Wie kommt der Segen in die Urkunde?
Teresa Roelcke - Vatikanstadt
„Ich bin gekommen, um für den Neffen einer meiner Mitschwestern einen Segensbrief zu erbitten: Er lebt in Amerika. Der Segensbrief ist für den 10. Jahrestag seiner Priesterweihe,“ erzählt eine Ordensschwester. Sie steht im Büro des Päpstlichen Wohltätigkeitdienstes, der Elemosineria Apostolica.
Schaut man sich in diesem Büro um, dann lächelt einem Papst Franziskus in mindestens fünfzigfacher Ausfertigung von der Wand herab an. Papstbildnisse sind im Vatikan natürlich keine Seltenheit, aber eine so hohe Konzentration auf etwa 30 Quadratmetern? Da muss der päpstliche Segen schon besonders präsent sein.
Genau darum geht es in diesem Büro: Hier können Gläubige Pergamente mit dem Päpstlichen Segen erwerben. In der Mitte eines jeden Pergaments ist der Papst abgebildet – daher die vielen Franziskusgesichter an den Wänden. Hier werden die unterschiedlichen Modelle ausgehängt, zwischen denen die Antragsteller wählen können. Groß oder klein, für runde Geburtstage, Eheschließungen, Priesterweihen, Ordensprofessjubiläen oder zur Taufe. Zwischen 16 und 24 Euro kosten die unterschiedlichen Formate. An einem Schalter nehmen Mitarbeiterinnen die Anträge entgegen. Zwei ältere Ordensschwestern haben gerade ihre ausgefüllten Formulare eingereicht.
Vor Ort, online oder per Post
Schwester Rosaria berichtet: „Wir haben alle erforderlichen Informationen abgegeben und sie haben uns registriert. In acht bis zehn Tagen können wir wiederkommen, um die Pergamente abzuholen.“
Man kann die Pergamente auch online bestellen und sie sich dann per Post zuschicken lassen. Neben den Namen der Person, die den Segen empfangen soll, fragt der Antragsbogen die Heimatgemeinde ab und natürlich den Anlass, zu dem der Segen erbeten wird.
Schwester Rosaria: „Heute habe ich ganz schön viel bezahlt: Siebzig Euro! Aber es waren eine Hochzeit und viele Jubiläen…“ „Wirklich sehr viel Segen heute!“, ergänzt ihre Mitschwester Margret.
Viele Segen – aber wie kommt der Segen in den Segensbrief? Praktisch ist es doch kaum möglich, dass der Papst höchstpersönlich das Kreuz über jedem Pergament schlägt und so den Segen in das Papier versenkt?
„Wir glauben“, sagt Schwester Margret. „Der Segen kommt doch sowieso – weil wir ihn in unseren Herzen wünschen.“
Ein Blick in das Kleingedruckte des Antragsformulars fördert eine andere Herleitung zutage:
„Der Päpstliche Wohltätigkeitsdienst ist ein Amt des Heiligen Stuhls, dessen Aufgabe darin besteht, im Namen des Papstes Werke der Nächstenliebe zugunsten der Armen zu leisten. Um Fonds für diese karitativen Werke zu sammeln, hat Papst Leo XIII. dem Almosenpfleger die Befugnis erteilt, mit seiner Unterschrift und seinem Stempel versehene Apostolische Segensdokumente auszustellen. Diesbezüglich ist anzumerken, dass der Päpstliche Segen gänzlich unentgeltlich gewährt wird und sich die Kosten allein auf das Dokument, auf seine Erstellung und den Versand beziehen, sowie einen Beitrag für caritative Zwecke des Heiligen Vaters beinhalten. Der Erlös wird ausschließlich für die wohltätigen Zwecke des Papstes verwendet.“
Haarschneidedienst für Obdachlose
Duschen für Obdachlose in den Kolonnaden des Petersplatzes, ein Haarschneidedienst für den gleichen Personenkreis, Suppenküchen, Ausflüge für Obdachlose ans Meer und Eis am Namenstag des Papstes - das ist ein kleiner Ausschnitt der wohltätigen Zwecke, für die das Almosenamt seine Einnahmen verwendet. Es spendet auch an Krisengebiete in der ganzen Welt und erhört individuelle Bittbriefe.
Für Papst Franziskus hat die kleine Institution einen hohen Stellenwert: 2018 beförderte er Konrad Krajewski, den Leiter des päpstlichen Wohltätigkeitsdienstes, zum Kardinal – verbunden mit der Ankündigung, dass das Amt des Almosenpflegers künftig immer mit Kardinalsrang ausgestattet sein solle, genau wie das des Präfekten der Glaubenskongregation. Die beiden Institutionen seien schließlich gleichermaßen „die langen Arme des Papstes“. Vorher hatte der Almosenpfleger lediglich den Rang eines Erzbischofs.
Keine Lizenzen für Devotionalienhändler
Dem Konto des Almosenamts gehe es dann gut, wenn es leer sei, denn dann könne man es auffüllen. Auch diese Aussage stammt von Papst Franziskus. Diese Prioritätensetzung führt allerdings auch zu einem erhöhten Finanzbedarf, der gedeckt werden muss. 2013, also im ersten Amtsjahr von Papst Franziskus, soll das Almosenamt insgesamt etwa 2 Millionen Euro an Hilfsbedürftige verteilt haben. Woher kommt also das ganze Geld? Teilweise wohl aus einem erhöhten Verkauf von Segensurkunden: Seit dem 1. Januar 2015 darf nur noch das Almosenbüro selbst Segensurkunden ausstellen – vorher hatten auch einige Devotionalienhändler rund um den Petersplatz Lizenzen dafür und erhielten demnach auch einen Teil der Einkünfte. Der Lizenzentzug führte zu einigem Unmut unter den Händlern, die sich in ihrer Existenz bedroht sahen.
Don Tatiano, ein junger Priester, der ebenfalls gerade einen Segensbrief beantragt hat, findet, der Segen in den Segensbriefen komme sowieso eher daher, dass der Erlös für wohltätige Zwecke verwendet werde, als durch den direkten Kontakt mit dem Papst:
„Wir haben einen Segensbrief erbeten, weil wir wissen, dass es seit jeher die Aufgabe des Papstamtes ist, den Armen zu essen zu geben. Wohltätigkeit ist die Basis von allem und von jedem Segen! Gott lerne ich durch die Nächstenliebe kennen, mit der ich meinem Bruder begegne.“
(vatican news)
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