Papst sieht Hype um Jakobsweg skeptisch
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Der Anstieg bei der Zahl der Wallfahrenden gen Nordspanien sei „interessant zu sehen“, sagte er an diesem Donnerstag zu italienischen Jakobspilgern. Eine „sehr positive Tatsache“. Allerdings werfe sie eine „ernste Frage“ auf: „Sind die Menschen, die den Jakobsweg gehen, echte Pilger? Das ist die Frage, die wir beantworten müssen. Oder ist es etwas anderes? Natürlich gibt es unterschiedliche Erfahrungen, aber die Frage gibt uns zu denken.“
Der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Uni Münster, Mouhanad Khorchide, ist unlängst nach Santiago de Compostela gepilgert und hat über seine Erfahrungen ein Buch geschrieben („Ein Muslim auf dem Jakobsweg“). Was ihn irritiert hat: Viele von denen, die mit ihm unterwegs waren, hatten keinerlei religiöse Motive; vielmehr ging es ihnen darum, sozusagen zu sich selbst zu kommen.
Franziskus nannte an diesem Donnerstag im Vatikan drei Kritierien, an denen man eine „echte“ Pilgerreise zu den Apostelgräbern erkenne. „Das erste ist die Stille. Der in der Stille gelebte Weg erlaubt es, zuzuhören, mit dem Herzen zu hören und so im Gehen, durch die Müdigkeit, die Antworten zu finden, die das Herz sucht, denn das Herz stellt Fragen. Gott spricht in der Stille…“
Das könnten wohl viele Jakobspilger von heute noch so gerade unterschreiben: Mal ausbrechen aus dem Trott des Alltags, innerlich zur Ruhe kommen. Aber anders verhält es sich dann mit dem zweiten Kriterium, das Franziskus aufrief.
„Zweitens, das Evangelium. Die Stille und das Evangelium… Während man pilgert, liest man nach, welchen Weg Jesus gegangen ist, bis hin zur äußersten Hingabe seiner selbst. Der Weg ist umso wahrer, umso christlicher, je mehr er dazu führt, aus sich selbst herauszugehen und sich frei zu verschenken, im Dienst am Nächsten. Und das ist es, was der Heilige Geist tut, wenn wir jeden Tag das Evangelium lesen.“
Stille, Evangelium, Gutes tun
Und drittens: Gutes tun. Nicht unbedingt ein Spezifikum der Wallfahrt nach Santiago de Compostela. Da geht es oft darum, seine physischen Grenzen auszutesten, Rekorde aufzustellen oder romanische Kirchen zu besichtigen. „Tue immer Gutes. Seid auf dem Weg aufmerksam für die anderen, vor allem für die, die es am schwersten haben, die gefallen sind, die in Not sind...“
Richtig verstandene Jakobs-Pilgerschaft sei eine Art Apostolat, so Franziskus. „Die Pilger in alten Zeiten lehren uns, dass man von christlichen Pilgerreisen als Apostel zurückkehrt! Ich mache die Pilgerreise und kehre als Apostel zurück, um Jesus zu verkünden.“ In Santiago de Compostela war Franziskus, anders als seine beiden Vorgänger, bisher noch nicht.
Hintergrund
Der Jakobsweg ist ein Netz von europäischen Pilgerwegen, die auf Santiago de Compostela zuführen. Die Stadt im nordspanischen Galizien birgt nach der Tradition das Grab des Apostels Jakobus. Im Mittelalter war Santiago nach Rom und Jerusalem das wichtigste Pilgerziel.
(vatican news)
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