Vatikan: Sommerfreizeit mit Papstvisite
Unsere Kollegin Christine Seuss hatte ihre Kinder in der vergangenen Woche im Sommerlager, wir haben sie gefragt, ob der Besuch des Papstes am Montag wirklich komplett überraschend war.
Christine Seuss: „Ja, der Besuch war zumindest den Eltern nicht im Vorfeld angekündigt, zumal auch am Montag immer sozusagen der Schichtwechsel ist und neue Kinder hinzukommen, während andere aus der Vorwoche nicht mehr kommen. Allerdings haben wir Eltern natürlich etwas damit gerechnet, dass der Papst irgendwann vorbei schneien würde. Wir wissen ja, wie sehr ihm Kinder am Herzen liegen und das Sommerlager wurde ja auch in unmittelbarer Nähe der Papstresidenz Casa Santa Marta, nämlich in der großen Audienzhalle organisiert.“
RV: Wie ist der Besuch abgelaufen?
„Naja, also die Eltern waren ja nicht dabei und meine eigenen Kinder nehmen in dieser Woche nicht teil, also muss ich mich auf die Erzählungen von Freunden verlassen, denen das wiederum die Kinder erzählt haben. Auch der offiziellen Mitteilung des Vatikans zufolge kam der Papst gegen 9 Uhr an der Audienzhalle an, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kinder gerade noch ankommen oder schon mit dem Frühstück anfangen. Der Papst ging dann einfach durch die Tischreihen und hat die Kinder begrüßt. Danach hat er den Bereich inspiziert, in dem eine riesige Hüpfburg aufgebaut worden ist, bei der Bühne, von der aus der Papst normalerweise bei seinen Generalaudienzen spricht. Dort gibt es auch große Legosteine, mit denen die Kinder etwas bauen können, und wo sonst die Stühle der Pilger stehen, wurde viel Platz geschaffen, damit die Kinder eine Spiel- und Tanzfläche haben. Und dort hat der Papst sich dann auf einen Stuhl gesetzt und sich kurz mit den Kindern unterhalten, die um ihn herumgestanden sind. Dabei hat er ihnen ans Herz gelegt, wie wichtig es ist, neue Freundschaften zu schließen, wörtlich hat er gesagt, nur Egoisten haben alleine Spaß...“
RV: Und wie muss man sich das vorstellen, erstarren die Kinder denn nicht vor Ehrfurcht, wenn auf einmal der Papst vor ihnen steht?
Christine Seuss: „Natürlich wissen die Kinder der Vatikanangestellten, wer der Papst ist, nämlich nicht nur das Oberhaupt der katholischen Kirche, sondern auch der „oberste Boss“ ihrer Eltern. Aber indem Franziskus sich ihnen auf diese einfache und nette, völlig unprätentiöse Weise nähert, nimmt er ihnen auch ihre eventuelle Scheu und hinterlässt so eine schöne Erinnerung von der Begegnung bei den Kindern.“
RV: Wie alt sind die Kinder denn, die das Lager besuchen?
Christine Seuss: „Die kleinste Gruppe beginnt bei 5 Jahren, bis hin zu 14 Jahren. Und die einzelnen Altersstufen, die auch durch verschiedenfarbige T-Shirts gekennzeichnet sind, machen dann viele Aktivitäten gemeinsam. Das Lager steht unter dem Motto „Ein Leben als Champion“.“
RV: Wie läuft so ein Tag denn ab?
Christine Seuss: „Ja, wie schon gesagt, gegen 9 Uhr sitzen die Kinder beim Frühstück und um 9.30 Uhr gehen die Aktivitäten los. In den vatikanischen Gärten wurden auf einer großen Freifläche extra zwei Schwimmbecken aufgebaut, daneben gibt es die Möglichkeit, Fußball, Volleyball und Basketball zu spielen und die Kinder können sich aussuchen, was sie machen wollen. Meistens gehen sie vormittags zu den Freiflächen. Dann gibt es Mittagessen in der Audienzhalle, und danach wird entweder gebastelt, oder in der Audienzhalle gespielt, oder einige gehen wieder in die Gärten. Das ist natürlich auch ein ganz schönes Stück zu laufen mit den kleinen Füßchen, zumindest meine Kinder, die noch in der kleinsten Gruppe sind, waren danach immer fix und fertig – aber unter uns, dafür schickt man sie ja in ein Sommerlager... Es gibt auch kleine sportliche oder Wissens-Wettkämpfe, bei denen die einzelnen Gruppen gegeneinander antreten. Und einmal in der Woche wird oben bei den Sportplätzen auch ein Picknick gemacht, weil die Kinder an dem Nachmittag dann in die nahe liegenden vatikanischen Museen gehen dürfen und dort wird dann auch eine kindgerechte Messe gefeiert.“
RV: Das klingt ja alles wirklich toll, wer hat denn das organisiert, und das in Zeiten von Corona?
Christine Seuss: „Ja, wirklich, das war sehr mutig und deshalb auch umso schätzenswerter, finde ich, denn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bleibt natürlich noch ein Restrisiko. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass der Lockdown in Italien viel strenger war als beispielsweise in Deutschland, die Kinder sind seit März nicht in die Schule gegangen und viele Eltern kriechen mittlerweile wirklich auf dem Zahnfleisch. Treibende Kraft hinter dem Projekt ist Don Franco Fontana, der Kaplan der Vatikangendarmerie und der Vatikanischen Museen. Er selbst gehört dem Salesianerorden an, der ja auf Jugendarbeit spezialisiert ist. Die Salesianer haben das also für den gesamten Vatikan organisiert und sie werden durch professionelle Animateure unterstützt. Die wiederum haben ein intensives spezielles Training durchlaufen, auch die vatikanische Kinderschutzkommission hat alles eingehend geprüft, und dann erst wurden die Animateure auf die Kinder losgelassen – oder andersherum, wie man will. Und mein Eindruck ist wirklich sehr positiv, alle Beteiligten sind sehr lieb mit den Kindern umgegangen und sehr bemüht, dass alle, auch die Kleinsten, sich wirklich wohl fühlen. Hoffentlich wird es eine solche Initiative auch in den Folgejahren geben...“
Die Fragen stellte Stefanie Stahlhofen.
(vatican news)
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