Kardinal Tagle: „Glaube, der Leid nicht sehen will, ist nur Illusion"
Mit diesen Worten kennzeichnete der erste Redner bei der Konferenz, Kardinal Luis Antonio Tagle, die Situation, in der sich die Kirche und in der sich die Verantwortlichen finden. Fehlendes Eingehen auf das Leiden, die Ablehnung der Opfer, das Wegschauen und das Vertuschen hätten die Beziehung der Verantwortlichen zu denen, denen sie eigentlich dienen sollen, beschädigt.
Glaube, der seine Augen vor dem Leiden verschließe, sei eine bloße Illusion, begann der Erzbischof von Manila seine Ausführungen, in denen er sich auch mehrfach auf den tschechischen Priester, Theologen und Philosophen Tomas Halik bezog. Es gehe im Umgang mit der Krise darum, die Wunden zu sehen und die eigenen Fehler anzuerkennen. Alle müssten Verantwortung übernehmen, damit es zu Heilung kommen könne.
Immer wieder erinnerte Kardinal Tagle an das Leiden und die Auferstehung Jesu; das religiöse Fundament von Glaube und Kirche müsse auch im Zentrum aller Überlegungen und Handlungen sein, die auf Missbrauch und den Umgang damit zielen.
Verleugnung der Wunden führt zu noch mehr Schmerz und Leid
Wie die Wunden Jesu nach der Auferstehung die Jünger an ihren eigenen Verrat erinnert hätten, so geschehe das auch beim Blick auf die Wunden, die durch Missbrauch und Vertuschung entstanden seien; sie seien schmerzhaft anzusehen. Aber es führe kein Weg darum herum, eine Verleugnung der Wunden führe nur zu noch mehr Schmerz und Leiden.
Natürlich brauche es dazu vor allem auch Gerechtigkeit, aber die allein heile noch nicht. Das Leiden gehe tiefer und brauche deswegen solidarische Begleitung - in der Geschwindigkeit derer, die durch Missbrauch gelitten hätten oder leiden.
„Indem wir auf den durch Verrat und Machtmissbrauch verwundeten Jesus schauen, sehen wir Wunden. Sie wurden von denen geschlagen, die missbraucht haben - aber auch von denen, die hätten schützen sollen“, schloss Kardinal Tagle seinen sehr geistlich gehaltenen Eingangsvortrag. Dieser Blick helfe der Kirche, eine „Gemeinschaft der Gerechtigkeit zu werden, die durch Gemeinschaft und Mitgefühl geprägt wird“.
(vatican news – ord)
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