Vergebungsbitte an Roma steht in bester päpstlicher Tradition
Andrea Tornielli – Vatikanstadt
Bei der letzten Begegnung seiner Reise nach Rumänien hat Papst Franziskus die Gemeinschaft der Roma um Vergebung für historisches Unrecht gebeten. An ihrem Leid seien auch Katholiken nicht unbeteiligt, sagte der Papst. „Im Namen der Kirche bitte ich den Herrn und euch um Vergebung dafür, wenn wir euch im Laufe der Geschichte diskriminiert, misshandelt oder falsch angeschaut haben“, so Franziskus.
Diese Vergebungsbitte steht in einer Tradition, die sich in der katholischen Kirche seit einem halben Jahrhundert etabliert hat. Der erste Papst, der die Aufmerksamkeit auf diese Volksgruppe lenkte, war der heilige Paul VI. Er feierte am 26. September 1965 eine Heilige Messe in einem Roma-Camp bei Pomezia südlich von Rom. Dabei erinnerte der Papst an die Misshandlungen, Diskriminierungen und Verfolgungen dieser Menschen. Ein „mea culpa“ sprach er nicht aus, aber es war der Papst, der die Zeit der Vergebungsbitten an die anderen christlichen Konfessionen für einige dunkle Seiten der Vergangenheit einleitete. „Gib, dass die Christen bereuen können, was sie in Worten und Taten gefehlt haben. Manchmal haben sie sich leiten lassen von Stolz und Hass, vom Willen, andere zu beherrschen, von der Feindschaft gegenüber den Anhängern anderer Religionen und den gesellschaftlichen Gruppen, die schwächer waren als sie, wie etwa den Einwanderern und Zigeunern.“
Auch Benedikt XVI. brachte Aufmerksamkeit und Verständnis für diese Gemeinschaften zum Ausdruck. Er begrüßte am 11. Juni 2011 Vertreter verschiedener ethnischer Gruppen von Roma und Sinti und sagte ihnen: „Ihr habt leider im Laufe der Jahrhunderte den bitteren Geschmack der Ablehnung und manchmal auch der Verfolgung kennengelernt. Das europäische Gewissen kann so viel Schmerz nicht vergessen! Nie mehr darf euer Volk Gegenstand von Unterdrückung, Ablehnung und Verachtung werden!“
Nun hat sein Nachfolger Franziskus den bereits skizzierten Weg fortsetzt und erneut ausdrücklich um Vergebung gebeten. Ähnliches hatte er bereits bei seiner Mexiko-Reise den Indigenen in Chiapas 2016 unterbreitet sowie im August 2018 angesichts des Skandals des Kindesmissbrauchs in der katholischen Kirche.
Kritik an Johannes Paul II.
Es ist nicht immer einfach oder schmerzlos, den Weg derer zu gehen, die um Vergebung bitten. Papst Johannes Paul II., der systematisch in die Fußstapfen des Konzils und von Paul VI. trat, hat in der Kirche verschiedentlich Kritik dafür erfahren. Der polnische Papst hatte im Laufe seines Pontifikats Dutzende von Bitten um Vergebung ausgesprochen. Er hatte von den Kreuzzügen gesprochen, von einer gewissen Duldung der Katholiken gegenüber den Diktaturen des zwanzigsten Jahrhunderts, von den Spaltungen zwischen den Kirchen, von der Misshandlung der Frauen, vom Prozess gegen Galileo und der Inquisition, von der Verfolgung der Juden, von den Religionskriegen, vom Verhalten der Christen gegenüber Indigenen und Afrikanern.
Für Christen ist es normal, oder sollte es normal sein, um Vergebung zu bitten, sich selbst als Sünder zu erkennen, die ständig der Reinigung bedürfen. Und selbst wenn die Fehler immer persönlich waren und bleiben, versucht die Kirche in jedem Zeitalter, die Botschaft des Evangeliums besser zu verstehen und zu leben, indem sie sich der falschen Schritte und der begangenen Fehler bewusst wird.
Jesus stand auf der Seite der Opfer, nicht der Henker
Der häufigste Einwand gegen Vergebungsbitten für weit zurückliegende Verfehlungen lautet, man dürfe jene, die uns vorangegangen sind, nicht im Licht heutiger Sensibilität beurteilen. Allerdings war es auch in vergangenen Jahrhunderten möglich zu verstehen, wie einige oft ungehörte Propheten es taten, dass Jesus immer auf der Seite der Opfer und nie der Henker war. Und dem Apostel Petrus, der dem Diener des Hohenpriesters das Ohr abgeschnitten hatte, um ihn zu verteidigen, befahl er, das Schwert wieder in die Scheide zu stecken.
(vatican news – gs)
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