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Franziskus ruft zur Überwindung der Armut in Rom auf

Bei einer Rede in der römischen Basilika San Giovanni in Laterano hat Papst Franziskus an die soziale Verantwortung der Kirche erinnert und rief zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit in Rom auf. Fünfzig Jahre nach der historischen Konferenz über die „Übel Roms“ mahnte er am Freitagabend, dass die Herausforderungen der Stadt noch lange nicht bewältigt seien.

Mario Galgano - Vatikanstadt

Papst Franziskus sprach am Freitag während der Jahresversammlung der Diözese Rom in der Basilika San Giovanni in Laterano über die nach wie vor bestehenden sozialen Missstände in der Stadt. Er erinnerte an die Konferenz über die „Übel Roms“, die vor 50 Jahren stattfand, und lobte das damalige Bemühen, die Kirche für die Probleme der Stadt zu sensibilisieren. Diese Konferenz hatte das Ziel, die „Leiden Roms“ aufzuzeigen und das Gewissen von Christen und Bürgern wachzurütteln. Doch heute, so der Papst, seien die Herausforderungen immer noch vielfältig und dringend.

„Noch heute gibt es viele Ungleichheiten und Armut in Rom“, sagte Franziskus und wies auf die Not vieler Bewohner hin: Obdachlose, junge Menschen ohne Arbeit und Wohnung, Kranke ohne Zugang zu Pflege und Menschen, die unter psychischen Problemen leiden. Er betonte, dass dies nicht einfach nur Zahlen seien, sondern „Menschen, es sind Gesichter unserer Brüder und Schwestern“. Die Kirche müsse sich fragen: „Was können wir tun, um ihnen zu helfen?“

„Noch heute gibt es viele Ungleichheiten und Armut in Rom.“

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Der Papst kritisierte die „Heuchelei“ mancher Initiativen, die sich zwar für Bedürftige einsetzten, aber oft an der Oberfläche blieben. Für ihn sei es entscheidend, „den Armen die Frohe Botschaft zu bringen, die Kluft zu schließen und Hoffnung zu säen“. Diese drei Leitlinien stellte er ins Zentrum seiner Ansprache.

Das Treffen im Lateran
Das Treffen im Lateran

Nähe zu den Bedürftigen

Franziskus forderte dazu auf, die Armen nicht als „Problem“ oder „Abfall“ zu betrachten, sondern als „Fleisch von unserem Fleisch“. Armut sei eine kirchliche Dringlichkeit, die eine Verpflichtung für alle darstelle. „Ein Christ, der sich nicht nähert, der nicht mitfühlend und zärtlich ist, ist kein Christ“, sagte er und erinnerte an die „Nähe, Mitgefühl und Zärtlichkeit“, die den Stil Gottes ausmachten.

Der Papst prangerte die Verschwendung von Lebensmitteln an, während Familien hungerten, und das Paradoxon, dass Tausende von Menschen auf den Straßen Roms schlafen, obwohl es genügend leere Gebäude gibt. Auch der ungleiche Zugang zu medizinischer Versorgung beschäftigte ihn: „Wie können wir akzeptieren, dass Reiche alle Pflegeleistungen erhalten, die sie brauchen, während Arme keine Behandlung bekommen?“

Aufruf zur Zusammenarbeit und zum Dialog

Franziskus betonte, dass die Überwindung der sozialen Kluft Geduld und Dialog erfordere. Dabei solle man sich nicht scheuen, neue Wege zu wagen und Unterschiede zu überbrücken. Er rief zur Zusammenarbeit zwischen Kirche, Institutionen, Vereinen, Schulen und Familien auf – auch mit Menschen, die anders denken. Es gehe darum, „den Virus der Gleichgültigkeit zu besiegen“ und sich aktiv für eine solidarische Stadt einzusetzen.

Eine konkrete Herausforderung sei es, den „sozialen Gedanken der Kirche“ stärker in die tägliche Seelsorge und Katechese einzubinden. Die Soziallehre der Kirche müsse in die heutige Zeit übersetzt und lebendig vermittelt werden, damit das Evangelium „Zeugen des Friedens, der Gerechtigkeit und der Geschwisterlichkeit“ hervorbringe.

Die Gäste im Lateran
Die Gäste im Lateran

Hoffnung säen und soziale Netzwerke stärken

Mit Blick auf das bevorstehende Heilige Jahr 2025 forderte der Papst die Gläubigen auf, „konkrete Werke der Hoffnung“ zu verwirklichen und Zeichen der Hoffnung zu setzen – sei es für den Frieden, das menschliche Leben, für Migranten oder für Kranke und Gefangene. Er erinnerte an Persönlichkeiten wie Don Luigi Di Liegro, die mit ihrer Arbeit für Bedürftige ein Vorbild seien. „Wenn der Vorstoß zur Freiwilligenarbeit in Rom stark ist, dann deshalb, weil jemand daran geglaubt und mit kleinen Schritten begonnen hat“, erklärte Franziskus.

„Der Glaube ist eine treue Ehefrau, die Nächstenliebe ist eine Mutter, die Hoffnung ist ein Kind des Nichts....“

Mit seiner Ansprache ermutigte der Papst die Anwesenden, aktiv Hoffnung zu säen und neue Prozesse der Solidarität in Gang zu setzen. Die Hoffnung sei eine Kraft, die nicht enttäusche, und sie ermögliche es, scheinbar Unmögliches zu schaffen. „Lasst uns den Weg der Hoffnung gehen und uns für ein verantwortungsvolles und unterstützendes Engagement einsetzen“, so der Appell des Bischofs von Rom.

Abschließend zitierte er den französischen Dichter Charles Péguy: „Der Glaube ist eine treue Ehefrau, die Nächstenliebe ist eine Mutter, die Hoffnung ist ein Kind des Nichts, und doch ist es dieses Kind, das die Welt durchqueren wird.“ Mit diesen Worten schloss Franziskus seine eindringliche Botschaft, die die Kirche und die Gesellschaft zu einem erneuerten Einsatz für die Armen und Bedrängten aufruft.

Der Papst bei der Versammlung im Lateran
Der Papst bei der Versammlung im Lateran

Hintergrund

Die Veranstaltung am Freitagabend markierte den Höhepunkt des Feierprogramms zum 50. Jahrestag der historischen „Übel Roms“-Konferenz von 1974. Die 1970er Jahre waren in Rom von großen sozialen und politischen Spannungen geprägt. Die Stadt litt unter einer wachsenden Kluft zwischen arm und reich, mit gravierenden Problemen wie Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und Armut. Viele Menschen lebten in prekären Verhältnissen, es gab informelle Siedlungen und unzureichende soziale Dienstleistungen. Zugleich kämpfte Rom mit einem Anstieg der organisierten Kriminalität und Gewalt, insbesondere durch politisch motivierte Gruppen.

Italien befand sich in dieser Zeit in einer Phase intensiver politischer Auseinandersetzungen, die als „Bleierne Jahre" bekannt wurden. Diese Periode war geprägt von Terroranschlägen, Entführungen und Kämpfen zwischen extremen linken und rechten Gruppierungen. Auch in Rom kam es zu Demonstrationen und Unruhen, die oft von einem tiefen Misstrauen gegenüber den staatlichen Institutionen begleitet wurden. Die „Übel Roms"-Konferenz von 1974 war ein Versuch der Kirche, auf diese sozialen Missstände aufmerksam zu machen und ihre Rolle als moralische Stimme in der Gesellschaft zu stärken, indem sie zu mehr sozialer Gerechtigkeit und Nächstenliebe aufrief.

(vatican news)

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26. Oktober 2024, 08:00