in den am stärksten von Klimakatastrophen betroffenen Ländern“ (51) gebracht habe, seien auch hier viele Punkte „vage“ geblieben.

Internationale Verhandlungen könnten „keine namhaften Fortschritte machen aufgrund der Positionen der Länder, die es vorziehen, ihre nationalen Interessen über das globale Gemeinwohl zu setzen. Diejenigen, welche unter den Folgen leiden werden, die wir zu überspielen suchen, werden an diesen Mangel an Gewissen und an Verantwortlichkeit erinnern“ (52).

Was lässt sich von der COP in Dubai erwarten?

Mit Blick auf die COP28 schreibt Franziskus: „Zu sagen, dass man sich nichts zu erwarten braucht, gliche einer Selbstverstümmelung, denn es würde bedeuten, die gesamte Menschheit, insbesondere die Ärmsten, den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels auszusetzen“ (53). Man könne nur „hoffen, dass die COP28 zu einer deutlichen Beschleunigung der Energiewende mit wirksamen Verpflichtungen führt, die einer dauerhaften Überwachung unterliegen. Diese Konferenz kann ein Wendepunkt sein“ (54).

Der Papst stellt fest, dass „der notwendige Übergang weg von fossilen Brennstoffen und hin zu sauberen Energiequellen wie Wind- und Solarenergie nicht schnell genug vorangeht. Folglich besteht die Gefahr, dass das, was getan wird, nur als Ablenkungsmanöver interpretiert wird“ (55). Man dürfe nicht nur nach einer technischen Lösung für die Probleme suchen, sonst laufe man „Gefahr, in einer Logik des Ausbesserns, des Flickens und des Anbindens gefangen zu bleiben, während im Untergrund ein Prozess der Verschlechterung voranschreitet, den wir weiter fördern“ (57).

Hört auf, das Umweltthema lächerlich zu machen

Es folgt ein Aufruf des Papstes zum Ernst: „Hören wir endlich auf mit dem unverantwortlichen Spott, der dieses Thema als etwas bloß Ökologisches, „Grünes“, Romantisches darstellt, das oft von wirtschaftlichen Interessen ins Lächerliche gezogen wird. Geben wir endlich zu, dass es sich um ein in vielerlei Hinsicht menschliches und soziales Problem handelt. Deshalb bedarf es einer Beteiligung von allen“ (58). In Bezug auf die manchmal radikal verlaufenden Proteste von Gruppen stellt der Papst fest, dass sie „eine Lücke in der Gesellschaft als Ganzer füllen, die einen gesunden ‚Druck‘ ausüben müsste, denn es liegt an jeder Familie, zu bedenken, dass die Zukunft ihrer Kinder auf dem Spiel steht“.

„Warum möchte man heute eine Macht bewahren, die in die Erinnerung eingehen wird wegen ihrer Unfähigkeit einzugreifen, als es dringend und notwendig war?“

Der Papst hofft, dass aus der COP28 „verbindliche Formen der Energiewende“ hervorgehen werden, die effizient, verpflichtend und leicht zu überwachen seien (59). „Hoffen wir, dass diejenigen, die sich einbringen, strategisch fähig sind, an das Gemeinwohl und an die Zukunft ihrer Kinder zu denken statt an umstandsbedingte Interessen einiger Länder oder Unternehmen. Mögen sie auf diese Weise den edlen Charakter der Politik sichtbar machen und nicht deren beschämende Züge. An die Mächtigen erlaube ich mir erneut diese Frage zu richten: ‚Warum möchte man heute eine Macht bewahren, die in die Erinnerung eingehen wird wegen ihrer Unfähigkeit einzugreifen, als es dringend und notwendig war?‘“ (60).

Ein Engagement, das aus dem christlichen Glauben erwächst

Schließlich erinnert der Papst daran, dass die Beweggründe für dieses Engagement dem christlichen Glauben entspringen, und ermutigt „die Brüder und Schwestern anderer Religionen, dasselbe zu tun“ (61). „Die jüdisch-christliche Weltanschauung besteht auf dem besonderen und zentralen Wert des Menschen inmitten des wunderbaren Konzerts aller Lebewesen“ (67). „Sämtliche Geschöpfe des Universums sind, da sie von ein und demselben Vater erschaffen wurden, durch unsichtbare Bande verbunden, und wir alle bilden miteinander eine Art universale Familie, eine sublime Gemeinschaft, die uns zu einem heiligen, liebevollen und demütigen Respekt bewegt“. „Dies ist kein Produkt unseres Willens, sondern hat einen anderen Ursprung, der an der Wurzel unseres Daseins liegt, denn durch unsere Leiblichkeit hat Gott uns eng mit der Welt, die uns umgibt, verbunden“ (68).

„Keine dauerhaften Veränderungen ohne kulturellen Wandel, ohne eine Reifung im Lebensstil“

Es sei wichtig, schreibt Franziskus, sich daran zu erinnern, „dass es keine dauerhaften Veränderungen ohne kulturellen Wandel gibt, ohne eine Reifung im Lebensstil und der gesellschaftlichen Überzeugungen, und es gibt keinen kulturellen Wandel ohne einen Wandel in den Menschen“ (70). „Das Bemühen der Haushalte um weniger Verschmutzung, um eine Reduzierung des Abfalls und um einen umsichtigen Konsum schafft eine neue Kultur… Es ist also festzustellen, dass es durchaus hilft, große Transformationsprozesse in Gang zu setzen, die aus der Tiefe der Gesellschaft heraus wirken“ (71).

Der Papst schließt sein Mahnschreiben mit dem Hinweis, „dass die Emissionen pro Person in den Vereinigten Staaten ungefähr doppelt so hoch sind wie die eines Einwohners von China und circa siebenmal so hoch wie der Durchschnitt der ärmeren Länder“ (72). Und er bekräftigt, „dass eine umfassende Veränderung des unverantwortlichen Lebensstils, der mit dem westlichen Modell verbunden ist, eine bedeutende langfristige Wirkung hätte. Zusammen mit den unentbehrlichen politischen Entscheidungen wären wir so auf dem Weg der gegenseitigen Fürsorge“ (72)

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04. Oktober 2023, 12:00