Papstbotschaft: Politik der Waffen schafft neue Arme
Christine Seuss - Vatikanstadt
Als Titel seiner Botschaft zum Welttag der Armen 2024 hat Franziskus einen Gedanken aus dem Buch Jesus Sirach gewählt: „Das Gebet des Armen steigt zu Gott hervor“ (vgl. Sir 21,5) – eine Aussage, die mit Blick auf das derzeit laufende Jahr des Gebets und das kommende Heilige Jahr 2025 „umso angemessener“ sei, um uns auf den im November gefeierten Welttag einzustimmen, unterstreicht Franziskus. Auch wenn das Buch Jesus Sirach eines der weniger bekannten Bücher der Bibel sei, verdiene es doch, entdeckt zu werden, „aufgrund der Fülle der Themen, die es anspricht“, insbesondere was die Beziehung des Menschen zu Gott und der Welt betreffe, aber auch die Ausführungen zum Gebet, welche dort großen Raum einnähmen, so das Kirchenoberhaupt.
Die Illusion, Herren über das Leben zu sein
Im Buch Jesus Sirach werde eine der „grundlegenden Wirklichkeiten der Offenbarung, nämlich die Tatsache, dass die Armen einen bevorzugten Platz im Herzen Gottes einnehmen“, thematisiert. Dies betreffe alle, schließlich seien wir alle vor Gott „arm und bedürftig“, erinnert Franziskus, der schreibt:
„Wir sind alle Bettler, denn ohne Gott wären wir nichts. Wir hätten nicht einmal das Leben, wenn Gott es uns nicht geschenkt hätte. Und doch, wie oft leben wir so, als ob wir die Herren über das Leben wären oder als ob wir es erobern müssten!“
Doch dies sei letztlich nur eine „traurige Illusion“, denn Glück sei nicht zu erreichen, indem man das „Recht und die Würde anderer mit Füßen“ trete, unterstreicht Franziskus, der in diesem Zusammenhang eine klare Parallele zu aktueller Politik erkennt:
„Die durch Kriege verursachte Gewalt zeigt deutlich, wie viel Anmaßung diejenigen bewegt, die sich vor den Menschen für mächtig halten, während sie in den Augen Gottes erbärmlich sind. Wie viele neue Arme verursacht diese schlechte, mit Waffen gemachte Politik, wie viele unschuldige Opfer!“, prangert das Kirchenoberhaupt an.
Gebet und konkrete Nächstenliebe
Es gelte, nicht vor dieser Logik einzuknicken und eine Antwort auf den Schrei der Armen zu geben, auch über das gemeinsame Gebet, so der Papst. Schließlich sei die schlimmste Diskriminierung, unter der die Armen litten, der Mangel an geistlicher Zuwendung, während gerade die Armen besonders offen für den Glauben seien, so der Papst mit einem Zitat aus seinem Schreiben Evangelii gaudium (187). Werde das Gebet allerdings „nicht in konkrete Taten umgesetzt“, sei es vergeblich; ebenso wie die Nächstenliebe ohne Gebet Gefahr laufe, „zu einer Philanthropie zu werden, die sich bald erschöpft“, greift Franziskus in seiner Botschaft erneut einen oft geäußerten Gedanken auf.
Nicht verzagen
Die Armen wiederum lädt Franziskus dazu ein, die Gewissheit nicht zu verlieren, dass Gott auf jeden von ihnen achte und ihnen nahe sei, selbst wenn manches Gebet nicht erhört zu werden scheine. „Doch Gottes Schweigen bedeutet nicht, dass er von unserem Leid abgelenkt ist, sondern es enthält ein Wort, das vertrauensvoll angenommen werden will, indem wir uns ihm und seinem Willen überlassen.“
Der Welttag der Armen sei mittlerweile in den kirchlichen Gemeinschaften zu einem festen Termin geworden, so der Papst mit Blick auf die zahlreichen Solidaritäts-Initiativen, die jedes Jahr rund um den Welttag der Armen in den einzelnen Gemeinden wie auch im Vatikan organisiert werden, weiter. Er selbst hatte den Welttag nach einer Eingebung im Heiligen Jahr 2016 eingeführt. Es gelte, nicht zu vergessen, dass auch die Armen viel zu geben und zu lehren hätten, gerade angesichts einer Kultur, die die Würde des Menschen „oft auf dem Altar der materiellen Güter opfert“. Sie seien es nämlich, die „gegen den Strom“ ruderten und darauf hinwiesen, „dass das Wesentliche im Leben etwas ganz anderes“ sei.
Das Wesentliche im Leben
In diesem Zusammenhang verweist der Papst auch auf das Zeugnis der heiligen Mutter Teresa von Kalkutta, die eigener Aussage zufolge ihren Glauben und die Kraft für den Dienst an den Armen aus dem Gebet schöpfte. Doch auch des „Landstreichers Gottes“, des Priesters Benedikt Joseph Labre (1748-1783), der in Rom als Armer unter Armen lebte und dessen Urne in der römischen Pfarrkirche Santa Maria ai Monti nach wie vor zahlreiche Gläubige anzieht, gedenkt der Papst in seiner Botschaft.
Abschließend fordert Franziskus jeden auf, auf dem Weg zum Heiligen Jahr zu einem „Pilger der Hoffnung“ zu werden und den Armen konkrete, oft im Stillen und mit hartnäckiger Hingabe erbrachte, Zeichen der Nähe zu schenken. „In dieser Zeit, in der das Lied der Hoffnung dem Lärm der Waffen, dem Schrei so vieler verwundeter Unschuldiger und dem Schweigen der unzähligen Opfer von Kriegen zu weichen scheint, richten wir unsere Bitte um Frieden an Gott“, so der Papst, der dazu aufruft, „in allen Lebenslagen Freunde der Armen zu sein und in die Fußstapfen Jesu zu treten, der der Erste war, der sich mit den Letzten solidarisierte“.
Zahlreiche Initiativen
Auch in diesem Jahr wird der Welttag der Armen mit einer Reihe von Solidaritäts-Initiativen begangen. Wie das zuständige Dikasterium für die Evangelisierung in einer begleitenden Pressemitteilung diesen Donnerstag bekannt gab, werde Franziskus am Welttag selbst wie üblich einer Messe im Petersdom vorstehen. Anschließend finde auch wieder das traditionelle Mittagessen mit zahlreichen Bedürftigen in der Audienzhalle statt, das federführend durch das Dikasterium für die Nächstenliebe organisiert wird. Das Evangelisierungsdikasterium plane hingegen weitere karitative Initiativen zu dem Welttag.
Unter anderem wurde in den vergangenen Jahren rund um den Welttag auf dem Petersplatz ein mobiles Ärztezentrum aufgebaut, wo Bedürftige sich kostenlos durchchecken und behandeln lassen konnten. Pfarrgemeinden und Diözesen weltweit sind aufgerufen, „ihre pastoralen Aktivitäten durch konkrete Zeichen auf die Bedürfnisse der Armen in ihren Stadtvierteln auszurichten“.
(vatican news - cs)
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