Die Fortbewegungsmittel der Päpste
Paolo Ondarza und Silvia Kritzenberger – Vatikanstadt
Ein Rundgang durch den Kutschenpavillon der Vatikanischen Museen ist mehr als lohnend: dort kann man nicht nur die Sänften bewundern, die dafür sorgten, dass die langen Liturgien für die Päpste nicht zu anstrengend wurden, sondern auch Pferdesättel, Kutschen und maßstabsgetreue Nachbildungen von Zügen und Flugzeugen.
Ein Thronsaal auf 4 Rädern
Eines der schönsten Ausstellungsstücke ist die „Berlina di Gran Gala“, die Prunkkutsche, die einst für besonders festliche Anlässe verwendet wurde. Papst Leo XII. hat sie 1826 in Auftrag gegeben. Fast zwanzig Jahre später ließ Gregor XVI. weitere Verzierungen anbringen. Im Gegensatz zu den ebenfalls im Kutschenpavillon ausgestellten einfacheren „Berlina“-Modellen wird sie nicht von vier, sondern acht vergoldeten Federn geziert. Gezogen wurde diese Kutsche von sechs prächtig geschirrten Pferden.
Die Innenausstattung der Prunkkutsche entspricht dem Protokoll der Zeit Urbans VIII., des Papstes, der die Verwendung päpstlicher Kutschen im 17. Jahrhundert eingeführt hatte. Die „Berlina di Gran Gala“ kam nur an hohen Feiertagen zum Einsatz, also etwa viermal im Jahr. Konzipiert war sie als „Thronsaal auf 4 Rädern": der Sitz war ein Papstthron, darüber ein Baldachin mit einer Taube aus Stoff, die den Heiligen Geist symbolisierte.
Das päpstliche Reiseprotokoll
Dem Päpstlichen Festzug ging der Kreuzträger voraus. Hoch zu Roß, hielt er das Prozessionskreuz in den Händen, gefolgt von den anderen Kutschen, die sich im Schritttempo bewegten, damit der Stellvertreter Christi die Gläubigen am Wegesrand grüßen und segnen konnte. Niemand durfte dem Papst den Rücken zukehren, und nur der Kaiser durfte die Wagentür öffnen und ihm beim Aussteigen behilflich sein. In dessen Abwesenheit wurde diese ehrenvolle Aufgabe vom Oberstallmeister oder vom Generalpostmeister übernommen, der für die Planung der Reise verantwortlich war. Auch deren rote Uniformen und die der Kutscher und der Mitglieder der Adelsgarde sind im Pavillon ausgestellt. Für die edle Ausstattung der Kutsche zeichnet Gaetano Peroni verantwortlich, dessen Name auf den hinteren Federn eingraviert ist. Die Verzierungen hingegen tragen die eingravierte Signatur „Felice Eugenio, Metallarbeiter“.
Mit der Einnahme Roms durch die königlichen Truppen im Jahr 1870 hatte die „Berlina di Gran Gala“ ausgedient und wurde im Lagerraum des Belvedere-Hofes untergestellt. Doch das war nicht der einzige Rückschlag in der Geschichte der vierrädrigen Fahrzeuge im Kirchenstaat. Kutschen kamen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Frankreich und Spanien in Mode und waren zunächst nur für Frauen gedacht. Papst Pius IV. soll die Kardinäle sogar aufgefordert haben, ausschließlich zu Pferd zu reisen.
In der Kutsche ins Exil
Im Vatikan-Pavillon sind Kutschen aus der Zeit nach dem Wiener Kongress (1814-1815) ausgestellt. Alle Kutschen, die davor benutzt wurden, wurden im Zug der napoleonischen Plünderungen entweder zerstört oder beschlagnahmt. 1798 musste Pius VI. Rom als Gefangener in einer Kutsche verlassen. Er starb in Frankreich, in der Zitadelle von Valence. Sein Nachfolger Luigi Barnaba Chiaramonti, der im Konklave des Jahres 1800 in der Benediktinerabtei „San Giorgio Maggiore“ in Venedig gewählt wurde und den Namen Pius VII. annahm, beschloss, in einer Kutsche in den Vatikan zurückzukehren und mit der Inbesitznahme der Basilika St. Johann im Lateran ein Zeichen zu setzen. Ein offizieller Akt, der bis dahin immer auf dem Rücken eines Pferdes oder Maultiers vollzogen worden war, zur Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem.
Der Regimentsadler Napoleons
An die napoleonische Ära erinnert eine Kutsche, die Kardinal Lucien Louis Joseph Bonaparte – dem Cousin Napoleons III. – gehörte. Sie war in Frankreich hergestellt und in Rom montiert worden. Auf dem Kutschersitz befindet sich eine Plakette mit dem Regimentsadler, den der berühmte französische General zusätzlich zur Truppenfahne eingeführt hatte.
Die letzten Kutschen der Päpste
Unter den Ausstellungsstücken befinden sich auch die beiden letzten Kutschen, die bis 1929 im Vatikan benutzt wurden: die Reisekutsche, die der König von Neapel Papst Pius IX. zum Geschenk machte, als dieser im April 1850 wieder nach Rom zurückkehrte, nachdem ihn die Revolutions-Unruhen der Römischen Republik kurzzeitig ins Exil getrieben hatten – und eine Kutsche mit einer modernen ledernen Handbremse. In ihr hat zum letzten Mal ein Papstkönig eine Reise in die päpstlichen Ländereien der Romagna unternommen. Ihre Verwendung bis in jüngere Zeit wird durch einen alten Film bezeugt, der Leo XIII. (1878-1903) beim Spaziergang in den Vatikanischen Gärten zeigt.
Die Sänfte von Papst Leo XIII.
Unter den ausgestellten Sänften sticht eine besonders hervor: die Erzdiözese Neapel hat sie Leo XIII. 1887 zum 50. Jahrestag seiner Priesterweihe zum Geschenk gemacht. Sie hat die Form eines Schiffes – Symbol der katholischen Kirche, deren Ruder der Papst hält – und ist mit ihren kunstvollen Verzierungen aus Holz, Bronze, Elfenbein und Glas ein wahres Meisterwerk der Handwerkskunst.
Von der Kutsche zum Auto
Pius XI. ist der Papst des Übergangs von der Kutsche zum Auto. Gleich nach der Unterzeichnung der Lateranverträge fuhr er in einem amerikanischen „Graham Paige“, der noch wie die früheren Kutschen im Stil eines „Thronsaals“ ausgestattet war, zur Feier seines 50-jährigen Priesterjubiläums zum Lateran. Es ist dasselbe Auto, mit dem Pius XII. während des Zweiten Weltkriegs in das bombardierte römische Viertel San Lorenzo fuhr. Der Nachfolger des „Graham Paige“ war ein eleganter Mercedes Nürburg. Danach kam ein Citroën Lictoria C6 zum Einsatz. Das in Italien gefertigte Fahrzeug mit zwei dekorativen Seitenleuchten erinnert an eine der Kutschen, mit denen die Päpste früher zu reisen pflegten.
Das Schaltpult des Papstes
Das Innere des Fahrzeugs erinnert an einen venezianischen Salon. Gleich neben dem Thron aus Brokat und vergoldetem Holz befindet sich eine Schalttafel. Damit konnte der Papst die Route bestimmen: 'Vorwärts', 'langsamer', 'rechts abbiegen' oder 'zurück zum Vatikan'. Der Fahrer konnte die jeweiligen Befehle auf einem kleinen Bildschirm auf dem Armaturenbrett sehen. Ein Fach für ein Brevier, auf dem ein Bild des Heiligen Christophorus, Patron der Reisenden, angebracht ist, vervollständigt das Zubehör des Wagens. Dass der Tacho nur 193km anzeigt, lässt darauf schließen, dass der Wagen nicht oft benutzt wurde.
Das Papamobil und das Attentat
Heiliges Jahr 1975. Um den Petersplatz mehrmals umfahren und möglichst viele Pilger begrüßen zu können, ordnete Papst Paul VI. die Anschaffung eines Toyotas an, der heute im Innenhof von Castel Gandolfo steht. Dessen unmittelbarer Nachfolger war ein weißer Campagnola, den Fiat 1980 dem Papst zum Geschenk machte. Dieses "Papamobil" – ein Begriff, der unter Papst Wojtyla populär wurde – kann als eine Art „Reliquie“ betrachtet werden: in diesem Auto fuhr Johannes Paul II., als am 13. Mai 1981 auf dem Petersplatz auf ihn geschossen wurde.
Der Rasierstuhl von Johannes XXIII.
Das Papamobil wurde beschlagnahmt und kam erst in den letzten Jahren seines Pontifikats wieder zum Einsatz. Da Johannes Paul II. nicht mehr stehen konnte, wurde im Wageninnern ein drehbarer Sitz installiert: der frühere Rasierstuhl von Johannes XXIII.
Die Auslandsreisen
Nach dem Attentat wurde auch der Mercedes, den Johannes Paul II. von Papst Paul VI. übernommen hatte und der in den 26 Jahren seines Pontifikats oft zum Einsatz kam, mehrfach verändert. Die Karosserie wurde gepanzert und es wurden 3 cm dicke kugelsichere Fenster eingebaut. Im Kutschenpavillon sind zwei gepanzerte „Papamobile“ ausgestellt. Beide waren für die Auslandsreisen Johannes Pauls II. angeschafft worden. Zur Sammlung gehören auch ein VW-Käfer – ein Geschenk, das der Papst nie benutzt hat – und ein „Lancia Thesis Giubileo“: ein Einzelstück, das der italienische Rechtsanwalt Gianni Agnelli dem Heiligen Vater geschenkt hat.
Der „Lancia Thesis Giubileo“ war entwickelt worden, um dem immer prekärer werdenden Gesundheitszustand Johannes Pauls II. gerecht zu werden. Der Sitz kann nach außen gedreht werden, um das Einsteigen zu erleichtern; das Fahrzeug ist vollständig umbaubar; die Tür öffnet sich im rechten Winkel. Es handelt sich also um ein zwar bequemes, aber nicht sehr zuverlässiges Fahrzeug. Papst Benedikt XVI., dessen Wappen auf den Türen zu sehen ist, hat den Wagen deshalb auch nur vorübergehend benutzt.
Die Päpste und Formel Eins
Am 6. Dezember 2005 empfing Benedikt XVI. Ferrari-Präsident Luca Cordero di Montezemolo in Audienz, der ihm das Formel-1-Ferrari-Lenkrad 2003 von Michael Schumacher überreichte, auf dem folgende Widmung stand: „Das Lenkrad des Formel 1-Weltmeisters für den Heiligen Vater Benedikt XVI., Pilot der Christenheit.“ Auf den Hinweis Montezemolos, es sei ein sehr kompliziertes Lenkrad, antwortete Benedikt, es sei auch kompliziert, die Kirche zu lenken.
Nur wenige Monate zuvor hatte Montezemolo Papst Johannes Paul II. eine auf 400 Exemplare limitierte Sonderausgabe des „Ferrari Enzo“ geschenkt, die der Papst später versteigern ließ. Der Erlös ging an die Opfer des Tsunami in Südostasien.
Der Renault 4 von Papst Franziskus
Den Abschluss des Parcours bildet der Renault 4 von Papst Franziskus. Der 1984 zugelassene Wagen hat eine 300.000 km lange, wohltätige Geschichte. Er gehörte früher Pater Renzo Zocca, einem Priester, der am Stadtrand von Verona lebte. Im Jahr 2013 beschloss er, den Wagen restaurieren zu lassen und ihn dem Heiligen Vater zu schenken.
Mit den Päpsten unterwegs
Büsten der Päpste wechseln sich im Pavillon mit Fahrzeugen und anderen unvergesslichen Utensilien ab, die die Geschichte des päpstlichen Transportwesens wiederaufleben lassen: darunter der erste Zug, der in den vatikanischen Bahnhof eingefahren ist – und das Modell des Alitalia-Fliegers, in dem Paul VI. 1964 ins Heilige Land flog: zur ersten Auslandsreise, die ein Papst je unternommen hat.
(vatican news- übersetzung: Silvia Kritzenberger)
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