Papst an Gäste aus Iran: Gemeinsam am Frieden arbeiten
Anne Preckel – Vatikanstadt
Die Gruppe bestand aus Delegierten, die an einem vatikanisch-iranischen Dialogtreffen teilnehmen. Es handelte sich um eine neue Ausgabe der interreligiösen Kolloquien des Dikasteriums für interreligiösen Dialog mit dem „Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“ aus Teheran. Das Gremium ist der staatlichen „Organisation für islamische Kultur und Beziehungen“ (ICRO) im Iran zugeordnet.
Gemeinsam für Frieden engagieren
Vor seinen Gästen im Vatikan rief der Papst zu einem gemeinsamen Einsatz der Religionen im Zeichen eines „Gottes des Friedens“ auf.
„Unsere Welt ist gespalten und zerrissen durch Hass, Spannungen, Kriege und die Bedrohung durch einen Atomkonflikt. Heute ist die neueste Bedrohung in den Nachrichten zu lesen“, kam er auf die aktuelle Kriegslage im Nahen und Mittleren Osten zu sprechen. „Diese Situation veranlasst uns, die wir an den Gott des Friedens glauben, zu beten und uns für den Dialog, die Versöhnung, den Frieden, die Sicherheit und die ganzheitliche Entwicklung der ganzen Menschheit einzusetzen. Wir glauben an ihn als den Gott der allmächtigen Liebe. Das Engagement, das wir gemeinsam für den Frieden zeigen können, macht uns in den Augen der Welt und insbesondere der neuen Generationen glaubwürdig.“
Das Wohlergehen der katholischen Kirche im schiitisch dominierten Iran, in dem Christen eine kleine Minderheit sind, liege ihm „sehr am Herzen“, so Franziskus. An die politische Führung des Landes adressiert ergänzte er: „Und die Kirche ist nicht gegen die Regierung, nein, das sind Lügen!“
Gewissens- und Religionsfreiheit
Der Papst bekräftigte zugleich, er sei sich im Klaren über die „Situation und Herausforderungen“, denen sich die Kirche im Iran „stellen muss, um ihren Weg fortzusetzen, Zeugnis für Christus abzulegen und ihren diskreten, aber wichtigen Beitrag zum Wohl der gesamten Gesellschaft zu leisten, frei von religiöser, ethnischer oder politischer Diskriminierung“. Christen und andere religiöse Minderheiten haben im Iran einen schweren Stand, Religionsfreiheit und gesellschaftliches Wirken werden kontrolliert bis unterdrückt.
Franziskus rief vor der iranischen Delegation dazu auf, „die Rechte der Person, der Gemeinschaft und des Volkes“ zu verteidigen: „Denn Gewissens- und Religionsfreiheit sind die Eckpfeiler des Gebäudes der Menschenrechte“, erinnerte er. „Die Religionsfreiheit beschränkt sich nicht auf die Ausübung des Gottesdienstes, sondern erlaubt es, im Bereich des Glaubens und der religiösen Praxis völlig frei zu entscheiden“, so der Papst unter Bezug auf eine Passage aus dem Konzilsdokument „Dignitatis humanae“ (vgl. 3-4).
Das 12. Kolloquium des Teheraner Dialogzentrums mit den Vatikanvertretern stehe im Kontext einer „langen Zusammenarbeit, über die wir uns alle freuen müssen“, so der Papst. Es diene einer „Kultur des Dialoges, die mir sehr am Herzen liegt“, bekräftigte er.
In dieser Weise sei auch die Erhebung in den Kardinalstand des Erzbischofs von Teheran-Ispahan, Dominique Joseph Mathieu O.F.M., zu verstehen, erklärte Franziskus seinen Gästen. Diese seine Entscheidung sei „Ausdruck der Verbundenheit und der Sorge um die Kirche im Iran" und möge „auf das ganze Land ausstrahlen. Sie ist eine Ehre für das ganze Land.“ Franziskus will den belgischen Franziskaner, der seit 2021 im Iran wirkt, bei einem Konsistorium am kommenden 7. Dezember zum Kardinal erheben.
Familie vor Herausforderungen
Mit Blick auf das Thema des interreligiösen Kolloquiums, bei dem es diesmal um Erziehung und Familie geht, erörterte der Papst gemeinsame Herausforderungen der Religionen. Besonders der erzieherische Beitrag der Älteren für die Jungen stelle ein gemeinsames Element verschiedener religiöser Traditionen dar, so Franziskus, der zur „Ehrung der Großeltern“ aufrief. Eine spezielle Herausforderung seien im Christentum wie Islam religiös gemischte Ehen, „neue komplexe Ehesituationen mit kultischen Unterschieden“, wie der Papst formulierte. In diesen familiären Kontexten könne man „einen privilegierten Platz für den interreligiösen Dialog“ erkennen, den es fortzusetzen gelte (vgl. nachsynodales Schreiben Amoris laetitia).
Eine Schwächung des Glaubens und der religiösen Praxis habe „direkte Auswirkungen auf die Familie“, gab er weiter zu bedenken. „Wir wissen, vor welch großen Herausforderungen sie in einer Welt steht, die sich schnell verändert und nicht immer in die richtige Richtung geht. Deshalb braucht sie die Unterstützung aller, einschließlich des Staates, der Schule, ihrer eigenen Religionsgemeinschaft und anderer Institutionen, um ihren Erziehungsauftrag bestmöglich zu erfüllen“, so Franziskus allgemein. Zur bedrängten Lage vieler jungen Menschen, deren Familien und von Frauen im Iran äußerte sich der Papst nicht.
Offenheit und Aufrichtigkeit
Der Dialog zwischen Gläubigen verschiedener Religionen ermögliche es, „aus strukturierten Mustern auszubrechen, um offen für die Begegnung in der großen universellen Menschheitsfamilie zu sein“, fuhr der Papst fort. Damit interreligiöser Dialog funktioniere, brauche es Offenheit, Aufrichtigkeit, Respekt, Freundlichkeit und Konkretheit, erinnerte er. „Dieser Stil ermöglicht es, in den Augen der eigenen Gemeinschaft sowie vor den Gesprächspartnern und ihren Gemeinschaften glaubwürdig zu sein, ohne jemals zu vergessen, dass wir vor Gott Rechenschaft ablegen müssen über alles, was wir denken, was wir sagen und was wir tun.“
Langjähriger Dialog
Das „Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog“ ist der „Organisation für islamische Kultur und Beziehungen“ (ICRO) des islamischen Kulturministeriums in Teheran zugeordnet. Das Gremium steht in Fragen des interreligiösen Dialoges im langjährigen Austausch mit dem Vatikan und dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK).
Gastgeber des aktuellen Kolloqiums im Vatikan ist Kardinal Miguel Angel Ayuso Guixot, Leiter des Dikasteriums für interreligiösen Dialog. Angeführt wurde die iranische Delegation vom Leiter des ICRO, Hojjat-ol-Islam Mohammad Mehdi Imanipour, wie im Vorfeld berichtet wurde. Im Mittelpunkt des Kolloquiums standen das Konzept der Bildung im Islam und im Christentum, die Chancen und Herausforderungen der Bildung in der heutigen Welt aus der Sicht des Islam und des Christentums sowie die Jugendbildung als Kontext für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Islam und Christentum.
(vatican news – pr)
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