Wortlaut: Schlusswort des Papstes an die Synode
Abschließendes Grußwort des Heiligen Vaters
26. Oktober 2024
Liebe Brüder und Schwestern,
mit dem Schlussdokument haben wir die Früchte von Jahren, mindestens drei Jahren, gesammelt, in denen wir dem Volk Gottes zugehört haben, um besser zu verstehen, wie wir in dieser Zeit eine „synodale Kirche“ sein können – das ist das Hören auf den Heiligen Geist. Die biblischen Bezüge, mit denen jedes Kapitel eingeleitet wird, gliedern die Botschaft, indem sie sie mit den Gesten und Worten des auferstandenen Herrn in Verbindung bringen, der uns wieder ruft, Zeugen seines Evangeliums zu sein, und zwar mehr mit dem Leben als mit Worten.
Das Dokument, über das wir abgestimmt haben, ist ein dreifaches Geschenk:
Zuerst für mich, den Bischof von Rom bei der Einberufung der Kirche Gottes zur Synode war ich mir bewusst, dass ich euch Bischöfe und Zeugen des synodalen Weges brauche: Danke!
Auch der Bischof von Rom, das rufe ich mir, häufig, und euch ins Gedächtnis, muss sich im Zuhören üben, oder besser gesagt, will sich im Zuhören üben, um auf das Wort antworten zu können, das ihm jeden Tag aufs Neue sagt: „Stärke deine Brüder und deine Schwestern ... Weide meine Schafe“.
Meine Aufgabe ist es, wie ihr wisst, die Eintracht zu bewahren und zu fördern – wie uns der heilige Basilius lehrt – die Harmonie, die der Heilige Geist weiterhin in der Kirche Gottes und in den Beziehungen zwischen den Kirchen verbreitet, trotz aller Mühen, Spannungen und Spaltungen, die ihren Weg bis zum vollen Offenbarwerden des Reiches Gottes kennzeichnen, das wir uns gemäß der Vision des Propheten Jesaja als ein von Gott für alle Völker bereitetes Festmahl vorstellen dürfen. Alle, in der Hoffnung, dass niemand fehlen wird. Alle, alle, alle! Niemand ausgeschlossen, alle. Und das Schlüsselwort ist: Harmonie. Was der Geist tut, die erste starke Manifestation, am Pfingstmorgen, ist die Harmonisierung all dieser Unterschiede, all dieser Sprachen... Harmonie. Das ist das, was das Zweite Vatikanische Konzil lehrt, wenn es sagt, dass die Kirche „gleichsam Sakrament“ ist: Sie ist ein Zeichen und Werkzeug der Erwartung Gottes, der den Tisch bereits gedeckt hat und wartet. Seine Gnade flüstert durch seinen Geist in das Herz eines jeden Worte der Liebe ein. Uns ist es aufgegeben, dieses Flüstern zu verstärken, ohne es zu behindern; Türen zu öffnen, ohne Mauern zu errichten. Was für ein Unheil richten die Frauen und Männer der Kirche an, wenn sie Mauern errichten, was für ein Unheil! Alle, alle, alle! Wir dürfen uns nicht wie „Gnadenspender“ verhalten, die sich den Schatz aneignen, indem sie dem barmherzigen Gott die Hände binden. Erinnert euch daran, dass wir diese Synodenversammlung damit begonnen haben, um Vergebung zu bitten, uns zu schämen und anzuerkennen, dass uns allen Barmherzigkeit zuteilgeworden ist.
Es gibt ein Gedicht von Madeleine Delbrêl, der Mystikerin der Peripherien, die mahnte: „Vor allem, seid nicht starr“ – Starrheit ist eine Sünde, eine Sünde, die manchmal Kleriker, Gottgeweihte, Ordensmänner und -frauen befällt. Ich lese euch einige Verse von Madeleine Delbrêl vor, die ein Gebet sind. Sie sagt so:
Denn ich glaube, du hast von den Leuten genug,
die ständig davon reden, dir zu dienen – mit der Miene von Feldwebeln,
dich zu kennen – mit dem Gehabe von Professoren,
zu dir zu gelangen nach den Regeln des Sports,
und dich zu lieben, wie man sich nach langen Ehejahren liebt.
…
Herr,
lass uns unser Leben leben,
weder wie ein Schachspiel, wo alles gerechnet wird,
noch wie ein Match, wo alles schwierig ist,
noch wie ein Theorem, das unseren Kopf zerbricht,
sondern wie ein unendliches Fest
wo sich dein Begegnen erneuert,
wie ein Ball,
wie ein Tanz,
in den Armen deiner Gnade,
in der universalen Musik der Liebe.
Diese Verse können die Hintergrundmusik sein, mit der wir das Schlussdokument aufnehmen. Und jetzt, im Lichte dessen, was auf dem synodalen Weg herausgekommen ist, gibt es und wird es Entscheidungen geben, die getroffen werden müssen.
In dieser Zeit der Kriege müssen wir Zeugen des Friedens sein, auch indem wir lernen, dem Miteinander der Unterschiede eine reale Form zu geben.
Aus diesem Grund beabsichtige ich nicht, ein „apostolisches Schreiben“ zu veröffentlichen, es reicht das, was wir approbiert haben. Das Dokument enthält bereits sehr konkrete Hinweise, die eine Orientierungshilfe für die Mission der Kirchen auf den verschiedenen Kontinenten und in den unterschiedlichen Kontexten sein können: Deshalb stelle ich es allen sofort zur Verfügung, deshalb habe ich gesagt, dass es veröffentlicht werden soll. Ich möchte auf diese Weise den Wert des abgeschlossenen synodalen Weges anerkennen, den ich mit diesem Dokument dem heiligen und gläubigen Volk Gottes übergebe.
Bezüglich einiger Aspekte des kirchlichen Lebens, die in dem Dokument genannt werden, sowie bezüglich der Themen, die den zehn „Studiengruppen“ anvertraut wurden, die frei arbeiten sollen, damit sie mir Vorschläge unterbreiten, braucht es Zeit, um zu Entscheidungen zu gelangen, die die ganze Kirche miteinbeziehen. Ich werde also weiterhin auf die Bischöfe und die ihnen anvertrauten Kirchen hören.
Das ist nicht die klassische Methode, Entscheidungen auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Es ist das, was dem synodalen Stil entspricht, mit dem auch das Petrusamt ausgeübt werden muss: zuhören, versammeln, unterscheiden, entscheiden und bewerten. Und bei diesen Schritten sind Pausen, Stille und Gebet notwendig. Es ist ein Stil, den wir gerade gemeinsam lernen, Stück für Stück. Der Heilige Geist ruft uns und unterstützt uns bei diesem Lernprozess, den wir als einen Prozess der Umkehr verstehen müssen.
Das Generalsekretariat der Synode und alle Dikasterien der Kurie werden mir bei dieser Aufgabe helfen.
Das Dokument ist ein Geschenk an das ganze gläubige Volk Gottes in seiner Vielfalt. Es ist klar, dass nicht alle es lesen werden: Vor allem ihr werdet es sein, die zusammen mit vielen anderen seinen Inhalt in den Ortskirchen erschließen werden. Der Text würde ohne das Zeugnis der eigenen Erfahrung viel von seinem Wert verlieren.
Liebe Brüder und Schwestern, das, was wir erlebt haben, ist ein Geschenk, das wir nicht für uns behalten können. Der Impuls, der von dieser Erfahrung ausgeht, die sich in dem Dokument widerspiegelt, gibt uns den Mut zu bezeugen, dass es möglich ist, gemeinsam in Vielfalt unterwegs zu sein, ohne einander zu verurteilen.
Wir kommen aus allen Teilen der Welt, die von Gewalt, Armut und Gleichgültigkeit geprägt sind. Gemeinsam, mit der Hoffnung, die nicht enttäuscht, vereint in der Liebe Gottes, die in unsere Herzen eingegossen ist, können wir nicht nur vom Frieden träumen, sondern uns mit all unserer Kraft dafür einsetzen, dass, vielleicht ohne so viel über Synodalität zu reden, sich durch Prozesse des Zuhörens, des Dialogs und der Versöhnung Frieden einstellt. Für die synodale Kirche für die Mission ist es notwendig, dass das gemeinsam Besprochene mit Taten einhergeht. Und dies ist der Weg.
All das ist ein Geschenk des Heiligen Geistes: Er ist es, der Harmonie schafft, er ist die Harmonie. Der heilige Basilius hat eine sehr schöne Theologie dazu; wenn ihr könnt, lest die Abhandlung des heiligen Basilius über den Heiligen Geist. Er ist die Harmonie. Brüder und Schwestern, möge diese Harmonie bestehen bleiben, auch wenn wir diese Aula verlassen, und möge der Odem des Auferstandenen uns helfen, die empfangenen Gaben zu teilen.
Und denkt daran – das sind noch einmal Worte von Madeleine Delbrêl – dass „es Orte gibt, an denen der Geist weht, aber es gibt einen Geist, der an allen Orten weht“.
Ich möchte euch allen danken und wir sollten uns gegenseitig danken. Ich danke Kardinal Grech und Kardinal Hollerich für die Arbeit, die sie geleistet haben, den beiden Sekretären, Nathalie und San Martín - das habt ihr gut gemacht! -, Don Batocchio und Pater Costa, die uns sehr geholfen haben! Ich grüße all diejenigen, die hinter den Kulissen gearbeitet haben und ohne die wir das alles nicht hätten tun können. Vielen Dank! Der Herr segne euch. Beten wir füreinander. Danke!
(vatican news)
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