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„Säkulare Wallfahrt“: Vatikan auf der Architektur-Biennale

„Vatican Chapels“: Unter diesem Motto steht der Pavillon, mit dem der Vatikan dieses Jahr an der Internationalen Architektur-Biennale von Venedig teilnimmt. Einzelheiten wurden an diesem Dienstag bekannt.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Es ist eine Premiere: Der Heilige Stuhl hat seit einer „Großausstellung industrieller Werke aller Nationen“ 1851 in London – damals hieß er noch Kirchenstaat – schon an vielen Weltausstellungen teilgenommen; seit 2013 ist er auch auf der Kunst-Biennale von Venedig vertreten. Auf der Architektur-Biennale dort gab es allerdings noch nie einen Vatikan-Pavillon, und das ändert sich dieses Jahr.

„Zum ersten Mal tritt der Heilige Stuhl, der die katholische Kirche in ihrer Universalität vertritt, in den Bereich der Architektur-Biennale“, sagte Kardinal Gianfranco Ravasi, der Präsident des Päpstlichen Kulturrats, vor Journalisten. „Auf der faszinierenden Insel San Giorgio in der Lagune werden nicht etwa Grafiken oder Modelle gezeigt, sondern eine Abfolge von zehn Kapellen in einem Waldstück. Diese Kapellen sind alle mit einem Ambo und einem Altar ausgestattet. Sie zu besuchen, soll eine Art Wallfahrt sein – nicht unbedingt religiös, durchaus auch eine säkulare Wallfahrt.“

Zu dieser Wallfahrt lade der Vatikan alle ein, „die die Schönheit, die Stille, die innere Stimme, die Geschwisterlichkeit, aber auch die Einsamkeit wiederentdecken“ wollten. Das Waldstück könne dabei als eine Art „kosmischer Tempel“ dienen, raunte Ravasi.

„Der große Code der westlichen Kultur“

„Der Abfolge der Kapellen geht ein emblematischer Bau voraus: die „Kapelle im Wald“ des schwedischen Architekten Gunnar Asplund. Sie wird in den Projektzeichnungen vorgestellt, nach fast einem Jahrhundert – sie ist von 1920 – und von einer anderen Region herkommend, ein Beleg für die ständige Suche der Menschheit nach dem Heiligen innerhalb des Horizonts der Natur. Um diese Inkarnation des Heiligtums in der Geschichte aufzuzeigen, den Dialog mit der Vielfalt von Kulturen und Gesellschaften, aber auch, um die Katholizität, also die Universalität der Kirche zu bekräftigen, haben wir auf die Insel San Giorgio Architekten mit verschiedenen Herkünften und Erfahrungen eingeladen.“

Außer aus Europa kommen diese Architekten, die die „Vatican Chapels“ bauen, aus Japan, Australien und den beiden Amerikas, kündigte Kardinal Ravasi an.

Mit der ihn kennzeichnenden Beredsamkeit warb der norditalienische Kardinal für ein neues Zusammengehen von Kirche und Kunst. „Im letzten Jahrhundert ist es zu einer schmerzhaften Spaltung zwischen Kunst und Glauben gekommen; lange waren sie Schwestern gewesen, so dass Marc Chagall formulieren konnte, die Maler hätten jahrhundertelang ihren Pinsel in dieses bunte Alphabet eingetaucht, das die Bibel sei. Von einem „großen Code“ der westlichen Kultur sprach ein anderer Künstler, William Blake. Doch mittlerweile sind die beiden Straßen auseinandergelaufen; die Kunst hat den Tempel verlassen, und die Theologie glaubte auf einmal, keine Zeichen oder Metaphern mehr zu benötigen.“

Kardinal Ravasi sprach „von dem Wunsch nach einer neuen Begegnung zwischen Kunst und Glauben“, von einem „Dialog“, der im Bereich der Architektur „durchaus schon wichtige Ergebnisse gezeitigt“ habe.

„Schönheit als religiöser Weg“

„Die erste Teilnahme der katholischen Kirche an der Architektur-Biennale von Venedig geschieht unter dem Pontifikat von Papst Franziskus. Dieser hat in seiner Programmschrift Evangelii gaudium von einer Rückbesinnung auf die via pulchritudinis gesprochen: die Schönheit als religiöser Weg… Der Papst ermuntert dazu, die neuen Zeichen, die neuen Symbole, die neuen Formen der Schönheit in den verschiedenen kulturellen Bereichen zu nutzen, um das Wort Gottes weiterzugeben.“

Auch der Kurator des Vatikan-Auftritts in Venedig, Professor Francesco Dal Co, ergriff vor den akkreditierten Vatikanjournalisten das Wort. „In unserer Kultur wird die Kapelle normalerweise als kleinere Einheit in einem größeren Innenraum wahrgenommen – in einer Kathedrale oder einer Kirche. Darum verlangen wir von den eingeladenen Architekten etwas Ungewöhnliches: Ihre Kapellen stehen allein und eigenständig, nur von Natur umgeben, offen zum Wasser der Lagune hin. Das ist noch radikaler als bei Asplund, der seine Kapelle ebenfalls zwischen Bäumen, aber im Innern eines Friedhofs konzipierte.“

Die eingeladenen Architekten hätten sich also beim Entwerfen ihrer Kapellen nicht auf den allgemein eingeführten künstlerischen Kanon beziehen können. Das habe zu einer großen Vielfalt an Projekten geführt, so Dal Co.

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20. März 2018, 11:22