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Nahost: Papst fordert „Waffenstillstand an allen Fronten“

Papst Franziskus ist alarmiert über die weltweiten „Konflikte und Spaltungen“. Das sagte er in einer großen Polit-Rede vor Diplomaten aus aller Welt am Montag im Vatikan.

Es sei wichtig, sich für Frieden zu engagieren „in einem Moment der Geschichte, in dem er zunehmend bedroht, geschwächt und zum Teil verloren ist“, so Franziskus. Der „Dritte Weltkrieg in Stücken“ verwandle sich immer mehr „in einen echten globalen Konflikt“. Es ist üblich, dass der Papst alljährlich kurz nach dem 1. Januar die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Diplomaten empfängt und ihnen in einer Ansprache den Blick des Heiligen Stuhls auf die internationale Lage skizziert.

„Schockiert über Massaker in Israel“

Besonders besorgt zeigte sich Franziskus über die Lage in Nahost. „Wir alle waren schockiert über den Terroranschlag gegen die Bevölkerung in Israel am 7. Oktober, bei dem so viele unschuldige Menschen auf grausame Art und Weise verletzt, misshandelt und getötet und viele als Geiseln genommen wurden. Ich wiederhole meine Verurteilung dieser Aktion und aller Formen des Terrorismus und Extremismus: Dadurch werden die Probleme zwischen den Völkern nicht gelöst, sondern vielmehr verschärft, was überall Leid verursacht.“

Hier im Audio: Papst Franziskus` Diplomatenrede - „Waffenstillstand an allen Fronten“ - Audio Beitrag von Radio Vatikan

Das Massaker habe, so fuhr der Papst fort, „eine starke militärische Reaktion Israels im Gazastreifen hervorgerufen“. Diese habe „zum Tod von Zehntausenden von Palästinenserinnen und Palästinensern“ geführt, darunter vielen jungen Menschen. Außerdem habe sie „eine äußerst ernste humanitäre Situation mit unvorstellbarem Leid verursacht“.

„Der palästinensischen Bevölkerung humanitäre Hilfe zukommen lassen“

„Ich wiederhole meinen Appell an alle beteiligten Parteien für einen Waffenstillstand an allen Fronten, auch im Libanon, und für die sofortige Freilassung aller Geiseln in Gaza. Ich rufe dazu auf, der palästinensischen Bevölkerung humanitäre Hilfe zukommen zu lassen und Krankenhäusern, Schulen und religiösen Stätten jeden notwendigen Schutz zu gewähren.“

Der Papst machte deutlich, dass er im Nahost-Konflikt weiter auf eine Zwei-Staaten-Lösung und einen „international garantierten Sonderstatus für die Stadt Jerusalem“ setzt. Er rief auch dazu auf, „das syrische Volk nicht zu vergessen“, vor allem die syrischen Flüchtlinge in Nachbarländern wie Jordanien und Libanon. Der Libanon brauche „bald einen Präsidenten“, um aus dem „institutionellen Stillstand“ herauszufinden. Mit Blick auf Myanmar bat Franziskus die Weltgemeinschaft, „dass alle Anstrengungen unternommen werden, um diesem Gebiet Hoffnung zu geben“; er erwähnte ausdrücklich die „humanitäre Notlage der Rohingya“.

Für ein Ende des Ukraine-Kriegs

Ausführlich beschäftigte sich der Papst mit Europa – allem voran der Lage in der Ukraine. „Leider hat nach fast zwei Jahren des groß angelegten Krieges der Russischen Föderation gegen die Ukraine der ersehnte Frieden immer noch nicht den Weg in die Köpfe und Herzen gefunden, trotz der zahlreichen Opfer und der enormen Zerstörung. Einen Konflikt, der sich zum Nachteil von Millionen von Menschen immer mehr verfestigt, kann man nicht weiter andauern lassen, sondern man muss dieser Tragödie unter Beachtung des Völkerrechts auf dem Verhandlungsweg ein Ende setzen.“

Armenien und Aserbaidschan forderte der Papst zur Unterzeichnung eines Friedensvertrags auf; die Vertriebenen müssten „auf legale und sichere Weise“ in ihre Heimat zurückkehren können. Mit Blick auf Afrika äußerte er Sorge über die „vielfältigen humanitären Krisen“ in den Staaten südlich der Sahara und warb für einen endgültigen Frieden in Äthiopien und im Sudan. Auch den amerikanischen Doppelkontinent streifte Franziskus mit einem besorgten Blick.

Sorge über Lage in Nicaragua

„Noch immer gibt die Situation in Nicaragua Anlass zur Sorge: eine anhaltende Krise mit schmerzhaften Folgen für die gesamte nicaraguanische Gesellschaft und insbesondere für die katholische Kirche. Der Heilige Stuhl hört nicht auf, zu einem respektvollen diplomatischen Dialog zum Wohle der Katholiken und der gesamten Bevölkerung aufzurufen.“

Angesichts einer „zunehmend zerrissenen Welt“ rief Papst Franziskus vor den Diplomaten zu mehr Respekt des humanitären Völkerrechts auf. In der Ukraine oder dem Gazastreifen könne man sehen, was passiere, wenn „die Unterscheidung zwischen militärischen und zivilen Zielen nicht mehr beachtet zu werden scheint“. Auch im Kriegsfall gelte, dass internationale Konventionen unbedingt einzuhalten seien.

„Vielleicht ist uns nicht klar, dass zivile Opfer keine ‚Kollateralschäden‘ sind“

„Vielleicht ist uns nicht klar, dass zivile Opfer keine ‚Kollateralschäden‘ sind. Es sind Männer und Frauen mit Vor- und Nachnamen, die ihr Leben verlieren. Es sind Kinder, die zu Waisen werden und um ihre Zukunft gebracht werden. Es sind Menschen, die hungern, dürsten und frieren, oder die durch die Wirkung der modernen Waffen verstümmelt werden. Wenn wir jedem einzelnen von ihnen in die Augen schauen, sie beim Namen nennen und ihre persönliche Geschichte erzählen könnten, würden wir den Krieg als das erkennen, was er ist: nichts als eine entsetzliche Tragödie und ein unnötiges Blutbad, das die Würde jedes Menschen auf dieser Erde verletzt.“

(vatican news – sk)

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08. Januar 2024, 10:29