Wortlaut: Papst Franziskus beim Angelus-Gebet
Sämtliche Wortmeldungen des Papstes in ihrer amtlichen Fassung werden auf der Internetseite des Heiligen Stuhls publiziert.
Liebe Brüder und Schwestern,
der Evangelist Lukas stellt uns an diesem Sonntag Jesus in der Synagoge von Nazareth vor, der Stadt, in der er aufgewachsen ist. Er liest den Text des Propheten Jesaja vor, der die evangelisierende und befreiende Mission des Messias ankündigt, und erklärt dann in der allgemeinen Stille: „Heute hat sich diese Schrift erfüllt“ (vgl. Lk 4,21).
Man stelle sich das Erstaunen und die Bestürzung der Mitbürger Jesu vor, die ihn als Sohn des Zimmermanns Josef kannten und sich nie hätten vorstellen können, dass er sich als Messias präsentieren könnte. (...) Doch genau so ist es: Jesus verkündet durch seine Anwesenheit, dass das Gnadenjahr des Herrn (vgl. V. 19) gekommen ist. Es ist die frohe Botschaft für alle und in besonderer Weise für die Armen, für die Gefangenen, für die Blinden, für die Unterdrückten (vgl. V. 18). (...)
An diesem Tag in Nazareth hat Jesus seine Gesprächspartner vor die Wahl gestellt, was seine Identität und seinen Auftrag betrifft. Keiner in der Synagoge konnte umhin, sich zu fragen: Ist er nur der Sohn eines Zimmermanns, der sich eine Rolle anmaßt, die ihm nicht zusteht, oder ist er wirklich der Messias, der gesandt wurde, um die Menschen von der Sünde und allem Bösen zu erlösen?
Der Evangelist berichtet uns, dass die Einwohner von Nazareth in Jesus nicht den Gesalbten des Herrn erkannten. Sie glaubten, ihn zu gut zu kennen, und das hat die Öffnung ihres Geistes und ihres Herzens nicht erleichtert, sondern blockiert, wie ein Schleier, der das Licht verdunkelt.
Schwestern und Brüder, diese Begebenheit mit den entsprechenden Analogien begegnet uns auch heute. Auch wir sind durch die Gegenwart und die Worte Jesu herausgefordert; auch wir sind aufgerufen, in ihm den Sohn Gottes, unseren Retter, zu erkennen. Aber es kann uns wie seinen Landsleuten passieren, dass wir denken, wir kennen ihn schon, wir wissen schon alles über ihn, wir sind mit ihm aufgewachsen, in der Schule, in der Pfarrei, im Katechismus, in einem Land mit katholischer Kultur... Und so ist er auch für uns eine Person, die uns nahe ist, „zu“ nahe.
Doch versuchen wir, uns zu fragen: Spüren wir die einzigartige Vollmacht, mit der Jesus von Nazareth spricht? Erkennen wir, dass er der Überbringer einer Heilsverkündigung ist, die uns kein anderer geben kann? Und ich, habe ich das Gefühl, dieses Heils zu bedürfen? Spüre ich, dass auch ich in irgendeiner Weise arm, gefangen, blind, unterdrückt bin? Dann, nur dann, wird auch für mich „das Jahr der Gnade“ anbrechen!
Wenden wir uns vertrauensvoll an Maria, die Mutter Gottes und unsere Mutter, damit sie uns hilft, Jesus zu erkennen.
(vatican news)
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