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Andreas Gottsmann, Leiter des Österreichischen Historischen Instituts in Rom Andreas Gottsmann, Leiter des Österreichischen Historischen Instituts in Rom 

Vatikanarchive: Österreichischer Historiker am Kalten Krieg interessiert

Nach der Öffnung der Vatikanarchive zum Pontifikat von Pius XII. erwartet der Direktor des Österreichischen Historischen Instituts in Rom, Andreas Gottsmann, die interessantesten Forschungsergebnisse aus der Zeit nach dem Krieg. Der Historiker nannte den Eisernen Vorhang östlich Wiens, an dessen Fall der spätere Wiener Erzbischof Kardinal Franz König mitarbeitete, sowie innerkirchlich die Frage des Missbrauchs in den 1950er Jahren.

Das Pius-Pontifikat dauerte von 1939 bis 1958, fast zwei Jahrzehnte. Gerade in der Zeit nach dem Krieg stellten sich „viele Fragen, die bis heute nicht so gut erforscht sind“, sagte Gottsmann, „vor allem die Trennung Europas in Ost und West, der Kalte Krieg, der Eiserne Vorhang – Fragen, die Österreich besonders betreffen, wo später Kardinal König engagiert war. Da gibt es viele Details, was in jener Zeit ja nicht bekannt gemacht werden konnte, und die bis heute in den Quellen verborgen ist.“

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1956 berief Papst Pius XII. Franz König zum Erzbischof von Wien. Der Kardinal machte es sich zur Aufgabe, „die Kommunikation auf kirchlicher Ebene mit dem kommunistischen Staaten des Ostblocks aufrechtzuerhalten“, erläuterte Gottsmann. „Das war in der Situation nicht einfach, verlangte viel Fingerspitzengefühl, keine zu große Publizität. Das ist sicher eine interessante Frage, wo ich mir aus den Dokumenten des Vatikans einiges erwarte“.

Offene Forschungsfrage Missbrauch

Ein offenes Forschungsfeld sieht Gottsmann auch in der Frage, wie die katholische Kirche in den späten 1940er und 1950er Jahren mit dem Thema Missbrauch an Schutzbefohlenen umging. Überraschende Befunde seien „wohl zu erwarten, vor allem wenn man die gesamtgesellschaftliche Einstellung gegenüber diesen Problemen – die mit einem Autoritätsverhältnis zu tun haben – in den 1950er Jahren betrachtet, wo [Missbrauch] bis zu einem gewissen Punkt überhaupt nicht kriminalisiert war. Deshalb sind in diesem Punkt viele Neuigkeiten zu erwarten, was heute nicht so bekannt ist.“

Das nach wie vor hohe Interesse der Öffentlichkeit am Themenkomplex Vatikan und Holocaust während des Krieges, das mit der Freigabe der Vatikanarchive bis 1958 an diesem Montag neuen Auftrieb erfährt, hält Gottsmann für gerechtfertigt. „Sofort sensationell Ergebnisse zu erwarten, wäre überzogen, aber natürlich werden in Nuancen, in kleineren Fragen interessante Ergebnisse zutage gefördert werden.“ Diese würden allerdings eher das Fachpublikum interessieren als die breite Öffentlichkeit, deren Aufmerksamkeit schnell abflaue, wenn nicht sofort markante Ergebnisse kämen, merkte der Historiker an.

Rolle Österreichs im Zweiten Weltkrieg

Auch auf die Rolle Österreichs im Zweiten Weltkrieg will Gottsmann ein waches Auge haben. Interessanterweise lautete die Archivablage im Vatikan auch nach dem „Anschluss“ an Hitlerdeutschland 1938 nach wie vor auf „Österreich“, erklärt der Historiker. „Archivtechnisch wurde der Anschluss nicht wahrgenommen. Vom Heiligen Stuhl wurde Österreich weiterhin noch als Einheit gesehen, als diözesane Einheit.“ Für die Zeit des Zweiten Weltkriegs sei auch noch „einiges zu erwarten, was das Verhältnis der Kirche, kirchlicher Würdenträger, aber auch der Laien im Verhältnis zu den damaligen Machthabern betrifft.“

(vatican news – gs)

 

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02. März 2020, 14:57