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Der Papst umarmt eine ältere Frau Der Papst umarmt eine ältere Frau  Leitartikel

Neue Papst-Enzyklika: Ein Herz, das die Welt verändert

Die Enzyklika von Papst Franziskus hilft uns, zu verstehen, auf welche Art und Weise uns Christus liebt. Das schreibt der Chefredakteur der vatikanischen Medien, Andrea Tornielli, zu „Dilexit nos. Über die menschliche und göttliche Liebe des Herzens Jesu Christi." Unser Leitartikel zum neuen Papstschreiben.

Andrea Tornielli*

„Die Art und Weise, in der Christus uns liebt, wollte er uns nicht allzu sehr erklären. Er hat sie durch seine Taten gezeigt. Indem wir ihn bei seinem Handeln beobachten, können wir entdecken, wie er einen jeden von uns behandelt (...)", schreibt Papst Franziskus in seiner neuen Enzyklika (33). Wir, als Kinder eines griechischen Rationalismus, eines postchristianischen Idealismus, des Materialismus und in der heute verwässerten Kultur des Individalismus, haben Schwierigkeiten vollständig zu begreifen, dass das Christentum sich nicht auf eine Theorie reduzieren lässt, auf eine Philosphie, ein Zusammenspiel moralischer Regeln und auch nicht auf eine Sequenz sentimentaler Gefühle. Es ist vielmehr die Begegnung mit einem lebendigen Menschen. 

Verstehen, auf welche Art und Weise er uns liebt, was uns anzieht und ruft und mit Ihm in Kontakt treten, lässt sich daher auch nicht reduzieren auf einen Gedankengang, eine kulturelle Identität, die man hinausposaunt oder auf ein Handbuch mit Regeln, das man hervorkramt, wenn man es braucht. Um zu verstehen, wie Jesus uns liebt, muss man verstehen dass es ums Herz geht: Es ist eine Geschichte der Gesten, der Blicke, der Worte. Eine Geschichte der Freundschaft, eine Herzensfrage. „Man könnte sagen, dass ich letztlich mein Herz bin" (14), schreibt der Nachfolger Petri, „denn es ist das, was mich ausmacht, was mich in meiner geistigen Identität prägt und mich mit den anderen Menschen verbindet." Wir können verstehen, wie uns Jesus liebt, „indem wir ihn bei seinem Handeln beobachten", schlägt Franziskus uns vor. Es geht also darum, über Szenen des Evangeliums zu meditieren, über Fakten des Evangeliums zu staunen, die weiter um uns herum geschehen, vielleicht gerade dort, wo wir es am wenigsten erwarten. 

Indem wir ihn bei seinem Handeln beobachten, sehen wir, dass Jesus  „seine ganze Aufmerksamkeit den Menschen, ihren Sorgen, ihren Leiden widmet" (40). Das, was der Nazarener uns anbietet, ist „gegenseitige freundschaftliche Zugehörigkeit. Er ist gekommen, er hat alle Entfernung überwunden, er ist uns so nahe gekommen wie die einfachsten und alltäglichsten Dinge des Lebens. Er hat nämlich noch einen anderen Namen, der ,Immanuel` lautet und ,Gott mit uns`bedeutet, Gott, der unserem Leben nahe ist und mitten unter uns lebt. Der Sohn Gottes ist Fleisch geworden" (34), er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und opferte sich aus Liebe. 

Christlicher Glaube ist eine Begegnung mit dem Herz Christi, mit jenem Herzen, das nicht in der Lage ist, gleichgültig zu bleiben, das uns mit seiner unendlichen Barmherzigkeit umarmt und dazu einlädt, es ihm gleichzutun. Das hat dann auch soziale Folgen, denn eine Welt, die Kriege, sozioökonomische Unausgeglichenheit, Konsumstreben und einen unmenschlichen Einsatz von Technologien überlebt, kann sich„vom Herzen her verändern"Die Enzyklika „Dilexit nos" wird so zu einem Interpretationsschlüssel für das gesamte Pontifikat von Papst Franziskus. 

* Übersetzung: Stefanie Stahlhofen

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24. Oktober 2024, 12:08