Suche

Corona-Impfung in Jerusalem am Sonntag Corona-Impfung in Jerusalem am Sonntag 

Vatikan: Corona-Impfstoffe „moralisch akzeptabel“

Die vatikanische Glaubenskongregation bezeichnet die Nutzung von Impfstoffen gegen das Coronavirus als „moralisch akzeptabel“. In einer Erklärung, die am 17. Dezember vom Papst gebilligt und an diesem Montag veröffentlicht wurde, zerstreut das führende Vatikanministerium ausdrücklich ethische Bedenken der Patienten, sich Impfstoffe injizieren zu lassen, bei deren Entwicklung und Produktion Zelllinien von in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts abgetriebenen Föten zum Einsatz kamen.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Angesichts der jetzigen Corona-Pandemie „können alle Impfstoffe genutzt werden, die als medizinisch sicher und wirksam anerkannt sind“, so die Glaubenskongregation. Sich impfen zu lassen bedeute „keine formelle Beteiligung an Abtreibung“. Unterzeichnet ist die zweiseitige „Note“ vom Präfekten der Glaubenskongregation, dem spanischen Jesuiten und Kardinal Luis Ladaria, und dem zweiten Mann der Kongregation, Erzbischof Giacomo Morandi.

Hier zum Nachhören: Corona-Impfstoffe „moralisch akzeptabel“

Die Erklärung bezieht sich auch auf drei frühere, wichtige Stellungnahmen aus dem Vatikan zum selben Thema, die aber schon lange vor der Corona-Pandemie erarbeitet wurden: zwei Texte der Päpstlichen Akademie für das Leben von 2005 und 2017 sowie die Instruktion „Dignitas Personae über einige Fragen der Bioethik“ von 2008.

„Differenzierte Verantwortlichkeiten“

Wer sich vom Vatikan Hinweise dazu erhofft, wie wirksam die in den letzten Monaten entwickelten Corona-Impfstoffe sind, wird vom neuen Text der Glaubenskongregation enttäuscht sein: Das liege außerhalb ihrer Kompetenz und sei Sache der damit befassten Forscher und staatlichen Arzneimittel-Agenturen, lässt die Behörde wissen. Sie konzentriert sich ganz auf den moralischen Aspekt der Impfstoffe.

Nun entstanden einige der Vakzine, die jetzt in verschiedenen Ländern Europas zum Einsatz kommen werden, mithilfe von Gewebe zweier Föten, die in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts abgetrieben wurden. Von zahlreichen Seiten sei deshalb die Frage an die Kongregation herangetragen worden: Macht das den Gebrauch dieser Impfstoffe jetzt in Corona-Zeiten moralisch verwerflich? Nein, antwortet die Vatikanbehörde und stützt sich bei ihrer Argumentation auf die Instruktion „Dignitas Personae“, die vor zwölf Jahren von Benedikt XVI. approbiert wurde.

Dort ist in Nr. 35 die Rede von „differenzierten Verantwortlichkeiten“. Und wörtlich wird dort festgestellt: „Man muss auch beachten, dass in Betrieben, die Zelllinien ungerechten Ursprungs verwenden, jene, die keine Entscheidungsvollmacht haben, nicht dieselbe Verantwortung tragen wie jene, die über die Ausrichtung der Produktion entscheiden.“

„Im sicheren Bewusstsein, dass der Rückgriff auf diese Impfstoffe keine formelle Beteiligung an Abtreibung bedeutet“

Das wendet die Glaubenskongregation nun auf die Corona-Impfstoffe an. Dort, wo keine „ethisch einwandfreien“ Impfstoffe zur Verfügung stünden, sei es „moralisch akzeptabel“, diejenigen einzusetzen, zu deren Vorgeschichte abgetriebene Embryone gehören. Das gelte vor allem angesichts einer „ernsten Gefahr wie der, anders nicht aufzuhaltenden, Verbreitung eines Krankheitserregers“. „In diesem Fall können alle Impfstoffe genutzt werden im sicheren Bewusstsein, dass der Rückgriff auf diese Impfstoffe keine formelle Beteiligung an Abtreibung bedeutet.“

Kardinal Ladaria
Kardinal Ladaria

Keine Legitimierung von Abtreibung

Zugleich stellt die Kongregation aber auch klar, dass ihr Ja zum Einsatz solcher Impfstoffe unter den gegebenen Umständen „keine auch nur indirekte Legitimierung von Abtreibung“ darstellt – und auch keine moralische Billigung der Verwendung von Zelllinien abgetriebener Föten. Die „Note“ aus dem Vatikan appelliert dringend an Forscher und Pharmaunternehmen, „ethisch akzeptable Impfstoffe zu entwickeln, die keine Gewissensprobleme aufwerfen können“.

„Keine Impfpflicht - aber Impfung ist angezeigt“

Von einer Impfpflicht ist in den zweieinhalb Druckseiten von der Piazza del Sant’Uffizio Nummer 11 keine Rede. Sich impfen zu lassen, sei „in sich keine moralische Verpflichtung“ und müsse deswegen „freiwillig“ sein. Allerdings sei um des Gemeinwohls willen „eine Impfung angezeigt, vor allem zum Schutz der Schwächsten und Exponiertesten, wenn es keine anderen Mittel gibt, um die Epidemie zu stoppen“.

Wer aus Gewissens- oder anderen Gründen eine Impfung ablehne, habe gleichwohl die Pflicht, durch „geeignetes Benehmen zu verhindern, dass er zum Überträger des Virus wird“, damit die Menschen in seiner Umgebung keinen „Gesundheitsrisiken“ ausgesetzt werden.

Impfstoffe auch armen Ländern zugänglich machen

Und noch etwas bringt die Glaubenskongregation in ihrer kurzgehaltenen Erklärung unter: die Mahnung nämlich, dass auch den armen Ländern wirksame Corona-Impfstoffe zur Verfügung gestellt werden müssen. Das sei ein „moralischer Imperativ“.

„Dringend notwendige Mobilisierung der Gewissen zugunsten des Lebens“

Die Stellungnahme der vatikanischen Glaubenshüter ist inhaltlich keine Überraschung; eine ganze Reihe von Bischofskonferenzen hat sich schon im gleichen Sinn geäußert. Auch der Vatikan will seinen Angestellten und deren Familien im Frühjahr eine Corona-Impfung anbieten. Dass man rund um den Petersplatz trotz des „Na ja“ zu Impfstoffen mit problematischer Vorgeschichte am „Nein“ zu Abtreibung festhält, dürfte jedem Beobachter klar sein. Auch „Dignitas Personae“ spricht gleich nach dem oben zitierten Satz von der „dringend notwendigen Mobilisierung der Gewissen zugunsten des Lebens“.

(vatican news)

Eingang der Glaubenskongregation in der Nähe des Petersplatzes
Eingang der Glaubenskongregation in der Nähe des Petersplatzes

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

21. Dezember 2020, 12:00