Suche

Fronleichnam: Die Predigt von Papst Franziskus im Wortlaut

Wir dokumentieren hier im Wortlaut und in amtlicher deutscher Übersetzung die Predigt, die Papst Franziskus zu Fronleichnam 2024 in St. Johann im Lateran in Rom gehalten hat.

Er nahm »das Brot und sprach den Lobpreis« (Mk 14,22). Mit dieser Geste beginnt der Bericht über die Einsetzung der Eucharistie im Markusevangelium. Und wir könnten ausgehend von dieser Handlung Jesu – dem Lobpreis über das Brot – über die drei Dimensionen des Geheimnisses nachdenken, das wir feiern: Danksagung, Erinnerung und Gegenwart.

Erstens: die Danksagung. Das Wort „Eucharistie“ bedeutet genau „Danke“: Gott für seine Gaben „danken“, und in diesem Sinne ist das Zeichen des Brotes wichtig. Es ist die tägliche Nahrung, mit der wir alles, was wir sind und haben, zum Altar bringen: Leben, Wirken, Erfolge und auch Misserfolge. Einige Kulturen bringen dies in einem schönen Brauch symbolisch zum Ausdruck: Heruntergefallenes Brot hebt man auf und küsst es, um sich daran zu erinnern, dass es zu wertvoll ist, um weggeworfen zu werden, auch wenn es heruntergefallen ist. Die Eucharistie lehrt uns also, Gott für seine Gaben zu preisen und sie dankbar anzunehmen und zu „küssen“, und das nicht nur im Gottesdienst, sondern auch im Leben. 

„Denn alles ist Geschenk und nichts darf verloren gehen, weil niemand auf der Strecke bleiben darf“

Und wir können das auch im Alltag tun, indem wir unsere Arbeit als ein Geschenk und eine Sendung leben – egal worin diese Arbeit besteht und selbst, wenn sie ganz bescheiden ist – und sie mit Liebe, Präzision und Sorgfalt verrichten wie eine Gabe und eine Mission. Und immer jenen helfen, die gefallen sind. Nur in einer einzigen Lage darf man eine Person von oben nach unten anschauen: um ihr beim Aufstehen zu helfen. 

Und das ist unsere Mission, um Dank zu sagen. Wir könnten sicherlich noch weitere Dinge hinzufügen, um Dank zu sagen. Das sind wichtige „eucharistische“ Haltungen, denn sie lehren uns, den Wert dessen zu begreifen, was wir tun und darbringen.

Erstens: Dank sagen. Und zweitens: Den „Lobpreis über das Brot“ zu sprechen, bedeutet, sich zu erinnern. Woran? Für das alte Volk Israel war es die Erinnerung an die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten und den Beginn des Exodus hin zum Gelobten Land. Für uns bedeutet es, das Pascha Christi, sein Leiden und seine Auferstehung wieder zu erleben, durch die er uns von Sünde und Tod befreit hat. Sich erinnern an unser Leben, sich erinnern an unsere Erfolge, sich erinnern an unsere Fehler, sich erinnern an die ausgestreckte Hand des Herrn, die uns immer beim Aufstehen hilft; sich erinnern an die Anwesenheit des Herrn in unserem Leben. 

Es gibt Leute, die sagen, dass derjenige frei ist, der nur an sich selbst denkt, der das Leben genießt und der mit Gleichgültigkeit und vielleicht Überheblichkeit tut, was er will, ohne Rücksicht auf andere. Das ist keine Freiheit: das ist versteckte Sklaverei, eine Sklaverei, die uns noch tiefer versklavt.  

Freiheit findet man nicht in den Tresoren derer, die möglichst viel für sich selbst anhäufen, und auch nicht auf den Sofas derer, die sich bequem zurücklehnen und dem Individualismus frönen. Freiheit findet man im Abendmahlssaal, dort, wo man sich ohne ein anderes Motiv als das der Liebe vor seinen Brüdern und Schwestern niederbeugt, um ihnen einen Dienst, das eigene Leben anzubieten. Wir tun dies als „Gerettete“.

Schließlich ist im eucharistischen Brot Christus wirklich gegenwärtig. Und damit spricht es zu uns von einem Gott, der nicht fern und eifersüchtig, sondern nahe und solidarisch mit uns Menschen ist; der uns nicht verlässt, sondern uns sucht, auf uns wartet und uns begleitet, und zwar immer.

Und diese seine Gegenwart lädt uns auch ein, unseren Brüdern und Schwestern beizustehen, dort, wohin die Liebe uns ruft. Liebe Brüder und Schwestern, wie sehr braucht unsere Welt dieses Brot, seinen Duft und seinen Wohlgeruch, der nach Dankbarkeit, Freiheit und Nähe riecht! Jeden Tag erleben wir, wie zu viele Straßen, die vielleicht einmal nach gebackenem Brot geduftet haben, durch Krieg, Egoismus und Gleichgültigkeit zu Trümmerhaufen verkommen! Es ist dringend notwendig, der Welt das gute und frische Aroma des Brotes der Liebe zurückzugeben, um weiter zu hoffen und unermüdlich das wieder aufzubauen, was der Hass zerstört.

In diesem Sinn ist auch die Geste zu verstehen, die wir bald mit der eucharistischen Prozession vollziehen: Vom Altar aus werden wir den Herrn mitten durch die Straßen unserer Stadt tragen. Wir tun dies nicht, um uns zu präsentieren und auch nicht, um unseren Glauben zur Schau zu stellen, sondern um alle einzuladen, im Brot der Eucharistie an dem neuen Leben teilzunehmen, das Jesus uns geschenkt hat: Begeben wir uns in die Prozession mit diesem Geist. 

(vaticannews)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

02. Juni 2024, 18:07