Papst: „Haben wir wenigstens eines der vier Evangelien ganz gelesen?“
5000 Gläubige nahmen an der Feier des V. Sonntags des Wortes Gottes teil, den Papst Franziskus 2019 mit dem Apostolischen Schreiben Aperuit Illis eingerichtet hatte. Seitdem wird er am 3. Sonntag des Jahreskreises gefeiert, während in Deutschland aus ökumenischen Überlegungen der Sonntag des Wortes Gottes - gemeinsam mit dem so genannten Bibelsonntag - traditionell am letzten Januarsonntag gemeinsam mit der evangelischen und der orthodoxen Kirche begangen wird; in diesem Jahr am 28. Januar.
Im Zentrum der Überlegungen des Papstes bei der Predigt stand, wie das Wort Gottes, das „sanftmütig ist und „Leben schenkt“, auch für unser eigenes Leben fruchtbar gemacht werden könne. So viele Worte rund um uns herum, teils mit Gewalt aufgeladen im Leben der Gesellschaft und auch in den virtuellen Lebensräumen, den sozialen Medien, hielten uns davon ab, das „Wort des Lebens“ aufzunehmen, so die Feststellung des Kirchenoberhauptes:
„Kehren wir zu den Quellen zurück, um der Welt das lebendige Wasser anzubieten, das sie nicht findet. Und während die Gesellschaft und die sozialen Medien die Gewalt der Worte verstärken, halten wir uns an die Sanftmütigkeit des Wortes Gottes, das rettet, das sanft ist, keinen Krach macht, das ins Herz eintritt.“
Vielmehr gehe es darum, das Wort Gottes, die Heilige Schrift, wiederzuentdecken und zum Zentrum unseres persönlichen und gemeinschaftlichen Lebens zu machen. Während der Messe wurden an die Anwesenden auch Kopien des Markus-Evangeliums verteilt, verbunden mit der Aufforderung, sich vom Wort Gottes mitreißen zu lassen, das diejenigen, die es wirklich hören, dazu bringt, loszulassen und nachzufolgen, so Franziskus mit Blick auf Heilige wie Antonius, Theresia vom Kinde Jesu oder Franz von Assisi:
„Aber ich frage mich: Warum geschieht bei vielen von uns nicht das Gleiche? Oftmals hören wir das Wort Gottes, es geht zum einen Ohr rein und zum anderen raus... Vielleicht, weil wir, wie uns diese Zeugen zeigen, nicht „taub“ sein dürfen für das Wort Gottes. Wir stehen in dieser Gefahr: Überfordert von tausend Worten, lassen wir auch das Wort Gottes an uns abperlen. Wir hören es, aber wir hören ihm nicht zu; wir hören ihm zu, aber wir bewahren es nicht; wir bewahren es, aber wir lassen uns nicht zu einer Veränderung bewegen.“
Vor allem müsse man die Lesung der Heiligen Schrift mit dem Gebet begleiten, „damit sie zu einem Gespräch werde zwischen Gott und Mensch,“ so Franziskus unter Bezug auf die Konzilskonstitution Dei Verbum weiter.
„Vergessen wir nicht die beiden grundlegenden Dimensionen des christlichen Gebets: das Hören auf das Wort Gottes und die Anbetung des Herrn. Geben wir betend dem Wort Jesu Raum (...) und es wird uns so ergehen, wie den ersten Jüngern.“
Insgesamt elf Laien, darunter acht Frauen und drei Männer, wurden von Franziskus im Rahmen der Messe ausgesandt, um künftig das Lektorats- und das Katechetenamt zu übernehmen. Sie stammten aus den Antillen, Brasilien, Bolivien, Korea, Tschad und auch Deutschland. Ihnen überreichte Franziskus, der der Messe vorstand, sie aber nicht selbst zelebrierte (das übernahm Kurienerzbischof Rino Fisichella, der Pro-Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung) eine Bibel und ein Kreuz, Symbole für ihren Auftrag, das Wort Gottes zu verbreiten, das, wie Franziskus in seiner Predigt hervorhob, „zu Gott hin“ ziehe und „zu den anderen“ sende: „Dies ist seine Dynamik. Es lässt uns nicht in uns selbst verschlossen, sondern weitet das Herz, es bringt uns dazu, den Kurs zu ändern, es stürzt Gewohnheiten um, eröffnet neue Möglichkeiten und offenbart ungeahnte Horizonte.“
Umso wichtiger sei es, dem Wort Gottes auch den ihn gebührenden Raum zu geben und es in sich aufzunehmen, so der Papst, der in diesem Zusammenhang zu einigen Fragen einlud:
„Welchen Platz halte ich an dem Ort, an dem ich lebe, für das Wort Gottes frei? Es mag dort Bücher, Zeitungen, Fernseher und Telefone geben, aber wo ist die Bibel? Habe ich das Evangelium in meinem Zimmer griffbereit? Lese ich es jeden Tag, um darin den Weg des Lebens wiederzufinden?“
Er selbst habe oft geraten, ein kleines Evangelium dabei zu haben, um auch unterwegs spontan darin zu lesen, erinnerte Franziskus, der immer wieder zum regelmäßigen Bibelstudium einlädt:
„Und eine letzte Frage: Habe ich wenigstens eines der vier Evangelien vollständig gelesen? Das Evangelium ist ein Buch des Lebens, es ist einfach und kurz, und doch haben viele Gläubige nie eines von Anfang bis Ende gelesen.“
(vatican news - cs)
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