Angelus: Die Katechese im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, einen schönen Sonntag!
Das heutige Tagesevangelium (Mk 6,30-34) erzählt uns, dass sich die von ihrer Mission zurückgekehrten Apostel um Jesus versammeln und ihm erzählen, was sie getan haben. Und er dann zu ihnen sagt: „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus!“ (V. 31). Die Leute aber hatten durchschaut, was sie vorhatten, und als sie aus dem Boot stiegen, war da schon eine ganze Menschenmenge, die auf Jesus wartete. Er aber hatte Mitleid mit ihnen und begann, sie zu lehren (vgl. V. 34).
Da ist also auf der einen Seite die Aufforderung zur Ruhe, und auf der anderen das Mitleid Jesu mit der Menge. Es ist sehr schön, innezuhalten und über das Mitleid Jesu nachzudenken. Es scheinen zwei unvereinbare Dinge zu sein, aber sie gehören zusammen: zur Ruhe kommen und Mitgefühl haben. Schauen wir uns das genauer an.
Jesus ist besorgt über die Müdigkeit der Jünger. Vielleicht erkennt er eine Gefahr, die auch unser Leben und Apostolat bedrohen kann: immer dann zum Beispiel, wenn uns der Enthusiasmus über die Mission, die Arbeit, die uns anvertrauten Rollen und Aufgaben, zu Opfern eines Aktivismus werden lässt - und das ist eine hässliche Sache: Die zu erledigenden Dinge, die Ergebnisse zu wichtig zu nehmen. Denn dann kann es passieren, dass wir unruhig werden und das Wesentliche aus den Augen verlieren – und so Gefahr laufen, unsere Kräfte aufzuzehren und in eine Müdigkeit zu verfallen, die Körper und Geist lähmt. Das ist eine wichtige Warnung für unser Leben, für unsere Gesellschaft, die oft in der Hektik des Alltags gefangen ist – aber es ist auch eine Warnung für die Kirche und den pastoralen Dienst: Brüder und Schwestern, hütet euch vor der Diktatur des Tuns!
Und das kann aus der Not heraus geschehen, auch in den Familien:, wenn z. B. der Vater, um den Lebensunterhalt zu verdienen, gezwungen ist, lange Zeit außer Haus zu sein und so Zeit zu opfern, die er mit der Familie verbringen könnte. Diese Väter gehen oft frühmorgens aus dem Haus, wenn die Kinder noch schlafen, und kommen spätabends zurück, wenn sie schon im Bett sind. Und das ist eine soziale Ungerechtigkeit! In den Familien sollten Vater und Mutter die Zeit haben, sich ihren Kindern zu widmen, damit die familiäre Liebe wachsen kann und man nicht in die Diktatur des Tuns verfällt. Lasst uns darüber nachdenken, was wir tun können, um Menschen zu helfen, die gezwungen sind, so zu leben.
Und die von Jesus vorgeschlagene Ruhe ist auch keine Flucht vor der Welt, kein Rückzug in das persönliche Wohlbefinden. Im Gegenteil: er hat Mitleid mit den Menschen, die die Orientierung verloren haben. Und so lernen wir aus dem Evangelium, dass diese beiden Dinge – Ruhe und Mitgefühl – miteinander verbunden sind: Nur wenn wir lernen, zur Ruhe zu kommen, können wir auch Mitgefühl haben. Man kann nämlich nur dann einen mitfühlenden Blick haben – einen Blick, der die Bedürfnisse der anderen sieht –, wenn das Herz nicht vom Zwang des Tuns aufgezehrt wird, sondern man sich darauf versteht, innezuhalten und in der Stille der Anbetung die Gnade Gottes zu empfangen.
Deshalb, liebe Brüder und Schwestern, sollten wir uns fragen: Weiß ich, wie ich im Laufe meiner Tage innehalten kann? Weiß ich, wie ich mir einen Moment Zeit nehmen kann für mich selbst und für den Herrn, oder bin ich immer in der Hektik der Dinge gefangen, die zu tun sind? Wissen wir, wie wir inmitten des Lärms und der Aktivitäten unseres Alltags eine innere „Wüste“ finden können?
Die selige Jungfrau Maria helfe uns, auch inmitten unserer täglichen Aktivitäten „im Geist zu ruhen“, für andere da zu sein und Mitleid zu zeigen.
(vaticannews - skr)
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