Schwester Maria Theresia Hörnemann, Leiterin der Steyler Missionsschwestern Schwester Maria Theresia Hörnemann, Leiterin der Steyler Missionsschwestern 

Ordensoberin nach Kinderschutzgipfel: „Arbeit ist noch nicht zu Ende“

Die deutsche Ordensoberin Maria Theresia Hörnemann hat als eine von zehn Vertreterinnen der Frauenorden an der Kinderschutzkonferenz im Vatikan teilgenommen. Sie kann Opfervertreter verstehen, die enttäuscht sind von den fehlenden konkreten Folgen des Gipfels, sagt aber auch: die Arbeit ist noch nicht zu Ende.

Im Gespräch mit Gudrun Sailer bilanziert die Leiterin der Steyler Missionsschwestern die viertägige Konferenz mit diesen Worten:

Zum Nachhören

Schwester Maria Theresia Hörnemann: „Ich fand positiv, dass Vertreter von der ganzen Welt da waren und es so eine Art von allgemeiner Bewusstseinsbildung gab, dass das ein Topthema ist auch für den Vatikan, darüber zu sprechen. Wenn ich zurückschaue: es ist ein Schritt vorwärts von vielen in Richtung Schutz für Kinder.“

Vatican News: Worin genau bestand für Sie dieser Schritt?

Hörnemann: „Dass wir das Thema offen angesprochen haben. Prävention war ein wichtiges Thema. Aber das setzt voraus, dass ich erstmal sehe, was ist die Situation, sonst kann ich nichts tun. Es war auch in unserer Gruppe anfangs spürbar, dass das wirklich für alle ein Thema ist.“

Vatican News: Wie haben Sie das wahrgenommen?

Hörnemann: „Weil manche in der Gruppe gesagt haben am Anfang, das ist nicht unser Hauptthema, wir haben andere Probleme, mit Kindersoldaten, Kinderhandel, das ist wichtiger bei uns. Wir haben dann gesagt – ja aber hier sind wir direkt als Kirche beteiligt an dieser Sache. Und da ist Veränderung geschehen, dass die dann langsam mehr zugehört haben und gefragt haben, was müssen wir machen, damit wir das verhindern können? Da war mehr Offenheit, darüber zu sprechen.“

Vatican News: Und was war dafür der Auslöser?

Hörnemann: „Eines war das Zuhören von Betroffenen, von Anfang an. Am ersten Morgen haben wir fünf Stimmen gehört, die Personen haben wir nicht gesehen, von allen Kontinenten, wo Betroffene gesprochen haben, was ihnen passiert ist. An jedem Abend war dann eine Person zum Abschluss des Tages da, die kam, die war präsent, zweimal ein Mann und einmal eine Frau, die ihr Schicksal, den Missbrauch, erzählt haben. Das war sehr stark.“

Vatican News: Drei von neun Rednern in diesen Tagen waren Rednerinnen, das ist ein ungewöhnlich hoher Frauenanteil bei dieser Art von Versammlung, die eine Quasi-Bischofssynode war. Etliche Bischöfe lobten nachher ausdrücklich die Beiträge der Rednerinnen. Wie haben Sie diese Gender-Differenz beim Sprechen über Missbrauch im Vatikan wahrgenommen?

Hörnemann: „Für uns ist das nicht so neu, Frauen zu hören...! Wenn wir eine Veranstaltung haben, laden wir schon auch Männer ein, aber wir achten darauf, dass zumindest auch Frauen zu den Rednern gehören. Aber ich habe das dort gespürt, das ist einfach anders, wenn eine Frau spricht, ich kann das auch nicht beschreiben, in diesem Fall würde ich sagen, die Frauen waren konkreter. Was ist die Tatsache, was ist zu machen. Die anderen Vorträge waren auch gut, aber da ist oft auch viel Theorie und Reflektion dabei, was ja auch seinen Platz hat.“

Vatican News: Viele Opfervertreter waren nach Rom gereist und haben eine Art Parallel-Konferenz gehalten. Sie sind enorm enttäuscht über das Ergebnis der Konferenz. Können Sie die Enttäuschung nachvollziehen?

Hörnemann: „Ich kann das in mancher Hinsicht gut verstehen, weil sie sehr lange gebraucht haben, zu reden. Einer sagte, das war schon verjährt, als ich das angesprochen habe. Auf der anderen Seite wüsste ich auch im Moment nicht, wie man das verbinden könnte. Also einerseits kann ich es verstehen, auf der anderen Seite: Ich sehe nicht, dass die Konferenz keine Konsequenzen hat – dass da jetzt nicht noch etwas Konkretes folgt. Die Organisatoren arbeiten weiter, sie arbeiten aus, was konkret getan werden muss als nächste Schritte.“

Vatican News: Eine neue Form von Missbrauch in der Kirche, über die man gerade erst anfängt zu reden, ist Missbrauch an Ordensfrauen durch Priester. Wie stehen die Ordensoberinnen zu diesem Problem?

Hörnemann: „Das Problem haben wir besprochen, neu kam es auf, weil der Papst es angesprochen hat. Schon davor hatten wir es thematisiert. Daraufhin haben wir von der UISG die verschiedenen Ordensgemeinschaften angeschrieben und gesagt, bitte, wenn ihr so einen Fall habt, beschreibt das in einem kurzen Report, sodass wir Fakten haben, wenn wir damit zum Vatikan gehen. Denn wir haben nichts in der Hand.“

Vatican News: Bei den Oberinnen ist der Zugang also nicht: wir kennen die Fälle, aber wir regeln das unter uns, sondern: wir versuchen herauszufinden, um besser helfen zu können?

Hörnemann: „Genau. Um damit zu sehen, was für Schritte wir machen müssen. Der Schwester müssen wir helfen, aber wenn der Priester beschuldigt ist, was müssen wir tun, damit das bekannt wird.“

Vatican News: Es ist von den Zahlen her kein besonders drängendes Problem?

Hörnemann: „Wir hätten gedacht, dass wir mehr Informationen bekommen. Soviel ich weiß, haben wir bis jetzt sehr wenige konkrete Fälle bekommen. Wir sammeln das. Ich kann mir vorstellen, dass das für viele Schwestern kulturbedingt nicht einfach ist. Nicht so sehr im europäischen Raum, die gehen immer mehr an die Öffentlichkeit, weil das Thema nicht mehr so tabu ist hier bei uns. Ich merke, dass Leute eher darüber sprechen. Aber es bleibt immer ein Thema, über das es nicht einfach ist zu sprechen.“

Schwester Maria Theresia Hörnemann nahm als Angehörige der Internationalen Vereinigung der Ordensoberinnen (UISG) an dem Treffen im Vatikan teil. Die Organisatoren hatten alle zehn Angehörigen des Leitungsgremiums der Vereinigung eingeladen, eine von ihnen - die Nigerianerin Veronica Openibo - hielt eines der neun Referate. Die UISG hofft, in Zukunft auch zu regulären vatikanischen Bischofssynoden eingeladen sowie mit Stimmrecht ausgestattet zu werden, betonte die Vorsitzende Carmen Sammut bei einer Pressekonferenz am Montag in Rom. 

(vatican news)

 

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25. Februar 2019, 15:43