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Via Crucis am Kolosseum in Rom Via Crucis am Kolosseum in Rom 

Kreuzweg am Kolosseum ohne Franziskus, aber mit seinen Texten

Papst Franziskus hat an diesem Karfreitagabend kurzfristig seine Teilnahme am traditionellen Kreuzweg vor dem Kolosseum im Rom abgesagt. Um sich für die Feier der Osternacht zu schonen, verfolgte er die Andacht von seiner Residenz aus, teilte der Vatikan mit. Im Gegenzug stammten die Kreuzwegs-Meditationen zum ersten Mal von ihm selbst.

Sie waren über weite Strecken in der „Ich“-Form gehalten und enthielten leitmotivisch Danksagungen an Jesus. Auf Zeitbezüge wie Gewalt und Krieg verzichtete der Papst in den Kreuzwegtexten weitgehend, sie klangen aber in den Litaneien am Schluss jeder Station an. Hauptsächlich zog Franziskus aus der Betrachtung des Leidens und Sterbens Jesu Anregungen zur Gewissenserforschung.

Zum Nachhören - zum diesjährigen Kreuzweg am Kolosseum

Bei der ersten Station – Jesus wird zum Tod verurteilt – hob er das Schweigen Jesu als eine kraftvolle und radikale Antwort auf das Böse hervor. Dieses Schweigen sei verblüffend, aber fruchtbar, ein Weg der Befreiung vom Bösen.  „Jesus, dein Schweigen rüttelt mich auf: es lehrt mich, dass das Gebet nicht aus der Bewegung der Lippen kommt, sondern aus einem Herzen, das fähig ist, zuzuhören“, so die Meditation. Der Papst forderte die Gläubigen auf, von dieser Demut und Stille zu lernen, um in der Hektik des Lebens einen Raum für echtes Gebet und innere Einkehr zu finden.

Beim Kreuzweg
Beim Kreuzweg

Fackeln und Tausende kleine Kerzen in den Händen der etwa 25.000 Gläubigen am Kolosseum erleuchteten die „Via Crucis“, die die Päpste seit Paul VI. an dieser Stelle am Karfreitag leiten. Als Kreuzträger waren unter anderem Klausurnonnen, Migranten, eine Familie, Menschen mit Handicap, stadtrömische Pfarrer und Caritas-Leute im Einsatz.

Hier im Video

Der Kreuzweg von Franziskus hatte wie üblich 14 Stationen, allerdings fehlte die sonst geläufige Station „Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz“. Stattdessen fügte Papst Franziskus eine neue elfte Station ein: „Jesus schreit seine Verlassenheit heraus“. Jesus, der Gott der Gemeinschaft, habe am eigenen Leib die Verlassenheit gefühlt, um die Gläubigen aus der Einsamkeit zu befreien, so die Meditation von Franziskus. „Und in dem Schreien so vieler Einsamer und Ausgeschlossener, Unterdrückter und Verlassener sehe ich dich wieder, mein Gott: Lass mich dich erkennen und dich lieben.”

Beim Kreuzweg
Beim Kreuzweg

Veronika, die der Tradition zufolge Jesus das Schweißtuch reichte, zeichnete Franziskus in seiner Meditation als starke, mutige und tatkräftige Frau. Anders als die Vielen, die verachten, schmähen und Urteile fällen - und heutzutage genüge dazu „eine Tastatur“, so der Papst in einer der ganz wenigen aktuellen Bezüge seiner Betrachtung – bahne sich diese Frau ihren Weg durch die Menge. „Sie spricht nicht. Sie handelt. Sie schimpft nicht. Sie erbarmt sich. Sie schwimmt gegen den Strom: allein, mit dem Mut des Mitleids. Sie begibt sich aus Liebe in Gefahr, sie findet einen Weg, um zwischen den Soldaten hindurchzukommen, nur um deinem Antlitz den Trost einer Liebkosung zuteilwerden zu lassen.“ Veronika erinnere ihn daran, so der Papst, dass auch Jesus Trost brauche. „Du, der nahe Gott, bittest um meine Nähe; du, mein Tröster, willst von mir getröstet werden… Jesus, entfache in mir das Verlangen, bei dir zu bleiben, dich anzubeten und dich zu trösten. Und mache, dass ich in deinem Namen für andere zum Trost werde.“

Leerer Stuhl des Papstes beim Kreuzweg am Kolosseum
Leerer Stuhl des Papstes beim Kreuzweg am Kolosseum

An mehreren Stellen der Kreuzwegmeditation flocht Franziskus Danksagungen an Jesus ein, eher ungewöhnliche Formulierungen für diese traditionsreiche Andachtsform. „Ich danke dir, weil du auf mich wartest; danke, weil ich viele Male hinfalle und du mir unzählige Male vergibst: immer“, heißt es in der Station „Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz“. Der Papst beschloss seine Meditationen mit einer Serie von 14 Schlussanrufungen an Jesus, die letzten beiden ebenfalls als Danksagungen angelegt:

„Jesus, bevor du stirbst, sagst du: ,Es ist vollbracht´. In meiner Unvollkommenheit werde ich das nicht sagen können; doch ich vertraue auf dich, denn du bist meine Hoffnung, die Hoffnung der Kirche und der Welt“, so der Papst in seiner Betrachtung. „Jesus, ein Wort möchte ich dir noch sagen und es immerzu wiederholen: Danke! Ich danke dir, mein Herr und mein Gott.“

Beim Kreuzweg
Beim Kreuzweg

Anstelle des Papstes sprach sein Vikar für Rom, Kardinal Angelo de Donatis, den Schlussegen. Bereits letztes Jahr war Franziskus im Kolosseum nicht anwesend gewesen, den Kreuzweg leitete damals ebenfalls Kardinal de Donatis. 2023 war das erste Mal seit Beginn des Pontifikats, dass ein Kreuzweg ohne Franziskus stattfand. Ein Präzedenzfall ereignete sich 2005 mit dem schwer erkrankten Johannes Paul II. Ihn vertrat damals Kardinal Joseph Ratzinger, der wenig später, nach dem Tod Johannes Pauls, seinerseits zum Papst gewählt wurde.

(vatican news – gs)

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29. März 2024, 22:19