„Wohnt Gott hier nicht mehr?“
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
„Ich glaube, es passiert jedem – etwa jetzt, wenn wir in den Ferien herumfahren –, dass er Kirchen sieht, die nicht mehr als solche genutzt werden“, sagt uns Bischof Nunzio Galantino, Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz. „Viele Dörfer, in denen weiter eine Kirche steht, sind heute kaum noch bewohnt; die Zahl der Kirchenbesucher geht zurück, und natürlich spielt auch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit eine Rolle – wer wollte das bestreiten? Und dazu kommt der Mangel an Personal, das diese Kirchen aktiv und lebendig erhalten könnte.“
Am 29. und 30. November werden sich Fachleute von Bischofskonferenzen vor allem aus Europa und den USA mit diesen Fragen beschäftigen. Worin könnte ein nachhaltiger Umgang mit solchen früheren Kirchengebäuden bestehen?
Allein in Italien gibt es 65.000 Kirchen - mindestens
„Der Kongress vom November wird gemeinsam vom Päpstlichen Kulturrat, der Italienischen Bischofskonferenz und der Päpstlichen Universität Gregoriana durchgeführt“, sagt uns Ottavio Bucarelli von der Gregoriana. „Er will eine Antwort geben auf das Phänomen der Profanierung und Umnutzung von Kirchen, das vor allem im westlichen Teil der Welt immer mehr um sich greift.“
Die Herausforderung ist immens: Allein in Italien gibt es rund 65.000 Kirchen – und dabei sind die in staatlichem oder in Privatbesitz noch gar nicht mitgezählt. Wieviele dieser Kirchen längerfristig nicht mehr zu halten sind, ist unklar, dazu gibt es laut Galantino noch keine systematischen Untersuchungen.
Lieber als ein Shoppingcenter oder ein Pub
Sollte man Eintrittsgelder für Kirchen erheben, zumindest für historisch oder kulturell besonders wichtige? Dagegen sperrt sich der Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz. Auch wenn so ein Ticket längst Praxis ist, etwa für die Kirche Santa Croce in Florenz oder den Dom von Ravello an der Amalfiküste.
Die Umnutzung von Kirchen ist auch eines der Themen des spirituell und strukturell ausgerichteten Erneuerungs- und Entwicklungsprozesses der Erzdiözese Wien. Auf Initiative von Kardinal Christoph Schönborn wurden mehrere wenig frequentierte Kirchengebäude in Wien an orthodoxe Gemeinden. „Es blüht sehr viel christliches Leben in Wien, das nicht direkt zur katholischen Kirche gehört“, so der Wiener Erzbischof. Das aus katholischen Gotteshäusern orthodoxe würden, sei ihm „lieber, als wenn dort ein Shoppingcenter oder ein Pub hineinkommt“.
Ravasi nennt zwei Kriterien
Der Präsident des päpstlichen Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, zum Schicksal umgenutzter Kirchen: „Die Kriterien sind im wesentlichen zwei. Das erste besteht darin, dass die Kirche weiterhin mit gewisser Symbolkraft im Herzen der Gemeinschaft verbleibt. Diese Symbolkraft kann geistlich sein, kulturell oder auch sozial. Das zweite Kriterium lautet: Wenn es zu einer Umnutzung kommt, muss dafür gesorgt werden, dass die Gegenstände aus dem Innern der Kirche in Sicherheit gebracht und zum Beispiel in die Diözesanmuseen überführt werden.“
(vatican news)
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