„Palliativ-Behandlung ist keine Euthanasie!“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben eröffnete im Vatikan einen internationalen Kongress zur sogenannten Palliativmedizin. Dabei ließ er wissen, dass seine Akademie eine internationale Arbeitsgruppe ins Leben gerufen hat. Sie soll weltweit für eine „Kultur der Begleitung“ von Todkranken eintreten.
„Sowohl Johannes Paul II. als auch Benedikt und Franziskus lag bzw. liegt dieses Thema am Herzen“, sagt Paglia in einem Telefoninterview mit Vatican News. „Aber einen Kongress in dieser Größenordnung richten wir zum ersten Mal aus. Es scheint uns nämlich nötig, einmal auf strukturierte, vertiefte Weise über das Phänomen der Palliativ-Medizin nachzudenken. Sie ist die inzwischen wohl wichtigste Form der Begleitung von Menschen, die sich anschicken zu sterben. Die Fortschritte in der wissenschaftlichen Forschung haben nämlich nicht nur das Leben verlängert, sie verlängern auch die letzten Lebensmomente, und darum kommt es zur Angst vor Schmerzen und auch vor Einsamkeit. Das verlangt nach einem neuen Bewusstsein auf Seiten der Gesellschaft.“
Leider nur wenig Kommunikation über dieses Thema
Patienten könnten zwar „unheilbar krank“ sein, so der Bischof – aber „unbehandelbar“ sei niemand. Hier könne die Medizin geradezu „ihre humanistische“, also auf die ganzheitliche Pflege des Menschen ausgerichtete, „Berufung“ wiederentdecken. Jede Menschenwürde gelte es zu schützen, egal wie krank jemand sei.
„Palliativ-Behandlung ist– anders, als man oft hört – keineswegs nur eine Schmerzlinderung, sie ist sehr viel umfassender. In dem Moment, wo es nicht mehr möglich ist, noch irgendetwas für den Sterbenden zu tun, helfen sie dabei, dass er noch präsent ist. Dass Ärzte, Angehörige, Freunde ihn wirklich noch begleiten können in diesem vielleicht schwierigsten Moment des Lebens, mit Zuneigung, Liebe und auch – soweit möglich – ärztlichem Beistand.“
Das Engagement im Vatikan für die Palliativ-Medizin ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist das Nein der kirchlichen Lebensschützer zur Euthanasie. Bischof Paglia findet es unsäglich, dass Palliativ-Medizin und Euthanasie manchmal in einen Topf geworfen werden.
„Das kommt vor, weil es leider nur wenig Kommunikation über dieses Thema gibt. Umso wichtiger ist es zu unterstreichen, welchen Unterschied es da gibt. Palliativ-Medizin begleitet, Euthanasie unterbricht. Das ist etwas ganz anderes! Man weiß zu wenig über die Palliativ-Medizin. Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Italien hat ein herausragendes Gesetz über Palliativ-Medizin, aber wer kennt es schon? Und wer fragt dann schon im entscheidenden Moment nach Schmerzbehandlung, und wer praktiziert sie?“
Der Blick des Vatikans ist aber nicht nur auf Italien gerichtet. „Ich bin froh darüber, dass der Kongress Spezialisten aus 38 Ländern zusammenbringt. Unser Ziel ist es, auf internationaler Ebene – wenn möglich, weltweit – das Wissen um die Palliativ-Medizin zu verbreiten, damit die Medizin auch in diesem Bereich weitere Fortschritte macht. Es geht hier um die letzten Momente des Lebens von uns allen. Unsere heutige Welt braucht dringender denn je eine Kultur der Begleitung in diesen letzten Momenten.“
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