Interview: „Ratzingers Theologie ist für alle gedacht“
Hendrik Schmiemann - Vatikanstadt
Wir sprachen mit Pierluca Azzaro am Tag vor der Verleihung des diesjährigen Ratzinger-Preises für Theologie im Vatikan; am Samstag nehmen der Architekt Mario Botta und die Theologin Marianne Schlosser diese Auszeichnung entgegen.
„Besonders an der Theologie Ratzingers fasziniert mich, dass sie für alle gedacht ist“, sagte uns Azzaro im Interview. „Joseph Ratzinger will durch seine Bücher den Glauben faszinierend und vernünftig vermitteln. Es ist wirklich eine Erfahrung, wenn man ihn liest und plötzlich zu sich selbst sagt: Dieser Mann hat Recht. Meine Vernunft und mein Herz sagen mir beide: Er hat Recht. Das ist faktisch das Schönste an seinen Werken.“
Stiftung Joseph Ratzinger - Benedikt XVI.
Die Ratzinger-Stiftung ist eine von insgesamt 15 vatikanischen Stiftungen. Ins Leben riefen sie 2007 ehemalige Schüler von Joseph Ratzinger mit dem Einverständnis des damaligen Papstes. In den Jahren ihres Bestehens hat sich die Stiftung entwickelt, referiert Sekretär Azzaro. „Die Vatikanstiftung Joseph Ratzinger ist weniger eine Gemeinschaft der Schüler von ihm. Das ist eher der Fall des Schülerkreises und der deutschen Benedikt-Stiftung. Die Vatikanstiftung setzt sich das Ziel, Ratzingers Theologie in die Dienste der Universalkirche zu stellen. So zu handeln und das Nötige zu tun, damit Ratzingers Theologie wirklich von der Universalkirche benutzt werden kann. Dafür haben wir auch ein Instrument: die Verleihung von Stipendien und die jährlichen Ratzinger-Preise“, so Azzaro.
Neben der Stiftung Joseph Ratzinger Benedikt XVI. existieren auch die Bibliothek Joseph Ratzinger und der Schülerkreis. „Die Bibliothek hier in Rom hat die größte Sammlung von Ratzingers Büchern weltweit. Der Schülerkreis ist ein Ort, an dem sich die Schüler Ratzingers, die neuen und älteren, über sein Denken austauschen können und so weiterdenken können, und die Vatikanstiftung eben ist eine Stiftung, die Ratzingers Denken im Dienst der Universalkirche stellt.“
70 Jahre Menschenrechtserklärung
Dieses Jahr feiert die UN-Menschenrechtserklärung 70. jähriges Bestehen. Das Thema Menschenrechte ist daher auch Thema der diesjährigen Stiftungstagung, die an diesem Freitag endet. „Ratzinger hat sich ja viel mit Menschenrechten beschäftigt. Das wissen vielleicht wenige“, betonte Azzaro. Die Tagung wolle daher nicht nur das Thema Menschenrechte vertiefen, sondern zugleich daran erinnern, dass die katholische Universität LUMSA Ratzinger vor 20 Jahren für seinen Beitrag zur Menschenrechtsdebatte den Ehrendoktortitel verlieh. „Die zwei Angelegenheiten sind insofern verbunden, als gerade heute die Gefahr besteht, dass die Menschenrechte ihren Grund verloren haben: und zwar die Gottesidee. Wenn der Mensch nicht mehr als Geschöpf gesehen wird, sondern als einer, der sich selbst erschafft, dann tauchen Gefahren und Fragen auf, die die bisherige Geschichte in einem solchen Maße nicht gekannt hat.“
Für Azzaro ist die Tagung auch eine Gelegenheit, den emeritierten Papst wieder zu treffen. „Ich sehe ihn ab und zu, aber man kann nicht von einem kontinuierlichen Kontakt sprechen. Ich habe das Privileg, ihn ab und zu treffen. Wer mit ihm natürlich täglich zu tun hat, ist Monsignore Gänswein, sein Privatsekretär, und der sagt uns immer, dass seine Beine nicht mehr funktionieren, aber dass sein Kopf sehr, sehr gut funktioniert. Und das ist schließlich das Entscheidende.“
(vatican news)
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