Franziskus: Krankheit ist Schule des Lebens
Franziskus leidet seit Wochen an den Folgen einer Atemwegsinfektion, die ihn zweimal an die Schwelle des Todes brachte. Er verfolge die Messe aus seinem Vatikandomizil Casa Santa Marta und sei den Kranken und Leidenden in diesem Moment besonders nahe, erläuterte Erzbischof Rino Fisichella, bevor er die Predigt des Papstes, der unter normalen Umständen der Messe vorgestanden wäre, verlas: „Mit euch, liebe kranke Brüder und Schwestern, teile ich in diesem Moment meines Lebens vieles: die Erfahrung der Krankheit, sich schwach zu fühlen, in vielen Dingen von anderen abhängig zu sein, Unterstützung zu benötigen”, heißt es dort.
Diese Erfahrung, schwach zu sein und die Hilfe anderer zu brauchen, ist in den Worten des Papstes „nicht immer leicht, aber es ist eine Schule, in der wir täglich lernen, zu lieben und uns lieben zu lassen, ohne etwas zu verlangen und ohne etwas zurückzuweisen“. Lernen könne man in der Krankheit auch, das Nachtrauern und das Verzweifeln abzulegen und stattdessen dankbar zu sein: „dankbar gegenüber Gott und unseren Brüdern und Schwestern für das Gute, das wir empfangen, uns dem überlassend und auf das vertrauend, was noch kommen wird“, so die Predigt von Franziskus.
Die Messe fand im Rahmen des Heiligen Jahres 2025 statt und war den Kranken und dem Gesundheitspersonals gewidmet, das aus diesem Anlass zahlreich nach Rom geströmt war. Rund 20.000 Pilger aus mehr als 90 Nationen waren angemeldet; seit dem frühen Morgen sah man rund um den Vatikan viele Busse, aus denen die Rollstühle für die gehbehinderten Gläubigen ausgeladen wurden, die an der ihnen gewidmeten Messe teilnehmen wollten. Auf dem Petersplatz sah man bei strahlendem Sonnenschein auch viele Teilnehmer aus dem Gesundheitsdienst, die in ihre weißen Kittel gekleidet waren. Hauptzelebrant war Erzbischof Rino Fisichella, Pro-Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung - dessen Leitung sich Papst Franziskus selbst vorbehalten hat - und Koordinator des Jubiläums. Der Petersplatz war gut gefüllt, viele der Teilnehmenden leben mit chronischen Erkrankungen. Die Messfeier war der Höhepunkt des mehrtägigen Jubiläums, das mit zahlreichen den Kranken und ihren Pflegenden gewidmeten Events in ganz Rom belebt wurde, darunter auch Blutspendeaktionen.
Zur Überraschung aller Anwesenden zeigte sich Papst Franziskus nach der Predigt und gegen Ende der Kommunionausteilung auch selbst. Er richtete mit sichtlich angeschlagener Stimme einen Gruß an die Anwesenden und dankte für das Gebet, bevor er den Platz nach einer Runde um den Altar und den Grüßen an verschiedene Gläubige und Mitarbeiter, die sich ihm nähern konnten, wieder verließ. Im Anschluss an die Messe und nachdem Franziskus wieder in sein Vatikandomizil gebracht worden war, verlasen Vatikanmitarbeiter nach dem Vorbild der wöchentlichen Generalaudienzen auch Grüße in verschiedenen Sprachen.
In seiner Predigt zeichnete Franziskus ein Bild Gottes, der gerade in den schwierigsten Momenten gegenwärtig bleibt: „Gerade wenn die Prüfungen härter werden, umschließt uns seine Gnade und Liebe noch fester, um uns aufzurichten.“ Der Papst erinnerte an das babylonische Exil Israels und an die biblische Erzählung der Ehebrecherin, die von Jesus vor der Steinigung bewahrt wird. In beiden Fällen erscheine Gottes Gnade dort, wo alle Hoffnung erloschen scheint, wie das auch in einer Krankheit der Fall sein kann. „Gerade wenn die Prüfungen härter werden, umschließt uns seine Gnade und Liebe noch fester, um uns aufzurichten“, so der Papst.
Besonders an das medizinische Personal richtete Franziskus einen Appell: „Wenn ihr euch eurer Patienten annehmt, vor allem der schwächsten, bietet euch der Herr die Möglichkeit, euer Leben fortwährend zu erneuern.“ Die Kranken seien kein Hindernis, sondern eine Chance: „Lasst die Gegenwart der Kranken als ein Geschenk in euer Leben treten, um euer Herz zu heilen.“
Zum Schluss erinnerte der Papst an seinen Vorgänger Benedikt XVI. und seine Gelassenheit im Leiden. Eine Gesellschaft, die das Leid ausblende, verliere ihre Menschlichkeit, zitierte Franziskus in seiner Predigt aus Benedikts Enzyklika Spe salvi: „Das Maß der Humanität […] bestimmt sich ganz wesentlich im Verhältnis zum Leid.“ Franziskus empfahl den entgegengesetzten Weg: „Sich dem Leiden gemeinsam zu stellen, macht uns menschlicher, und den Schmerz zu teilen ist eine wichtige Etappe auf jedem Weg zur Heiligkeit.“
(vatican news – gs)
Anm. Der Artikel wurde nach der Erstveröffentlichung mit dem Besuch des Papstes und weiteren Informationen aktualisiert.
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