Priesterausbildung, lebenslang: Interview mit dem Präfekten der Klerus-Kongregation
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
„Das Dokument zeichnet Grundlinien für die Priesterausbildung vor und erneuert juridisch die Anfangsausbildung in den Seminaren; sie soll das Herzstück einer Erneuerung des priesterlichen Lebens sein – der Berufungspastoral, der Ausbildung in den Seminaren und auch der ständigen Fortbildung der Priester… Der nächste, juridische Schritt besteht darin, dass in den nächsten Jahren jede Bischofskonferenz neue grundlegende Richtlinien für ihr eigenes Land erstellt. Die strukturellen Neuerungen sollen dafür sorgen, dass eine Umkehr des Herzens unsere Art und Weise prägt, wie wir sind und wie wir andere ausbilden.“
Das, was das Vatikanpapier auf weltkirchlicher Ebene skizziere, müsse in jede einzelne Kultur auf je eigene Weise übertragen werden. Dabei solle die jeweilige Ortskirche darauf achten, dass in alle Prozesse auch Familien und Laien einbezogen werden. „Der Mann Gottes ist ein Mensch! Jemand, der von Gott aus barmherziger Liebe ausgewählt wurde. Ein Mensch, ein Getaufter… Er kommt aus unseren Familien, wir kennen ihn – in seiner Menschlichkeit, und in seiner Spiritualität. Ein Getaufter, der seinem Volk dient; seine Weihe ist eine Weihe zum Dienst am Volk Gottes.“
Da wird das Priesterbild näher ans Gottesvolk gerückt – und gleichzeitig die Mauer des Priesterseminars aufgebrochen: „Das ist das neue Paradigma in der Ratio fundamentalis. Wenn man von Ausbildung spricht, dann spricht man nicht nur von Seminaren – das Leben selbst ist Ausbildung, und die Ausbildung dauert das ganze Leben! Sie beginnt mit der Taufe, geht weiter in der Familie und der Pfarrei oder einer Bewegung. In einem bestimmten Moment des Lebens vermittelt dann das Seminar eine spezifische Ausbildung für einen bestimmten Dienst – aber nach der Priesterweihe kommt dann die Phase der ständigen Weiterbildung, die längste Phase. Die Ausbildung im Seminar ist also die kürzeste, wenn auch die intensivste.“
Wichtig sei, dass zum Priesteramt Berufene sich immer als Teil einer Gemeinschaft wahrnehmen könnten – zunächst in der Familie, aber eben auch im Priesterseminar. Hier kam Jorge Patron Wong auf den Punkt zu sprechen, der schon einiges Aufsehen erregt hat, weil er in einigen europäischen Diözesen zur Schließung von Seminaren führen könnte: Auch im Priesterseminar muss es eine wirkliche Gemeinschaft geben, und dazu braucht es nun mal eine Mindestzahl von Kandidaten.
„Der Priester wird in einer Gemeinschaft, nämlich der Familie, geboren; er gehört zu einer Gemeinschaft, nämlich der Kirche. Und das Seminar ist eine zweite Familie für ihn – eine spezifische Gemeinschaft, wo andere, von Gott berufene junge Leute mit der Hilfe der Ausbildenden zusammenleben und eine Gemeinschaft von Jüngern bilden. Darum braucht es eine hinreichende Zahl von Seminaristen, und auch eine stabile Zahl von Vollzeit-Ausbildern, damit sich wirklich eine Familie bildet.“
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.