Papst analysiert vor Diplomaten „Weg des Friedens“
Christine Seuss - Vatikanstadt
Bei dieser Gelegenheit ging Franziskus nach einer Analyse für die Kriegsgründe auch darauf ein, welche Aspekte den „Weg des Friedens“ - der rote Faden in diesem Teil seiner Ansprache - begünstigen könnten. Dieser Weg des Friedens gehe auch über die Achtung vor jedem menschlichen Leben - darin eingeschlossen das ungeborene Kind im Mutterleib, das „weder beseitigt noch zu einem Objekt der Kommerzialisierung gemacht werden“ dürfe, führte Franziskus seine Überlegungen ein:
„In diesem Zusammenhang halte ich die Praxis der sogenannten Leihmutterschaft für verwerflich, da sie die Würde der Frau und des Kindes schwer verletzt. Sie basiert auf der Ausnutzung der materiellen Notlage der Mutter. Ein Kind ist immer ein Geschenk und niemals ein Vertragsgegenstand. Ich plädiere daher dafür, dass sich die internationale Gemeinschaft für ein weltweites Verbot dieser Praxis einsetzt“, so der Papst, der erneut dazu aufrief, das menschliche Leben „in jedem Moment seiner Existenz“ zu bewahren und zu schützen.
Leihmutterschaft nutzt Notlage der Mutter aus
Im „Namen eines vorgetäuschten Mitleids“ greife jedoch „vor allem im Westen“ eine „Kultur des Todes“ um sich, die Kinder, Alte und Kranke aussondert, klagte das Kirchenoberhaupt, der als weitere notwendige Prämisse für den Weg des Friedens auch die Achtung der Menschenrechte identifizierte, wie sie in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 „einfach und klar formuliert“ seien:
„Es handelt sich dabei um rational einleuchtende und allgemein anerkannte Grundsätze“, betonte Franziskus, der in diesem Zusammenhang bedauerte, dass die Versuche, neue und von diesen abweichende Rechte einzuführen, „die nicht immer akzeptabel“ seien, auch zu „ideologischen Kolonialisierungen“ geführt habe. Darunter spiele die „Gender-Theorie“ eine zentrale und gefährliche Rolle, „weil sie mit ihrem Anspruch, alle gleich zu machen, die Unterschiede auslöscht“: „Solche ideologischen Kolonisierungen dienen nicht der Schaffung von Frieden, sondern führen vielmehr zu Wunden und Spaltungen zwischen den Staaten“, gab der Papst zu bedenken.
Vielmehr müsse der Dialog im Zentrum der internationalen Beziehungen stehen: „Die aktuelle Situation ist auch auf eine Schwächung der Strukturen der multilateralen Diplomatie zurückzuführen, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden“, wiederholte er eine bereits zuvor geäußerte Analyse, nach der die internationalen Organisationen, die zur Förderung von Sicherheit, Frieden und Zusammenarbeit geschaffen wurden, nicht mehr in der Lage seien, unter ihren Mitgliedern und im Sinn des Gemeinwohls einen Konsens herzustellen. Vielmehr bestehe eine Gefahr der Polarisierung und Reduzierung auf eine Versammlung Gleichgesinnter: „Selbst bislang gut funktionierenden Organisationen, die sich auf das Gemeinwohl und technische Fragen konzentrieren, droht eine Lähmung durch ideologische Polarisierung, da sie von einzelnen Staaten instrumentalisiert werden“, so die Mahnung des Kirchenoberhauptes. Es gelte daher, sich wieder auf die „Wurzeln, den Geist und die Werte“ zu besinnen, aus denen diese Organisationen entstanden seien, gleichzeitig aber auch den veränderten Kontexten Rechnung zu tragen und jene zu berücksichtigen, „die sich durch die Strukturen der internationalen Organisationen nicht angemessen abgebildet fühlen“.
Demokratie als Recht und Pflicht
Der Weg des Friedens führe aber auch über einen „politischen und gesellschaftlichen Dialog“, so Franziskus weiter, der in diesem Zusammenhang darauf hinwies, dass 2024 weltweit in vielen Staaten Wahlen abgehalten werden. Insbesondere junge Menschen sollten die Abstimmung als Recht und Pflicht ernstnehmen, während die politischen Kandidaten ihr politisches Amt nicht als „Aneignung von Macht“, sondern vielmehr als „Dienst am Nächsten“ verstehen müssten.
Interreligiöser Dialog Motor für Frieden
Ein weiteres Anliegen, das Franziskus in seiner mehr als 40-minütigen Ansprache unterbrachte, betraf den interreligiösen Dialog. Auch über diesen führe der Weg des Friedens, so der Papst, der damit bei den versammelten Diplomaten einen Nerv getroffen haben dürfte. Schließlich wird der interreligiöse Dialog auch auf dem internationalen politischen Parkett immer mehr als ernstzunehmende Größe für die Sicherung von Stabilität und Frieden wahrgenommen. In diesem Zusammenhang forderte Franziskus „zuallererst den Schutz der Religionsfreiheit und die Achtung von Minderheiten“ ein:
„Es schmerzt beispielsweise, dass es immer mehr Länder gibt, wo unter massivem Einsatz von Technik Modelle einer zentralisierten Kontrolle über die Religionsfreiheit zur Anwendung kommen. An anderen Orten befinden sich religiöse Minderheitengemeinschaften oft in einer zunehmend dramatischen Situation“, verlieh der Papst seiner diesbezüglichen Sorge Ausdruck.
Kein Platz für Antisemitismus
In einigen Fällen seien sie „durch eine Kombination aus terroristischen Aktionen, Angriffen auf das kulturelle Erbe und subtileren Maßnahmen wie der Ausweitung von Anti-Konversionsgesetzen, der Manipulation von Wahlvorschriften und finanziellen Restriktionen“ sogar „vom Aussterben bedroht“, so die schonungslose Analyse des Kirchenoberhauptes, der in diesem Zusammenhang auch die Zunahme antisemitischer Akte in den vergangenen Monaten als „besonders besorgniserregend“ beklagte: „Und ich möchte noch einmal betonen, dass dieses Übel aus der Gesellschaft ausgemerzt werden muss, vor allem durch Erziehung zur Geschwisterlichkeit und zur Akzeptanz des Anderen“, betonte Franziskus, der auch die zunehmende Verfolgung und Diskriminierung von Christen in den vergangenen zehn Jahren anprangerte. Mehr als 360 Millionen Christen weltweit erführen „ein hohes Maß an Verfolgung und Diskriminierung aufgrund ihres Glaubens“, während viele gezwungen seien, aus ihrer Heimat zu fliehen, so die Klage des Papstes, der in der Bildung („Die wichtigste Investition für die Zukunft und die jungen Generationen“) eine weitere Station auf dem Weg des Friedens ausmachte.
Der wichtige Beitrag von Bildung
Zu den pädagogischen Herausforderungen der heutigen Zeit gehöre allerdings auch der ethische Umgang mit den neuen Technologien, fuhr das Kirchenoberhaupt fort: „Sie können leicht zu Instrumenten der Spaltung oder der Verbreitung von Lügen, sogenannten Fake News, werden, aber sie sind auch ein Mittel der Begegnung, des gegenseitigen Austauschs und ein wichtiges Instrument für den Frieden.“
Nicht umsonst habe er seine diesjährige Botschaft zum Weltfriedenstag der künstlichen Intelligenz gewidmet, die „eine der wichtigsten Herausforderungen der kommenden Jahre“ darstelle, betonte Franziskus, der darauf pochte, dass die technologischen Entwicklungen stets dem Menschen dienten und vor allem bei jungen Menschen „die zwischenmenschlichen Beziehungen, einen gesunden Geist der Geschwisterlichkeit und ein kritisches, zur Unterscheidung fähiges Denken“ förderten und nicht behinderten. Auch auf die beiden im Jahr 2024 stattfindenden diplomatischen Konferenzen der Weltorganisation für geistiges Eigentum ging der Papst in diesem Zusammenhang ein. Dieses müsse auf die Förderung des Gemeinwohls ausgerichtet sein und dürfe nicht von ethischen Beschränkungen losgelöst sein, so der Papst auch mit Blick auf den Schutz des menschlichen Erbgutes und damit mögliche Praktiken wie die Patentierung von menschlichem biologischem Material und das Klonen von Menschen. Der Heilige Stuhl ist Mitgliedstaat der Organisation.
(vatican news)
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