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Ein deutscher Franziskaner in Rom: Bruder Jürgen Neitzert

Große und kleine Ordensgemeinschaften der katholischen Kirche haben fast alle in Rom ihre Zentrale. So auch die Franziskaner. Seit einem Jahr ist Bruder Jürgen Neitzert aus Deutschland „Generaldefinitor“, eine hohe Funktion im Orden. Wir haben Bruder Jürgen im Franziskaner-Generalat besucht.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Via Santa Maria Mediatrice, die Straße der Gottesmutter als Mittlerin, das ist eine gute Anschrift für eine Ordenszentrale. Versteckt auf einem Hügel hinter dem Vatikan sitzt das Generalat der Franziskaner. Bruder Jürgen lässt sich nicht rufen, er erwartet mich schon. Ein freundlicher, offener und zugewandter Mann in der typischen braunen Kutte der Franziskaner. Seit gut einem Jahr ist er in Rom, erzählt Bruder Jürgen. „Ich bin einer der Ratgeber. In der Ordensleitung sitzt der Generalminister mit seinem Stellvertreter, und dann gibt es acht Ratsmitglieder, die jeweils für ein Gebiet zuständig sind. Ich bin für Mitteleuropa zuständig, für die Länder Niederlande, Frankreich, Belgien, Deutschland, Schweiz, Österreich, Ungarn und Rumänien.“

Hier unser Porträt zum Hören:

Der gut 800 Jahre alte Franziskanerorden zählt heute rund 14.000 Angehörige, und die Brüder sind mit Klöstern und Gemeinschaften in allen Erdteilen vertreten. Bruder Jürgen, der aus der Eifel stammt, ist mit 19 Jahren bei den deutschen Franziskanern eingetreten – und dann hat ihn das Ordensleben an ganz verschiedene Orte und Einsätze geführt.

Mit 19 Jahren eingetreten - und viel herumgekommen

„Ich bin Laienbruder, habe keine Theologie studiert und bin kein Priester, habe nach dem Noviziat Krankenpflege begonnen und sieben Jahre die alten Brüder meiner Provinz gepflegt. Und gleichzeitig mit Gerechtigkeit und Frieden in der Kommission begonnen, von Anfang an; 1980 bin ich in die Kommission Gerechtigkeit und Frieden hineingekommen, die in der Provinz gerade neu gegründet war, und habe diese Arbeit dann fortgeführt bis jetzt vor einem Jahr.“ Doch das ist noch lange nicht alles.

„Ich habe eine Zeitlang in der Türkei gelebt, wir haben Klöster in der Türkei. Wir sind seit 800 Jahren dort und sind auch wie im Heiligen Land als Vertreter der katholischen Kirche immer unter den Muslimen geblieben. Da habe ich seit 1994 Hilfsprojekte gemacht für kurdische Flüchtlinge, zusammen mit kurdischen Freunden, im Südosten der Türkei. Später habe ich in Istanbul gelebt und mich für den interreligiösen Dialog eingesetzt.“

Von der Krankenpflege zur Islamwissenschaft

Bruder Jürgen sattelte ein Studium der Islamwissenschaft drauf. Deshalb spricht er nicht nur so allgemein zugängliche Sprachen wie Englisch, Französisch, Spanisch, und Italienisch, sondern er kann auch Arabisch. Türkisch hat er so nebenbei in der Türkei gelernt – und dann auch in Deutschland gut gebrauchen können.

„In Deutschland habe ich 23 Jahre Jugendarbeit gemacht mit muslimischen Jugendlichen, und auch mit Roma und Flüchtlingen, das hat mir sehr gelegen und war mir sehr nahe. Wir haben auch in einer ganz kleinen Wohnung gelebt, in einem Stadtviertel von Köln, wir haben einen Verein gegründet, der meine Arbeit weitermacht, das hat mir sehr gelegen, und das fehlt mir hier ein bisschen…“

Die Ordenszentrale der Franziskaner

Die Ordenszentrale in Rom ist riesig, aber schlicht, und Bruder Jürgen führt mich gerne durch Haus und Garten. Der Bau entstand in den Jahren 1944 bis 1947, unmittelbar nach dem Ende des Krieges in Italien; die Arbeiter müssen glücklich gewesen sein, wieder eine friedliche Beschäftigung gefunden zu haben, die ihrer Ausbildung entsprach, mutmaßt der Franziskaner. In der achteckigen Kirche gibt es einen Kreuzweg des berühmten italienischen Bildhauers Giacomo Manzù, die Wände zieren Mosaiken und schöner Marmor. Heute, sagt Bruder Jürgen, wäre der Orden sicher nicht mehr dazu in der Lage, eine so kostbare Kirche zu errichten; der Bettelorden erholt sich gerade von einer massiven ökonomischen Krise. Auch einen schönen, großen Garten hat die Ordenszentrale, wie könnte es anders sein bei einem Franziskanerkloster, mit Oliven- und Orangenbäumen, vier Füchse leben hier und werden vom Gärtner gefüttert, erzählt Bruder Jürgen.

Dass 800 Jahre nach Franz von Assisi ein Papst den Namen des großen italienischen Heiligen angenommen hat, erfüllt Bruder Jürgen mit Freude. Gerade der Gedanke der Schöpfungsverantwortung, den Papst Franziskus neu ins Spiel gebracht hat, ist aus seiner Sicht zentral in der christlichen Botschaft für die Welt heute.

„Die Enzyklika Laudato Si ist sagenhaft. Wir arbeiten viel damit. Auch wir wollen unseren Lebensstil ändern“

„Die Schöpfung ist im Moment bedroht wie nichts Anderes. Der Papst hat deswegen die Enzyklika Laudato Si geschrieben, die anfängt mit den Worten des Sonnengesangs von Franziskus. Laudato si, sei gepriesen, Herr, für Schwester Sonne. Auch Papst Benedikt hat eigentlich schon vieles zur Ökologie gemacht. Aber Franziskus hat es nochmal besonders aufgegriffen. Die Enzyklika ist sagenhaft. Wir arbeiten viel damit und haben sie auch gut verbreitet unter den Franziskanern. Auch wir wollen unseren Lebensstil ändern, etwa hier das Haus ökologisch umgestalten. Der Impuls dazu kam aus der Enzyklika - das ist für uns ein großer Impuls vom Papst.“

(vatican news)

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06. Dezember 2018, 14:44