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Napoleon wurde 1771 hier in der Kathedrale von Ajaccio getauft Napoleon wurde 1771 hier in der Kathedrale von Ajaccio getauft  (AFP or licensors)

Warum der Papst nach Korsika reist

Papst Franziskus ist am letzten Wochenende nicht zur großen Wiedereröffnung der Pariser Kathedrale Notre-Dame gekommen. Er plant aber nächsten Sonntag einen Besuch auf Korsika.

Der Vatikanexperte und Buchautor Ulrich Nersinger erklärt im Gespräch mit dem Kölner Domradio, welche Geschichte der Vatikan und Korsika haben.

Wie erstaunlich ist es, dass Papst Franziskus bei der Wiedereröffnung von Notre-Dame fehlt, eine Woche später aber nach Korsika reist?

„Man ist ein wenig in Erklärungsnot. Wir müssen uns auf das Feld der Spekulationen begeben, weil wir das sonst nicht so erklären können. Zunächst einmal muss man wissen, dass Napoleon vor mehr als 200 Jahren den Papst zu seiner Krönung nach Paris eingeladen hat. Der Papst sollte auch die Krönung vornehmen. Dann hat sich Napoleon aber selbst die Krone aufs Haupt gesetzt. Als ich am Samstag die Inszenierung Macrons sah, hat sie mich so ein bisschen daran erinnert. Vielleicht hat sich der Papst auch gedacht, dass er sich nicht zur Staffage machen lassen möchte und dass er nicht in eine Rolle gedrängt werden möchte, die er eigentlich selbst nicht will. Das wäre eine Erklärung. Eine andere Erklärung ist natürlich auch, dass es sich aus historischen Gegebenheiten ergibt. Auch das ist aber reine Spekulation.“

„Die Korsen waren für hartes Durchgreifen bei Konflikten bekannt“

Am nächsten Sonntag reist Papst Franziskus nach Korsika. Was verbindet denn historisch gesehen die Korsen mit dem Vatikan?

„Da müssen wir ins 17. Jahrhundert blicken. Im 17. Jahrhundert gab es in Rom keine richtige Polizei. Es gab kleine Einheiten, die den einzelnen Institutionen der Ewigen Stadt zugeordnet waren, aber eine richtige Ordnungsmacht gab es in der Stadt nicht. Papst Clemens VIII. kam dann auf die Idee, aus den Korsen, die für gutes und hartes Durchgreifen bei Konflikten bekannt waren, eine eigene kleine Polizeikraft zu entwickeln. Diese Ordnungsmacht, die sogenannte Korsengarde, hat er dann eingerichtet. Sehr schnell kamen aber gewisse Probleme auf sie zu.“

Unter Alexander VII. entstanden die Kolonnaden des Petersplatzes in Rom
Unter Alexander VII. entstanden die Kolonnaden des Petersplatzes in Rom

Was waren das für Probleme damals?

„Wir kennen es heute noch, dass die Botschaften der einzelnen Staaten auch bei uns über das Recht der Exterritorialität verfügen, dass man also nicht auf ihr Botschaftsgelände konnte. Das war in der damaligen Zeit auch so, nur haben diese Mächte das in Rom in einem ungeheuren Maße ausgedehnt, sodass sie manchmal fast ganze Stadtviertel als ihr Terrain und als zu ihrer Exterritorialität zugehörend sahen. Quartierfreiheit nannte man das. Das haben auch die Franzosen ausgenutzt.

Es kam hinzu, dass der damalige Herrscher Ludwig XIV. kein großer Freund des Papstes (Alexander VII., d. Red.) war. Und auch der für den Heiligen Stuhl ernannte Botschafter Frankreichs war ein Provokateur, der jede Gelegenheit nutzte, den Heiligen Stuhl zu reizen. Dann kam es zu einem Zwischenfall mit der Korsengarde. Und dieser Zwischenfall hat sich dann doch fast zu einem kriegerischen Konflikt emporgeschwungen…“

„Das ging so weit, dass Frankreich die päpstlichen Besitzungen in Avignon besetzen ließ und drohte, in den Kirchenstaat einzumarschieren“

60 Jahre lang schützten die korsischen Söldner den Vatikan. Dann war es aber vorbei. Ist das aus diesem Grund geschehen, den Sie gerade angedeutet haben?

„Ja, es gab Tote und es gab Aktionen der Franzosen dagegen. Das ging so weit, dass Frankreich die päpstlichen Besitzungen in Avignon besetzen ließ und drohte, in den Kirchenstaat einzumarschieren, weil es zu einem Konflikt der Botschaft Frankreichs mit der Korsengarde kam, wobei die Korsengarde wirklich provoziert worden ist. Die Korsengarde galt aber natürlich auch als sehr ‚wilder Verein‘…“

Wie ist das Verhältnis zwischen Korsen und Vatikan heute?

„Ich denke, ganz gut. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass es gute Beziehungen gibt. In Rom gibt es eine Vereinigung der Korsen, die sich auch dieser historischen Dimension widmet. Und in den römischen Kirchen finden wir auch korsische Soldaten – also solche der Korsengarde – beigesetzt. Das Verhältnis ist eigentlich sehr gut. Ich weiß nicht, ob der Papst sich dieser historischen Dimension so richtig bewusst ist, aber vielleicht ist das ein Grund, dass er auch mal Korsika besucht. Wobei ich das auf keinen Fall behaupten will, weil das wirklich reine Spekulation ist… Es ist trotzdem kaum zu verstehen, warum der Papst nicht in Paris war…

(domradio – sk)
 

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09. Dezember 2024, 10:14