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Der italienische Ökonom Stefano Zamagni ist Präsident der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften Der italienische Ökonom Stefano Zamagni ist Präsident der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften 

Ökonom Zamagni: „Papst ist nicht gegen das Privateigentum“

Allein Privateigentum zu schützen hat mit einer sozial gerechten Gesellschaft wenig zu tun. Daran hat Papst Franziskus zuletzt wieder in einer Grundsatzrede Ende November erinnert: „Es gibt keine soziale Gerechtigkeit, die auf Ungleichheit beruht, die das Anhäufen von Reichtum voraussetzt“, betonte er in einer Videobotschaft an einen internationalen Richter-Gipfel. Was Franziskus über Eigentum und Gemeinwohl denkt, darüber hat Radio Vatikan mit dem Präsidenten der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften Stefano Zamagni gesprochen.

Anne Preckel und Federico Piana - Vatikanstadt

Der italienische Ökonom stellt eines klar: Dem Papst schwebe nicht etwa eine Abschaffung des Privateigentums vor. Vielmehr erinnere Franziskus an die Begrenztheit dieses Konzeptes im Blick auf das Gemeinwohl.

„Mit der Logik des Privateigentums allein gelingt es nicht, die Wohlfahrtsbedürfnisse aller, insbesondere der Armen, der Ausgestoßenen, zu befriedigen. Das will der Papst mit Blick auf heutige Armutsherde klarstellen. Was nicht bedeutet, dass der Papst gegen Privateigentum ist! Er sagt vielmehr: Privateigentum ist nicht genug! Es muss mit Formen des öffentlichen Eigentums, vor allem aber mit Formen des gemeinnützigen Eigentums kompatibel gemacht werden.“

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Privateigentum ist nicht losgelöst von Gemeinschaft

Von einem absoluten und unantastbaren Recht auf Privateigentum sei die christliche Tradition nie ausgegangen, sie habe stets dessen gesellschaftliche Funktion betont, hatte der Papst in seiner Videobotschaft vom 30. November unterstrichen. In der Tat stehen Franziskus‘ Gedanken über die soziale Gerechtigkeit und eine Umverteilung von Gütern, die auch in einigen seiner Enzykliken nachzulesen sind, „in einer langen Tradition“, bestätigt Zamagni. Gedanken in diese Richtung habe im vierten Jahrhundert der Kirchenlehrer und Bischof Basilius von Cäsarea formuliert.

„Im Jahre 370 schrieb der Heilige einen Aufsatz, der dem guten Gebrauch der Reichtümer gewidmet war und auch heute noch aktuell ist. In diesem Aufsatz bekräftigt Basilius die gleichen Konzepte, die der Papst nicht nur bei dieser Gelegenheit (des Richtertreffens vom 30.11.2020, Anm.), sondern mehrmals in seinem Lehramt zum Ausdruck gebracht hat.“

Verschiedene Formen des Eigentums 

Basilius selbst war klar, dass es nicht nur eine Art von Eigentum gibt: „Es gibt privates, öffentliches und gemeinschaftliches Eigentum“, erläutert Zamagna. Dies sei dann auch später konkret umgesetzt worden, so der Ökonom mit Verweis auf die späteren Gesetze des römischen Kaisers Justinian, den „Kodex Justinians“ aus dem siebten Jahrhundert. Papst Franziskus sieht das Recht auf Eigentum als „zweitrangiges natürliches Recht, das sich vom Recht aller ableitet, welches in der universellen Bestimmung der Vermögenswerte gründet“, wie er in seiner Grundsatzrede Ende November betonte: „Es gibt keine soziale Gerechtigkeit, die auf Ungleichheit beruht, die das Anhäufen von Reichtum voraussetzt.“

Strukturen abbauen, die Ungerechtigkeit schaffen und verstärken

Wenn Franziskus dazu aufruft, eine „neue internationale Finanzarchitektur“ aufzubauen, zielt er darauf, Strukturen abzubauen, die Ungerechtigkeit perpetuieren und die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufreißen. Es gehe hier nicht allein um die Korruption einzelner Akteure, sondern um Ungerechtigkeit produzierende Systeme oder Systemmängel. Zamagni nennt als Beispiel die Steuerparadiese, die weltweit rapide zur Zunahme von Ungleichheit beigetragen hätten und den Staaten Steueraufkommen entzögen, die eigentlich für die gesamte Gemeinschaft nützlich wären:

„Hier ist der grundlegende Punkt dieses Pontifikats: Es geht von dem Konzept der Struktur der Sünde aus, das zum ersten Mal in der Soziallehre der Kirche vom Heiligen Johannes Paul II. eingeführt wurde. In der Enzyklika ,Sollicitudo Rei Socialis‘ sagt Papst Wojtyla, eine Intuition von Paul VI. und ,Populorm Progressio‘ aufgreifend, dass es nicht nur individuelle Sünden gibt, sondern auch solche, die auf wirtschaftliche und soziale Strukturen zurückzuführen sind, die zu Marginalisierung und Armut führen. Wenn es die Armen gibt, ist es auch die Schuld der Regeln des Wirtschafts- und Finanzspiels, die großen Gruppen von Menschen den Zugang zu Gütern verwehren.“

Das Interview mit Zamagni führte Federico Piana.

(vatican news – pr)
 

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05. Dezember 2020, 11:25