Papst erteilt feierlichen Weihnachts-Segen - Ruf nach Frieden
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
In einer Ansprache rief das Kirchenoberhaupt dazu auf, „Nein zum Krieg zu sagen, zu jedem Krieg, zur Logik des Krieges selbst“. Franziskus verurteilte das Hamas-Massaker in Israel vom 7. Oktober und forderte eine Freilassung der israelischen Geiseln im Gaza-Streifen; zugleich trat er für ein Ende der israelischen Militäroperationen dort ein und mahnte, langfristig müsse der Nahostkonflikt durch Dialog gelöst werden.
Scharfe Sicherheitsmaßnahmen
Passend zur Weltlage war der Himmel über Rom trübe-bedeckt; Polizisten spähten an Kontrollposten rund um den Petersplatz in die Rucksäcke und Handtaschen der Pilger. Zehntausende von Menschen hatten sich auf der Piazza eingefunden. Musikcorps der päpstlichen Schweizergarde und der italienischen Gendarmerie intonierten Hymnen, Millionen von Menschen weltweit verfolgten das Geschehen live über Radio, Fernsehen und Internet.
„Die Augen und Herzen der Christen in aller Welt sind auf Betlehem gerichtet“, sagte der Papst in seiner Rede vor dem Segen. „Dort, wo in diesen Tagen Schmerz und Stille herrschen, ist die seit Jahrhunderten erwartete Botschaft erklungen: ‚Heute ist euch der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr‘ (Lk 2,11). … Dies ist die Nachricht, die den Lauf der Geschichte verändert!“
Die Jesuskinder von heute
Franziskus ermutigte zur Freude über die Geburt Christi; Gott strecke seine Hand nach uns aus. Es sei, genaugenommen, die Hand eines Kleinkinds – der „Fürst des Friedens“ sei ein Baby. Doch der Kindermord von Betlehem, den Herodes damals ins Werk gesetzt habe, erinnere daran, wie prekär auch heute die Lage vieler Kinder sei. „Wie viele Massaker an Unschuldigen es in der Welt gibt: im Mutterleib; auf den Routen der Verzweifelten, die auf der Suche nach Hoffnung sind; im Leben so vieler Kinder, deren Kindheit vom Krieg zerstört wird. Sie sind die Jesuskinder von heute.“
Damit war ein ernster Ton gesetzt. „Zum Fürst des Friedens Ja zu sagen, bedeutet also, Nein zum Krieg zu sagen, zu jedem Krieg, zur Logik des Krieges selbst, der eine Reise ohne Ziel, eine Niederlage ohne Sieger und ein Wahnsinn ist, für den es keine Entschuldigung gibt. Um aber Nein zum Krieg zu sagen, muss man Nein zu den Waffen sagen. Denn wenn der Mensch, dessen Herz unstet und verwundet ist, Werkzeuge des Todes in Händen hält, wird er sie früher oder später einsetzen. Und wie kann man von Frieden sprechen, wenn Produktion, Verkauf und Handel von Waffen zunehmen?“ Franziskus tritt immer wieder für Abrüstung ein und bezeichnet schon den Besitz von Atomwaffen als „unmoralisch“.
Eindringlich rief der Papst in seiner Urbi-et-Orbi-Botschaft dazu auf, sich für Frieden einzusetzen. „Er komme bald in Israel und Palästina, wo der Krieg das Leben dieser Völker erschüttert. Ich umarme sie alle, insbesondere die christlichen Gemeinschaften in Gaza und im gesamten Heiligen Land. Ich trauere im Herzen um die Opfer des verabscheuungswürdigen Angriffs vom 7. Oktober und erneuere meinen dringenden Appell für die Freilassung derjenigen, die noch immer als Geiseln festgehalten werden. Ich flehe darum, dass die Militäroperationen mit ihren entsetzlichen Folgen unschuldiger ziviler Opfer eingestellt werden und dass man etwas gegen die verzweifelte humanitäre Situation unternimmt, indem man das Eintreffen der Hilfslieferungen ermöglicht.“
Franziskus richtete den Scheinwerfer aber über das aktuelle Gaza-Drama hinaus auf die Zukunft der Menschen und Völker im Nahen Osten. „Man schüre nicht weiter Gewalt und Hass, sondern führe die palästinensische Frage zu einer Lösung, und zwar durch einen aufrichtigen und beharrlichen Dialog zwischen den Parteien, der von einem starken politischen Willen getragen wird und von der Unterstützung der internationalen Gemeinschaft.“ Der Vatikan wirbt für eine Zwei-Staaten-Lösung Israel/Palästina und für einen international garantierten, freien Zugang zu den Heiligen Stätten.
Sorge über Kriege in Nahost, Afrika, Ukraine
Der Papst betete auch für die Menschen, die in Syrien, im Jemen sowie in mehreren Ländern Afrikas unter Krieg leiden, und erklärte, er hoffe für den Libanon auf die Rückkehr „zu politischer und sozialer Stabilität“. Mit Blick auf Berg-Karabach sprach er sich für „einen endgültigen Frieden zwischen Armenien und Aserbaidschan“ aus – und für eine Rückkehr der armenischen Flüchtlinge in die Enklave.
„Mit fest auf das Jesuskind gerichtetem Blick flehe ich um Frieden für die Ukraine. Wir bekunden erneut unsere geistliche und menschliche Nähe zu ihrem gepeinigten Volk, damit es durch die Unterstützung eines jeden von uns die Konkretheit der Liebe Gottes spüre.“
Mit Blick auf Asien sprach der Papst von seinem Wunsch nach einem „dauerhaften Frieden“ zwischen den beiden Teilen Koreas; für seinen Heimatkontinent Lateinamerika betete er für eine Überwindung von Armut, Ungleichheiten und Konflikten.
„Von der Krippe aus bittet uns das Kind, die Stimme derer zu sein, die keine Stimme haben: die Stimme der Unschuldigen, die aus Mangel an Wasser und Brot gestorben sind; die Stimme jener, die keine Arbeit finden oder sie verloren haben; die Stimme derer, die gezwungen sind, auf der Suche nach einer besseren Zukunft aus ihrer Heimat zu fliehen und dabei ihr Leben auf zermürbenden Reisen riskieren und skrupellosen Menschenhändlern ausgeliefert sind.“
Doch die ernste Papst-Botschaft endete mit einer versöhnlicheren Note: In einem Jahr beginne ja mit dem Heiligen Jahr „die Zeit der Gnade und der Hoffnung“, die Zeit der Vorbereitung darauf „sei uns ein Anlass, unsere Herzen zu bekehren, Nein zum Krieg und Ja zum Frieden zu sagen“.
Erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt
Der „Urbi et Orbi“ ist die feierlichste Form des Segens, die einem Papst zu Gebote steht. Er erteilt ihn unmittelbar nach seiner Wahl sowie an Weihnachten und Ostern. Schon seit dem 13. Jahrhundert gibt es Berichte über solche Papst-Segen, die unter den entsprechenden Bedingungen mit einem sogenannten „vollkommenen Ablass“ verbunden sind. Die lateinische Segensformel ruft namentlich die römischen Stadtpatrone Petrus und Paulus um ihre Fürsprache an.
(vatican news)
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