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Kardinalstaatssekretär Parolin in seiner Videobotschaft zur UNO-Generalversammlung Kardinalstaatssekretär Parolin in seiner Videobotschaft zur UNO-Generalversammlung 

Kardinal Parolin vor der UNO: Frieden schaffen mit Geschwisterlichkeit

Bei der derzeit laufenden UNO-Generalversammlung in New York war am Samstag eine lange Videobotschaft von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zu sehen. Die „Nummer zwei” im Vatikan sprach über die Pandemie, den bevorstehenden Klimagipfel COP26 in Glasgow, nukleare Abrüstung und die „neuen Rechte“, die im Widerspruch stehen zu den Werten, die sie vorgeben zu stützen.

In der Corona-Pandemie müssen alle, auch Arme und Menschen in Krisengebieten, Zugang zu Impfstoffen erhalten, unterstrich Parolin die Haltung, die der Heilige Stuhl von Anfang eingenommen hatte. Covid habe sich auch auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung ausgewirkt und verlangsame deren Ziele. Hier rief Parolin dazu auf, „die Beziehung zwischen den Menschen und der Wirtschaft zu überdenken“. Statt Menschen und Ressourcen auszubeuten, hätten die Nationen dafür zu sorgen, „dass sowohl die Wirtschaftsmodelle als auch die Entwicklungsprogramme im Dienst der Männer und Frauen stehen, insbesondere derjenigen am Rande der Gesellschaft.“

Von 1. bis 12. November wird im schottischen Glasgow die UNO-Klimakonferenz COP 26 stattfinden. Parolin rief die Staatengemeinschaft zu mehr Anstrengungen in der Umweltfrage auf, denn derzeit seien „die Auswirkungen jahrzehntelanger Untätigkeit“ zu sehen: Überschwemmungen, Dürren, Waldbrände, schmelzende Gletscher und bei den Menschen Hunger und Atemwegserkrankungen, die Folgen steigender Temperaturen seien. Lob zollte Parolin den „großen Fortschritten in der Technologie“, die einen nachhaltigeren Konsum ermöglichen. Regierungen wie Einzelpersonen könnten leichter umweltbewusste Entscheidungen treffen, weil saubere Energie dank menschlicher Kreativität und Innovation effizienter und kostengünstiger geworden sei.

Als „Schritt nach vorn" bezeichnete Parolin auch das Inkrafttreten des Vertrags über das Verbot von Kernwaffen im vergangenen Januar. Der Heilige Stuhl hoffe „sehr, dass dies auch zu Fortschritten bei der Umsetzung des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Tnp) führen wird, dessen Überprüfungskonferenz für den kommenden Januar angesetzt ist".

Die „neuen Rechte“

Die derzeitige angespannte Weltlage ist nach Darstellung des Chefdiplomaten des Heiligen Stuhles das Ergebnis einer „anthropologischen Krise", einer „Krise der menschlichen Beziehungen". Hier schwenkte Parolin auf eine längere Ausführung über die Menschenrechte ein. Zunächst kritisierte er eine grassierende Neigung, humanitäre Rechte „eher als Empfehlung denn als Verpflichtung“ aufzufassen. Das führe dazu, dass „Flüchtlinge, Migranten und Binnenvertriebene zunehmend in der Schwebe gehalten oder sogar dem Ertrinken überlassen werden.“

Es gebe Verfolgung wegen des Glaubens, die Schwachen - wie Alte und Kinder - werden an den Rand gedrängt, die Familie ist bedroht. „Dies zeigt sich auch in den neuen Auslegungen der Menschenrechte“, betonte Parolin. „In vielen Fällen stehen die 'neuen Rechte' nicht nur im Widerspruch zu den Werten, die sie aufrechterhalten sollen, sondern werden auch durchgesetzt, obwohl es keinen internationalen Konsens gibt.“ Auf diese Art aber verlieren die Menschenrechte aus Sicht des Heiligen Stuhles ihre universelle Reichweite, und „die neuen, einseitigen Interpretationen werden leider zum ideologischen Bezugspunkt eines falschen 'Fortschritts'", was zu Polarisierungen und Spaltungen führe. Solche Versuche, sagte Parolin, „verwirren, lenken von der Umsetzung der Menschenrechtskonventionen ab" und beeinträchtigen die Förderung und den Schutz grundlegender Menschenrechte wie das Recht auf Leben, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit sowie Meinungs- und Ausdrucksfreiheit.

UN-Sicherheitsrat: Reform muss Handlungsfähigkeit sicherstellen

Die Vereinten Nationen sind kein Instrument der Mächtigen, sondern eine Institution im Dienste der Allgemeinheit, hält Parolin in der Vollversammlung der Weltorganisation fest. Und er legt den Finger auf einen wunden Punkt: den UN-Sicherheitsrat. Viele schwächere Nationen setzten große Hoffnungen auf dieses Gremium, das aber oft genug an seinem eigenen Friedensauftrag scheitert. Die geplante Reform des Sicherheitsrates muss aber dessen Handlungsfähigkeit stärken, nicht schwächen, so der Kardinalstaatssekretär. „Der Heilige Stuhl sieht mit Besorgnis den Vorstoß einiger, die sinnvolle Arbeitsteilung zwischen Ausschüssen, Kommissionen, Treffen und Prozessen aufzubrechen und sie alle in Gremien zu verwandeln, die sich auf eine begrenzte Anzahl von umstrittenen Themen konzentrieren."

Trotz allem: viele Zeichen der Hoffnung

Zum Abschluss seiner Rede betonte Kardinal Parolin, dass es „viele Zeichen der Hoffnung gibt, selbst in unseren müden Gesellschaften". „Bauherren des Friedens zu sein bedeutet, diese Samen und Keime der Geschwisterlichkeit zu finden", so der Chefdiplomat des Heiligen Stuhles. Er rief dazu auf, Brücken der Gemeinschaft zu bauen und sich nicht vom Leid der Migranten und Flüchtlinge abzuwenden; die katholische Kirche begeht an diesem Sonntag den 107. Welttag des Migranten und Flüchtlings. „Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, ihnen eine Zukunft zu geben, damit sie sich in Frieden entfalten können".

Der Friede, so der Staatssekretär in Anlehnung an die Worte des Papstes im Irak, „braucht keine Gewinner oder Verlierer, sondern Brüder und Schwestern, die trotz aller Missverständnisse und Wunden der Vergangenheit vom Konflikt zur Einheit finden".

(vatican news – gs)

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26. September 2021, 12:57