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Papst Franziskus unterzeichnet ein Dokument Papst Franziskus unterzeichnet ein Dokument 

Papst: Auf den Schrei der Armen hören, um Probleme der Menschheit zu lösen

Es ist die Pflicht eines Papstes, die Armen in den Mittelpunkt zu stellen, wobei es „nicht um Politik, nicht um Soziologie, nicht um Ideologie, sondern schlicht und einfach um die Forderung des Evangeliums“ geht: Das schreibt Papst Franziskus an die Teilnehmer einer Konferenz, die aus Anlass des zehnten Jahrestages seines Schreibens Evangelii Gaudium auf Einladung des Dikasteriums für ganzheitliche Entwicklung zu einer Konferenz in Rom zusammengekommen sind.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Auch einen Post auf X setzte das Kirchenoberhaupt zu dem Jubiläum des Apostolischen Schreibens, das das Datum 24. November 2013 trägt, ab: „Die Freude aus dem Evangelium kann nichts und niemand uns je nehmen. Die Übel unserer Welt und die der Kirche dürften niemals Entschuldigungen sein, um unseren Einsatz und unseren Eifer zu verringern. Betrachten wir sie als Herausforderungen, um zu wachsen. #EvangeliiGaudium“, so der Papst von seinem Account @pontifex_de.

In seiner mehrseitigen Botschaft an die Konferenzteilnehmer, die sich in diesen Tagen mit Evangelii Gaudium auseinandersetzen, wird er noch deutlicher: auch in der heutigen Zeit sähen sich die Christen bei der Verkündigung des Evangeliums zahlreichen Widerständen ausgesetzt, vielleicht nicht so offen und direkt gefährlich wie in frühchristlicher Zeit, doch der menschliche Hang zum Egoismus und zur Bequemlichkeit seien immer präsent:

„Die Verkündigung des Evangeliums in der heutigen Welt erfordert von uns weiterhin einen prophetischen, gegenkulturellen Widerstand, (...) Widerstand gegen ein System, das tötet, ausgrenzt, die Menschenwürde zerstört; Widerstand gegen eine Mentalität, die isoliert, entfremdet, das innere Leben für die eigenen Interessen verschließt, uns vom Nächsten, von Gott entfernt“, so Franziskus. Dabei komme der Aufmerksamkeit für die Armen eine Schlüsselrolle zu, zeigt er sich angesichts der Tatsache, dass der „ganze Weg unserer Erlösung (…) von Armen geprägt“ sei, überzeugt:

„Die Botschaft ist so klar, so direkt, so einfach und aussagekräftig, dass keine kirchliche Hermeneutik das Recht hat, sie zu relativieren, denn es geht um unser Seelenheil“

„Die Botschaft ist so klar, so direkt, so einfach und aussagekräftig, dass keine kirchliche Hermeneutik das Recht hat, sie zu relativieren, denn es geht um unser Seelenheil. Deshalb kann der Papst nicht umhin, die Armen in den Mittelpunkt zu stellen. Es geht nicht um Politik, nicht um Soziologie, nicht um Ideologie, sondern schlicht und einfach um die Forderung des Evangeliums“, so der Papst, der mit seinem Apostolischen Schreiben, in dem er eine Abkehr von einer Wirtschaft, die „tötet“, forderte, auch deutlichen Widerstand eingefahren hatte. Dies sei jedoch ein „nicht verhandelbares Prinzip“, das für alle Geltung haben müsste, wiederholte Franziskus. Er habe in Evangelii Gaudium zwar nicht den Anspruch erhoben, eine allgemeingültige Interpretation der sozialen Wirklichkeit zu liefern, doch er sei überzeugt davon, dass die radikale Lösung der Probleme der Arme die Voraussetzung dafür sei, auch alle anderen sozialen Übel zu beheben.

Probleme der Armen lösen

Dazu sei ein Mentalitätswandel nötig, mit dem besser gestellte Menschen anerkennten, dass Solidarität nur Ausdruck dessen sei, den Armen das zurückzugeben, was ihnen „rechtmäßig gehört“. „Diese Überzeugungen und Gewohnheiten der Solidarität, wenn sie Fleisch werden, öffnen den Weg für andere strukturelle Veränderungen und machen sie möglich. Ein Strukturwandel ohne neue Überzeugungen und Haltungen wird früher oder später dazu führen, dass dieselben Strukturen korrupt, schwerfällig und unwirksam werden“, so der Papst, der in diesem Zusammenhang auf den „Schrei ganzer Völker, der ärmsten Völker der Erde“ hinwies, der gehört werden müsste.

Im Zug dieses Mentalitätswandels sei es allerdings auch nötig, „auf die absolute Autonomie der Märkte und der Finanzspekulation“ zu verzichten und „die strukturellen Ursachen der Ungleichheit“ zu bekämpfen, so der Papst, der wiederholt gefordert hat, dass die Wirtschaftspolitik den Einzelnen in den Mittelpunkt zu stellen habe. Doch Ethik, weltweite Solidarität oder Güterverteilung seien dem System offenbar mittlerweile „lästig“ geworden, ebenso wie der Hinweis darauf, Arbeitsplätze zu erhalten statt ungehemmt zu rationalisieren. Die Berufung eines Unternehmers sei jedoch eine „edle“, wenn er seine Aktivitäten der Gütervermehrung mit Blick auf das Gemeinwohl vornehme, so Franziskus.

Güter vermehren, aber Gemeingut im Blick haben

„Wir können uns nicht länger auf blinde Kräfte und die unsichtbare Hand des Marktes verlassen“, fordert der Papst erneut, der unterstreicht, dass es ihm nicht auf „unverantwortlichen Populismus“ ankomme, sondern darum, dass die Wirtschaft nicht länger zu Mitteln greife, die ein „neues Gift“ sind, indem dem Wachstum zuliebe neue Ausgegrenzte in Kauf genommen würden:

„Wenn es uns nicht gelingt, diesen Mentalitäts- und Strukturwandel herbeizuführen, sind wir dazu verurteilt, dass sich die Klima-, Gesundheits- und Migrationskrisen und vor allem Gewalt und Kriege verschärfen und die ganze Menschheitsfamilie gefährden, Arme und Nicht-Arme, Integrierte und Ausgeschlossene, denn ,wir sitzen alle im selben Boot und sind aufgerufen, gemeinsam zu rudern‘“, zitiert Franziskus einen gern genutzten Gedanken.

Armut erzeugt Gewalt

Die Behebung von Ausgrenzung und Ungleichheit sei jedoch der einzige Weg, auch mehr Sicherheit und weniger Gewalt zu schaffen, denn „ohne Chancengleichheit werden die verschiedenen Formen von Aggression und Krieg einen Nährboden finden, der früher oder später explodieren wird“, betont der Papst. Zwar fördere die aktuelle Wirtschaft eine „Verschärfung des Konsums“, doch zeige sich, dass „ungezügelter Konsum in Verbindung mit Ungleichheit dem sozialen Gefüge doppelt schadet“, gibt Franziskus zu bedenken: „So führt die Ungleichheit früher oder später zu Gewalt, die durch Wettrüsten nicht gelöst werden kann und auch nicht wird“. Dies diene nur dazu, „diejenigen zu täuschen, die mehr Sicherheit fordern, als ob wir heute nicht wüssten, dass Waffen und gewaltsame Unterdrückung, anstatt Lösungen zu bieten, neue und schlimmere Konflikte schaffen“, so der Papst mit Blick auf die traurige Aktualität.

Ebenso komme es zu „unzulässigen Verallgemeinerungen“, wenn Arme für ihre eigene Situation verantwortlich gemacht und die Lösung in „Erziehungsmaßnahmen“ zu deren Ruhigstellung gesucht würden, während in vielen Ländern doch das „soziale Krebsgeschwür der tief sitzenden Korruption“ grassiere, „unabhängig von der politischen Ideologie der Machthaber“. Doch auch die Klima-, Gesundheits- und Migrationskrisen hätten ihre Wurzeln in der „Ungerechtigkeit dieser Wirtschaft“ und „in der egoistischen Mentalität, die sie aufrechterhält“, so der Papst mit Blick auf seine Ausführungen in seiner Enzyklika „Laudato Sí“: „Diejenigen, die glauben, sie könnten sich allein retten, in dieser oder in der nächsten Welt, irren sich“. Einer Lösung der „schwerwiegenden Probleme der Menschheit“ könnten wir nur dann näher kommen, wenn wir „auf den oft verstummten Schrei der Erde und der Armen hören“, schließt der Papst mit einem Dank an die Konferenzteilnehmer seine Botschaft, die im Original auf Spanisch verfasst ist.

(vatican news)

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24. November 2023, 13:34