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Die Phasen der Vorbereitung auf die Synode Die Phasen der Vorbereitung auf die Synode  Auf dem weg zur Synode

Das Vorbereitungsdokument für die Synode im Wortlaut

Vatican News dokumentiert an dieser Stelle das Vorbereitungsdokument für die Weltbischofssynode 2023 im Wortlaut in der offiziellen deutschen Übersetzung.

Für eine synodale Kirche:
Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung

Vorbereitungsdokument

Abkürzungen

CTI          Internationale Theologische Kommission

DV           II. Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. Dei Verbum (18. November 1965)

EC           Franziskus, Ap. Konst. Episcopalis communio (15. September 2018)

EG           Franziskus, Ap. Schreiben Evangelii gaudium (24. November 2013)

FT            Franziskus, Enzyklika Fratelli tutti (3. Oktober 2020)

GS           II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes (7. Dezember 1965)

LG           II. Vatikanisches Konzil, Dogm. Konst. Lumen gentium (21. November 1964)

LS            Franziskus, Enzyklika Laudato si’ (24. Mai 2015)

UR           II. Vatikanisches Konzil, Dekr. Unitatis redintegratio (21. November 1964)

 

Inhalt

I. Der Appell zum „gemeinsam Gehen“

II. Eine konstitutiv synodale Kirche

III. Im Hören auf die Heilige Schrift

              Jesus, die Menge, die Apostel

              Eine doppelte Dynamik der Bekehrung: Petrus und Kornelius (Apg 10)

IV. Die Synodalität in Aktion: Wege zur Beratung mit dem Volk Gottes

              Die grundlegende Fragestellung

              Verschiedene Ausdrucksformen der Synodalität

              Zehn zu vertiefende Themenfelder

              Zur Beratung beitragen

1. Die Kirche Gottes ist zu einer Synode zusammengerufen. Der Weg, der unter dem Titel steht Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung, wird vom 9.-10. Oktober 2021 feierlich in Rom und am folgenden 17. Oktober in jeder Teilkirche eröffnet. Eine grundlegende Etappe wird die Feier der XVI. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode im Oktober 2023[1] sein, auf die dann die Phase der Umsetzung folgt, an der wiederum die Teilkirchen beteiligt sein werden (vgl. EC, Art. 19-21).

In der Grafik werden in schematischer Weise die Etappen des synodalen Weges dargestellt
In der Grafik werden in schematischer Weise die Etappen des synodalen Weges dargestellt

Mit dieser Einberufung lädt Papst Franziskus die ganze Kirche ein, sich Gedanken zu machen über ein für ihr Leben und ihre Sendung entscheidendes Thema: „Genau dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet“[2]. Dieser Weg, der der Spur des vom II. Vatikanischen Konzil der Kirche vorgeschlagenen „aggiornamento“ folgt, ist Gabe und Aufgabe: Wenn sie gemeinsam unterwegs ist und gemeinsam über den zurückgelegten Weg nachdenkt, kann die Kirche aus ihren Erfahrungen lernen, welche Prozesse ihr helfen können, die Gemeinschaft zu leben, die Teilhabe aller umzusetzen und sich der Sendung zu öffnen. Unser „gemeinsames Gehen“ ist tatsächlich das, was wesentlich die Natur der Kirche als pilgerndes und missionarisches Volk Gottes verwirklicht und darstellt.

2. Eine grundlegende Fragestellung treibt uns voran und führt uns: wie gestaltet man heute, auf den verschiedenen Ebenen (von der lokalen zur universalen) jenes „gemeinsam Gehen“, das es der Kirche erlaubt, entsprechend der ihr anvertrauten Sendung das Evangelium zu verkünden; und: welche Schritte lädt der Heilige Geist uns ein zu gehen, um als synodale Kirche zu wachsen?

Gemeinsam diese Fragestellung anzugehen erfordert, eine Haltung des Hörens auf den Heiligen Geist einzunehmen, der wie der Wind „weht, wo er will; du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht“ (Joh 3,8), und dabei für die Überraschungen offenzubleiben, die er entlang des Weges sicher für uns bereithält. Auf diese Weise kommt eine Dynamik in Gang, die es erlaubt, damit zu beginnen, einige Früchte zu ernten; Früchte einer synodalen Bekehrung, die nach und nach reifen werden. Es geht hier um Ziele, denen im Hinblick auf die Qualität des kirchlichen Lebens und die Ausübung der evangelisierenden Sendung, an der alle kraft der Taufe und der Firmung teilnehmen, große Bedeutung zukommt. Wir verweisen hier auf die Hauptziele, welche die Synodalität als Form, als Stil und als Struktur der Kirche durchdeklinieren:

·      sich daran zu erinnern, wie der Geist den Weg der Kirche in der Geschichte geführt hat, und wie er uns heute einlädt, gemeinsam Zeugen der Liebe Gottes zu sein;

·      einen kirchlichen Prozess zu leben, an dem alle teilnehmen können und von dem niemand ausgeschlossen wird, und der jedem – besonders denen, die sich aus verschiedenen Gründen an den Rändern befinden – die Gelegenheit gibt, das Wort zu ergreifen und angehört zu werden, um zum Aufbau des Volkes Gottes beizutragen;

·      den Reichtum und die Vielfalt der Gaben und der Charismen anzuerkennen und wertzuschätzen, welche der Geist in aller Freiheit zum Wohl der Gemeinschaft und der ganzen Menschheitsfamilie mitteilt;

·      partizipative Weisen der Ausübung der Verantwortung im Hinblick auf die Verkündigung des Evangeliums und im Einsatz für den Aufbau einer schöneren und bewohnbareren Welt auszuprobieren;

·      zu überprüfen, wie in der Kirche die Verantwortung und die Macht gelebt werden, wobei auch die Strukturen zu prüfen sind, mittels derer sie gestaltet werden. Dabei werden Vorurteile und unangemessene Praktiken, die nicht im Evangelium gründen, hervortreten, bei denen der Versuch einer Umwandlung vorzunehmen ist;

·      die christliche Gemeinschaft als glaubwürdiges Subjekt und verlässlichen Partner anzuerkennen in Bezug auf den sozialen Dialog, die Heilung, die Versöhnung, die Inklusion und die Teilhabe, den Wiederaufbau der Demokratie, die Förderung der Geschwisterlichkeit und der sozialen Freundschaft;

·      die Beziehungen zwischen den Gliedern der christlichen Gemeinschaften wie auch zwischen den Gemeinschaften und den anderen sozialen Gruppen, wie z .B. den Gemeinschaften der Gläubigen anderer christlicher Konfessionen und anderer Religionen, den Organisationen der Zivilgesellschaft, den Volksbewegungen usw., wiederzubeleben;

·      die Wertschätzung und das Zu-Eigen-Machen der Früchte kürzlich gemachter synodaler Erfahrungen auf universaler, regionaler, nationaler und lokaler Ebene zu fördern.

3. Das vorliegende Vorbereitungsdokument dient dem synodalen Weg vor allem als ein Instrument, um die erste Phase des Zuhörens und der Konsultation des Volkes Gottes in den Teilkirchen (Oktober 2021–April 2022) zu fördern. Dies geschieht in der Hoffnung, die Ideen, die Energien und die Kreativität all derer voranzubringen, die auf diesem Weg teilnehmen, und es soll es ihnen leichter machen, die Früchte ihres Engagements zu teilen. Zu diesem Zweck: 1) beginnt es damit, einige herausstechende Charakteristiken des zeitgeschichtlichen Kontextes zu beschreiben; 2) erläutert es in zusammengefasster Weise die grundlegenden theologischen Bezugspunkte für ein richtiges Verständnis und eine Praxis der Synodalität; 3) bietet es einige biblische Anregungen, welche auf dem Weg die Betrachtung und das betende Nachdenken nähren können; 4) verdeutlicht es einige Perspektiven, von denen ausgehend es möglich ist, die Erfahrung gelebter Synodalität neu zu lesen; 5) stellt es einige Möglichkeiten dar, um diese Arbeit der relecture im Gebet und im gegenseitigen Teilen zum Ausdruck zu bringen. Um in konkreter Weise die Arbeitsorganisation zu begleiten, wird ein methodologisches Vademecum vorgeschlagen, das diesem Vorbereitungsdokument angehängt ist und auf der entsprechenden Homepage abgerufen werden kann[3]. Die Homepage bietet einige Quellen zur Vertiefung des Themas der Synodalität an, die als Unterstützung dieses Vorbereitungsdokumentes zu verstehen sind. Unter diesen Quellen verweisen wir auf zwei, die im Text des Vorbereitungsdokumentes vielfach zitiert werden: die Ansprache bei der 50-Jahrfeier der Errichtung der Bischofssynode, die von Papst Franziskus am 17. Oktober 2015 gehalten wurde, und das Dokument Die Synodalität im Leben und in der Sendung der Kirche, das von der Internationalen Theologischen Kommission erarbeitet und 2018 publiziert wurde.

I. Der Appell zum „gemeinsamen Gehen“

4. Der synodale Weg verläuft in einem historischen Kontext, der von epochalen Veränderungen der Gesellschaft und einem entscheidenden Übergang im Leben der Kirche gekennzeichnet ist, die nicht ignoriert werden können: wir sind innerhalb der Verästelungen der Komplexität dieses Kontextes, mit seinen Spannungen und seinen Widersprüchen, aufgerufen, „nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten“ (GS, Nr. 4). Hier werden einige Elemente des globalen Szenariums umschrieben, welche besonders eng mit dem Thema der Synode verbunden sind; dieses Bild muss aber auf lokaler Ebene bereichert und vervollständigt werden.

5. Eine globale Tragödie, wie die COVID-19-Pandemie, „hat für eine gewisse Zeit wirklich das Bewusstsein geweckt, eine weltweite Gemeinschaft in einem Boot zu sein, wo das Übel eines Insassen allen zum Schaden gereicht. Wir haben uns daran erinnert, dass keiner sich allein retten kann, dass man nur Hilfe erfährt, wo andere zugegen sind“ (FT, Nr. 32). Zur gleichen Zeit hat die Pandemie auch die schon vorher bestehenden Ungleichgewichte und Ungleichheiten explodieren lassen: die Menschheit wird immer mehr von Prozessen der Vermassung und der Fragmentierung erschüttert; die tragischen Bedingungen, unter denen die Migranten in allen Regionen der Erde leben, bezeugen, wie hoch und fest die Barrieren immer noch sind, welche die eine Menschheitsfamilie spalten. Die Enzykliken Laudato si’ und Fratelli tutti dokumentieren die Tiefe der Risse, welche die Menschheit durchziehen. Auf diese Analysen können wir uns beziehen, wenn es darum geht, den Schrei der Armen und der Erde zu hören und die Samen der Hoffnung und der Zukunft zu erkennen, die der Geist immer neu in unserer Zeit aufgehen lässt: „Der Schöpfer verlässt uns nicht, niemals macht er in seinem Plan der Liebe einen Rückzieher, noch reut es ihn, uns erschaffen zu haben. Die Menschheit besitzt noch die Fähigkeit zusammenzuarbeiten, um unser gemeinsames Haus aufzubauen“ (LS, Nr. 13).

6. Diese Situation, die – bei allen großen Unterschieden – der ganzen Menschheitsfamilie gemeinsam ist, fordert die Kirche heraus, die Menschen und die Gemeinschaften zu begleiten, wenn es darum geht, die Erfahrungen der Trauer und des Leidens neu zu lesen, welche viele falsche Sicherheiten demaskiert haben, sowie die Hoffnung und den Glauben in die Güte des Schöpfers und seiner Schöpfung zu pflegen. Wir können uns aber nicht davor verstecken, dass die Kirche selbst dem Mangel an Glauben und der Korruption in ihrem Innern entgegenwirken muss. Besonders können wir das Leiden der Minderjährigen und der vulnerablen Personen nicht vergessen, welches sie „wegen sexuellem wie Macht- und Gewissensmissbrauch seitens einer beträchtlichen Zahl von Klerikern und Ordensleuten erfahren haben“[4]. Wir sind beständig „als Volk Gottes gefragt, uns des Schmerzes unserer an Leib und Seele verwundeten Brüder und Schwestern anzunehmen“[5]: Zu lange war die Kirche nicht bereit, in ausreichendem Maß dem Schrei der Opfer zuzuhören. Es handelt sich um tiefe Wunden, die nur schwer zu heilen sind, für welche man nie genug um Verzeihung bitten kann, und die Hindernisse darstellen, zuweilen gewaltige Hindernisse, um in der Perspektive des „gemeinsamen Gehens” voranzuschreiten. Die gesamte Kirche ist aufgerufen, sich der Last einer Kultur bewusst zu werden, die von Klerikalismus gekennzeichnet ist und welche sie aus ihrer Geschichte geerbt hat, sowie derjenigen Formen der Ausübung von Autorität, aus welchen verschiedene Arten des Missbrauchs entspringen können (Missbrauch von Macht, ökonomische Missbräuche, geistlicher Missbrauch, sexueller Missbrauch). „Es ist unmöglich, sich eine Umkehr des kirchlichen Handelns vorzustellen ohne die aktive Teilnahme aller Glieder des Volks Gottes“[6]: gemeinsam bitten wir den Herrn, „dass er uns die Gnade der Umkehr und die innere Salbung schenkt, um angesichts dieser Verbrechen des Missbrauchs unsere Reue und unsere Entschiedenheit, mit Mut dagegen zu kämpfen, zum Ausdruck bringen können“[7].

7. Ungeachtet unserer Untreue wirkt der Geist weiter in der Geschichte und zeigt seine belebende Kraft. Gerade in den Furchen, die von jeder Form des Leidens der Menschheitsfamilie und des Volkes Gottes gezogen wurden, blühen neue Sprachen des Glaubens auf und zeichnen sich neue Wege ab, die uns nicht nur erlauben, die Ereignisse aus einer theologischen Sichtweise zu interpretieren, sondern auch durch Prüfung der Gründe eine neue Grundlegung des Weges christlichen und kirchlichen Lebens zu finden. Es ist ein Grund großer Hoffnung, dass nicht wenige Kirchen schon Treffen und mehr oder weniger strukturierte Prozesse der Konsultation des Volkes Gottes begonnen haben. Wo sie in einem synodalen Stil gestaltet wurden, ist der Sinn für die Kirche neu aufgeblüht und die Teilnahme aller hat dem kirchlichen Leben neuen Schwung gegeben. Der Wunsch der Jugendlichen, eine zentrale Rolle in der Kirche zu übernehmen,  wird genauso bestätigt, wie die Bitte um eine größere Wertschätzung der Frauen und um Räume der Teilhabe an der Sendung der Kirche, wie sie schon in den Synodenversammlungen von 2018 und 2019 deutlich wurden. In der gleichen Linie stehen auch die kürzlich erfolgte Errichtung des laikalen Dienstes des Katecheten und die Öffnung des Zugangs zum Dienst des Lektoren und Akolythen für Frauen.

8. Wir können die Vielfältigkeit der Bedingungen nicht ignorieren, unter denen die christlichen Gemeinschaften in den verschiedenen Regionen der Welt leben. Neben Ländern, in denen die Kirche die Mehrheit der Bevölkerung umfasst und für die ganze Gesellschaft einen kulturellen Bezugspunkt darstellt, gibt es andere, in denen die Katholiken eine Minderheit sind; in einigen von ihnen erleiden die Katholiken gemeinsam mit den anderen Christen zum Teil sehr gewaltsame Formen der Verfolgung und nicht selten das Martyrium. Wenn auf der einen Seite eine säkularisierte Mentalität vorherrscht, welche dazu neigt, die Religion aus dem öffentlichen Diskurs zu verbannen, gibt es auf der anderen Seite einen religiösen Integralismus, der die Freiheit der anderen nicht achtet und Formen der Intoleranz und der Gewalt fördert, die sich auch in der christlichen Gemeinschaft und ihren Beziehungen zur Gesellschaft widerspiegeln. Nicht selten übernehmen die Christen eben jene Haltungen und verursachen so Spaltungen und Gegensätze auch in der Kirche. Gleichzeitig gilt es, die Art und Weise im Auge zu behalten, in der sich innerhalb der christlichen Gemeinschaft und in ihrer Beziehung zur Gesellschaft die Risse widerspiegeln., die aus ethischen oder rassischen Gründen, wegen der Kastenzugehörigkeit oder anderer Formen der sozialen Schichtung oder kultureller und struktureller Gewalt, die Gesellschaft durchziehen. Diese Situationen haben eine tiefe Auswirkung auf die Bedeutung des Ausdrucks „gemeinsam Gehen“ und auf die konkreten Möglichkeiten seiner Umsetzung.

9. Innerhalb dieses Kontextes stellt die Synodalität für die Kirche, die dazu aufgerufen ist, sich unter der Wirkung des Heiligen Geistes und dank des Hörens auf das Wort zu erneuern, einen Königsweg dar. Die Fähigkeit, sich eine andere Zukunft für die Kirche und für ihre Institutionen vorstellen zu können, die auf der Höhe der Sendung ist, die sie empfangen hat, hängt zum großen Teil von der Entscheidung ab, Prozesse des Zuhörens, des Dialogs und der gemeinsamen Unterscheidung in Gang zu setzen, an denen alle teilnehmen und ihren Teil beitragen können. Zugleich ist die Entscheidung, „gemeinsam zu gehen“ ein prophetisches Zeichen für eine Menschheitsfamilie, die eines gemeinsamen Projektes bedarf, das das Wohl aller verfolgt. Eine Kirche, die in Treue zu dem was sie verkündet, fähig ist zur Gemeinschaft und zur Geschwisterlichkeit, zur Teilhabe und Subsidiarität, kann sich an die Seite der Armen und der Letzten stellen, um ihnen ihre Stimme zu leihen. Um „gemeinsam zu gehen“ ist es erforderlich, dass wir uns vom Geist zu einer wirklich synodalen Haltung erziehen lassen, um mit Mut und Freiheit des Herzens in einen Prozess der Bekehrung einzutreten, ohne den jene „dauernde Reform, deren sie [die Kirche] allzeit bedarf, soweit sie menschliche und irdische Einrichtung ist“ (UR, Nr. 6; vgl. EG, Nr. 26) nicht möglich ist.

II. Eine konstitutiv synodale Kirche

10. „Was der Herr von uns verlangt, ist in gewisser Weise schon im Wort ,Synode‘ enthalten“[8], das „in der Tradition der Kirche ein altes und verehrungswürdiges Wort ist, dessen Bedeutung die tiefsten Inhalte der Offenbarung in Erinnerung ruft“[9]. Es ist „der Herr Jesus, der sich selbst als der Weg und die Wahrheit und das Leben‘ (Joh 14,6) offenbart. Und die Christen in seiner Nachfolge werden ursprünglich ,die Anhänger des Weges Jesu‘ (vgl. Apg 9,2; 19,9.23; 22.4; 24, 14.22) genannt“ [10]. In dieser Perspektive ist die Synodalität weit mehr, als die Feier kirchlicher Treffen und die Versammlungen von Bischöfen oder eine Frage der einfachen internen Verwaltung der Kirche; sie ist „der spezifische modus vivendi et operandi der Kirche als Gottesvolk, das seine Existenz als Gemeinschaft und Weggemeinschaft manifestiert und konkretisiert, indem es in der Versammlung zusammenkommt und indem alle seine Mitglieder aktiv an seinem Auftrag der Evangelisierung teilnehmen“[11]. Hier verbinden sich daher jene Elemente, die das Thema der Synode als tragende Achsen einer synodalen Kirche vorschlägt: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung. In diesem Kapitel erklären wir in synthetischer Weise einige grundlegende theologische Bezugspunkte, auf welche sich diese Perspektive gründet.

11. Im ersten Jahrtausend war das „gemeinsam Gehen”, d. h. die synodale Praxis, die gewöhnliche Art und Weise des Vorgehens einer Kirche, die verstanden wurde als „Volk, das von der Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes versammelt wurde“[12]. Denjenigen, die den Körper der Kirche zerteilten, haben die Kirchenväter die Gemeinschaft der über die Welt verstreuten Kirchen entgegengehalten, die der Hl. Augustinus als „concordissima fidei conspiratio“[13] bezeichnet hat, d. h. die Übereinstimmung aller Getauften im Glauben. Hier ist die breite Entwicklung einer synodalen Praxis auf allen Ebenen der Kirche – lokal, provinzial, universal – verwurzelt, die in den ökumenischen Konzilien ihren höchsten Ausdruck gefunden hat. In diesem kirchlichen Horizont, der vom Prinzip der Teilnahme aller am kirchlichen Leben inspiriert ist, konnte der hl. Johannes Chrysostomos sagen: „Kirche und Synode sind Synonyme“[14]. Auch im zweiten Jahrtausend, während dessen die Kirche verstärkt die Bedeutung der Hierarchie hervorgehoben hat, ist diese Art und Weise des Vorgehens nicht verschwunden: auf der einen Seite ist im Mittelalter und in der Neuzeit die Feier von Diözesan- und Provinzialsynoden neben derjenigen der ökumenischen Konzilien gut bezeugt. Auf der anderen Seite haben die Päpste, wenn es um die Definition der dogmatischen Wahrheiten ging, die Bischöfe konsultieren wollen, um den Glauben der ganzen Kirche kennenzulernen. Dabei habe sie auf die Autorität des sensus fidei des ganzen Gottesvolkes zurückgegriffen, der „in credendo unfehlbar ist“ (EG, Nr. 119).

12. In dieser Dynamik der Tradition ist das II. Vatikanische Konzil verankert. Es hebt hervor, dass es Gott gefallen hat, „die Menschen nicht einzeln, unabhängig von aller wechselseitigen Verbindung, zu heiligen und zu retten, sondern sie zu einem Volke zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit dienen soll“ (LG, Nr. 9). Den Gliedern des Volkes Gottes ist die Taufe gemeinsam und „wenn auch einige nach Gottes Willen als Lehrer, Ausspender der Geheimnisse und Hirten für die anderen bestellt sind, so waltet doch unter allen eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi“ (LG, Nr. 32). Daher haben alle Getauften „in der Ausübung des vielfältigen und geordneten Reichtums ihrer Charismen, ihrer Berufungen, ihrer Ämter“[15] Anteil am priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt Christi und sind aktive Subjekte der Evangelisierung, sei es als Einzelne, sei es als Gesamtheit des Volkes Gottes.

13. Das Konzil hat unterstrichen, dass die Gesamtheit der Gläubigen, Kraft der Salbung des Hl. Geistes, die alle in der Taufe empfangen haben, „im Glauben nicht irren kann. Und diese ihre besondere Eigenschaft macht sie durch den übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes dann kund, wenn sie ,von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien‘ ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des Glaubens und der Sitten äußert“ (LG, Nr. 12). Es ist der Geist, der die Gläubigen „zur ganzen Wahrheit führt“ (Joh 16,13). Durch sein Wirken kennt die „apostolische Überlieferung in der Kirche einen Fortschritt“, denn das ganze heilige Volk Gottes wächst im Verständnis und in der Erfahrung «der überlieferten Dinge und Worte durch das Nachsinnen und Studium der Gläubigen, die sie in ihrem Herzen erwägen (vgl. Lk 2,19.51), durch innere Einsicht, die aus geistlicher Erfahrung stammt, durch die Verkündigung derer, die mit der Nachfolge im Bischofsamt das sichere Charisma der Wahrheit empfangen haben; denn die Kirche strebt im Gang der Jahrhunderte ständig der Fülle der göttlichen Wahrheit entgegen, bis an ihr sich Gottes Worte erfüllen“ (DV, Nr. 8). Tatsächlich hält sich das von seinen Hirten versammelte Volk an das heilige Depositum des Wortes, das der Kirche anvertraut wurde, und verharrt beständig in der Lehre der Apostel, in der geschwisterlichen Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und im Gebet, „so dass im Festhalten am überlieferten Glauben, in seiner Verwirklichung und seinem Bekenntnis ein einzigartiger Einklang herrscht zwischen Vorstehern und Gläubigen“ (DV, Nr. 10).

14. Die Hirten, von Gott „als «authentische Hüter, Ausleger und Zeugen des Glaubens der ganzen Kirche“» bestellt[16], fürchten daher nicht, der ihnen anvertrauten Herde zuzuhören: die Konsultation des Gottesvolkes bringt keineswegs die Übernahme der Prinzipien der Demokratie, die auf dem Mehrheitsprinzip beruhen, im Innern der Kirche mit sich. Denn Grundlage für die Teilnahme an einem jeden synodalen Prozess ist die geteilte Leidenschaft für die gemeinsame Sendung der Evangelisierung und nicht die Vertretung von Interessen, die untereinander in Konflikt stehen. Mit anderen Worten geht es um einen kirchlichen Prozess, der nicht verwirklicht werden kann, außer „im Leib einer hierarchisch strukturierten Gemeinschaft“[17]. Der einmütige Konsens der ganzen Kirche im gleichen Glauben verwirklicht sich im fruchtbaren Band zwischen dem sensus fidei des Volkes Gottes und der Funktion des Lehramtes der Hirten. Jeder synodale Prozess, in dem die Bischöfe gerufen sind, nicht alleine, sondern im Hören auf das Volk Gottes, «das auch am prophetischen Amt Christi teilnimmt» (LG, Nr. 12), durch geistliche Unterscheidung das herauszufinden, was der Geist der Kirche sagt, ist eine klare Form jenes „gemeinsamen Gehens“, das die Kirche wachsen lässt. Der Hl. Benedikt unterstreicht, wie „der Herr oft die beste Entscheidung“[18] dem offenbart, der in der Gemeinschaft keine herausragende Position hat (in diesem Fall dem Jüngsten); daher sollen die Bischöfe darum bemüht sein, alle zu erreichen, damit sich im geordneten Ablauf des synodalen Weges das verwirklicht, was der Apostel Paulus den Gemeinden empfiehlt: „Löscht den Geist nicht aus! Verachtet prophetisches Reden nicht! Prüft alles und behaltet das Gute„ (1Thess 5,19–21).

15. Der Sinn des Weges, auf den wir gerufen sind, ist es vor allem, das Antlitz und die Gestalt einer synodalen Kirche zu entdecken, in der „jeder etwas zu lernen hat: das gläubige Volk, das Bischofskollegium, der Bischof von Rom – jeder im Hinhören auf die anderen und alle im Hören auf den Heiligen Geist, den „Geist der Wahrheit“ (Joh 14,17), um zu erkennen, was er ,den Kirchen sagt‘ (vgl. Offb 2,7)“[19]. Der Bischof von Rom, als Prinzip und Fundament der Einheit der Kirche, fordert alle Bischöfe und alle Teilkirchen, in denen und aus denen die eine und einzige katholische Kirche besteht (vgl. LG, Nr. 23), dazu auf, mit Vertrauen und Mut den Weg der Synodalität zu beschreiten. Bei diesem „gemeinsamen Gehen“ bitten wir den Geist, uns entdecken zu lassen, wie die Gemeinschaft, welche die Vielfalt der Gaben, der Charismen und der Dienste zur Einheit führt, der Sendung dient: eine synodale Kirche ist eine Kirche „im Aufbruch“, eine missionarische Kirche, «mit offenen Türen» (EG, Nr. 46). Dies umfasst auch die Einladung, die Beziehung zu den anderen Kirchen und christlichen Gemeinschaften, mit denen wir in der einen Taufe verbunden sind, zu vertiefen. Die Perspektive des „gemeinsamen Gehens“ ist aber noch weiter und umgreift die ganze Menschheit, mit der wir „die Freude und die Hoffnung, die Trauer und die Angst“ (GS, Nr. 1) teilen. Eine synodale Kirche ist ein prophetisches Zeichen, vor allem für eine Gemeinschaft der Nationen, die unfähig ist, ein gemeinsames Projekt vorzuschlagen, um durch dieses das Wohl aller zu verfolgen: die Synodalität zu praktizieren ist heute für die Kirche die klarste Weise, um „allumfassendes Heilssakrament“ (LG, Nr. 48) zu sein, „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (LG, Nr. 1).

III. Im Hören auf die Heilige Schrift

16. Der Geist Gottes, der dieses „gemeinsame Gehen“ der Kirchen erleuchtet und lebendig macht, ist der gleiche Geist, der auch in der Sendung Jesu wirkt, und den Aposteln sowie den Generationen der Jünger verheißen wird, die das Wort Gottes hören und es befolgen. Gemäß der Verheißung des Herrn beschränkt sich der Geist nicht darauf, die Kontinuität des Evangeliums Jesu zu bestätigen, sondern vertieft das Verständnis seiner Offenbarung und inspiriert die notwendigen Entscheidungen, um den Weg der Kirche zu unterstützen (vgl. Joh 14,25-26; 15,26-27; 16,12-15). Daher ist es angemessen, dass unser Weg des Aufbaus einer synodalen Kirche von zwei Bildern der Schrift inspiriert wird. Eines tritt in der Darstellung der „Gemeinschaftsszene“ hervor, welche beständig den Weg der Evangelisierung begleitet; das andere bezieht sich auf die Erfahrung des Geistes, in welcher Petrus und die Urgemeinschaft das Risiko erkennen, das entsteht, wenn man ungerechtfertigte Grenzen für die Mitteilung des Glaubens zieht. Die synodale Erfahrung des „gemeinsamen Gehens“ in der Nachfolge des Herrn und im Gehorsam gegenüber dem Geist kann von diesen beiden Ereignissen der Offenbarung eine entscheidende Anregung empfangen.

Jesus, die Menge, die Apostel

17. In ihrer grundsätzlichen Gestaltung erscheint eine originäre Szene als Konstante der Art und Weise, wie Jesus sich durch die Verkündigung des kommenden Reiches Gottes in den Evangelien offenbart. Es sind im Wesentlichen drei Akteure (plus einer). Der erste ist natürlich Jesus, in absoluter Weise der Protagonist, der die Initiative ergreift, indem er die Worte und die Zeichen des Kommens des Reiches aussät, und zwar „ohne auf die Person zu sehen“ (vgl. Apg. 10,34). In verschiedenen Formen richtet Jesus eine besondere Aufmerksamkeit auf die von Gott „Getrennten“ und auf die von der Gemeinschaft „Ausgestoßenen“ (in der Sprache der Evangelien: die Sünder und die Armen). Mit seinen Worten und seinen Taten bietet er im Namen Gottes des Vaters und in der Kraft des Heiligen Geistes die Befreiung vom Bösen und die Bekehrung zur Hoffnung hin an. Wenn auch die Berufungen und die Antworten auf den Ruf des Herrn verschieden sind, besteht das gemeinsame Kennzeichen darin, dass der Glaube immer als Wertschätzung der Person zum Ausdruck kommt: ihr Gebet wird erhört, ihren Schwierigkeiten wird Hilfe geleistet, ihre Verfügbarkeit wird wertgeschätzt, ihre Würde wird durch den Blick Gottes bestätigt und der Anerkennung durch die Gemeinschaft zurückgegeben.

18. Die Tätigkeit der Evangelisierung und die Botschaft des Heiles wären tatsächlich nicht verständlich ohne die beständige Offenheit Jesu für den Gesprächspartner, und zwar in der weitest möglichen Art und Weise, welche die Evangelien als die Menge bezeichnen, d. h. die Gesamtheit der Personen, die ihm auf dem Weg folgen, und ihn manchmal sogar in der Hoffnung auf ein Zeichen und ein Wort des Heils verfolgen: hier haben wir den zweiten Akteur in der Szene der Offenbarung. Die Verkündigung des Evangeliums ist nicht nur an einige Erleuchtete oder Erwählte gerichtet. Der Gesprächspartner Jesu ist „das Volk“ des gewöhnlichen Alltags, der „Jedermann“ der menschlichen Wesensart, den er direkt in Kontakt mit der Gabe Gottes und der Berufung zum Heil bringt. In einer Weise, welche die Zeugen überrascht und teilweise skandalisiert, nimmt Jesus all diejenigen als Gesprächspartner an, die aus der Menge heraustreten: er hört sich die leidenschaftlichen Einwände der kanaanäischen Frau an (Mt 15,21-28), die es nicht akzeptieren kann, dass sie vom Segen, den Er bringt, ausgeschlossen wird; er tritt in den Dialog mit der Samaritanerin ein (Joh 4,1-42), ungeachtet der Tatsache, dass sie als Frau sozial und religiös kompromittiert ist; er ruft den freien und dankbaren Akt des Glaubens des Blindgeborenen hervor (Joh 9), den die offizielle Religion als jemanden zurückgewiesen hatte, der jenseits der Reichweite der Gnade lebt.

19. Einige folgen Jesus in ausdrücklicherer Weise und erfahren dabei die Treue der Jüngerschaft, während andere dazu eingeladen werden, in ihr alltägliches Leben zurückzukehren: alle aber bezeugen die Kraft des Glaubens, der sie gerettet hat (vgl. Mt 15,28). Unter denen, die Jesus folgen, kommt der Gestalt der Apostel, die Er selbst von Anfang an beruft, eine besondere Bedeutung zu. Er bestimmt sie als autoritative Vermittler der Beziehung zwischen der Menge und der Offenbarung und dem Kommen des Reiches Gottes. Das Auftauchen dieses dritten Akteurs in der Szene erfolgt nicht dank einer Heilung oder einer Bekehrung, sondern fällt mit dem Ruf Jesu zusammen. Die Wahl der Apostel ist nicht ein Privileg einer exklusiven Machtposition und einer Absonderung, sondern die Gnade eines alle einschließenden Dienstes des Segens und der Gemeinschaft. Dank der Gabe des Geistes des auferstandenen Herrn dürfen sie die Stelle Jesu bewahren, ohne ihn zu ersetzen: nicht, um Filter im Hinblick auf seine Gegenwart einzusetzen, sondern um es leicht zu machen, ihm zu begegnen.

20. Jesus, die Menge in ihrer Verschiedenheit, die Apostel: hier haben wir das Bild und das Geheimnis, das es beständig zu betrachten und zu vertiefen gilt, damit die Kirche immer mehr das wird, was sie ist. Keiner der drei Akteure kann die Szene verlassen. Wenn Jesus fehlt und ein anderer sich an seine Stelle setzt, wird die Kirche zu einem Vertrag zwischen den Aposteln und der Menge, deren Dialog darauf hinausläuft, dem Drehbuch des politischen Spiels zu folgen. Ohne die von Jesus autorisierten und vom Geist belehrten Apostel wird die Beziehung zur Wahrheit des Evangeliums unterbrochen, und die Menge bleibt einem Mythos oder einer Ideologie über Jesus ausgesetzt, ob sie ihn nun annimmt oder ablehnt. Ohne die Menge wird die Beziehung der Apostel zu Jesus zu einer sektenähnlichen und selbstbezogenen Form von Religion korrumpiert und die Evangelisierung verliert ihr Licht, das von der Offenbarung herkommt, die Gott von sich aus direkt jedem gewährt, indem er ihm sein Heil anbietet.

21. Es gibt dann noch einen Darsteller „mehr“, den Gegner, der die teuflische Trennung zwischen den anderen dreien in die Szene einbringt. Angesichts der verstörenden Perspektive des Kreuzes gibt es Jünger, die weggehen, und Teile der Menge, deren Stimmung umschwenkt. Die Hinterlist, die Gegensätze aufbaut – und daher einem gemeinsamen Weg entgegensteht – kommt ununterscheidbar in den Formen der religiösen Strenge, der moralischen Verfügung, die sich gegenüber derer Jesus als anspruchsvoller darstellt, und der Verführung einer weltlichen politischen Weisheit zum Ausdruck, die sich für wirksamer hält, als die Unterscheidung der Geister. Um sich den Betrügereien des „vierten Akteurs“ zu entziehen, ist eine beständige Bekehrung erforderlich. In dieser Hinsicht ist die Episode des Hauptmanns Kornelius (vgl. Apg 10) emblematisch. Sie geht jenem „Konzil“ von Jerusalem voraus (vgl. Apg 15), das einen entscheidenden Bezugspunkt für die synodale Kirche darstellt.

Eine doppelte Dynamik der Bekehrung: Petrus und Kornelius (Apg 10)

22. Die Episode erzählt vor allem die Bekehrung des Kornelius, der sogar eine Art von Verkündigung erhält. Kornelius ist Heide, vermutlich Römer, Hauptmann (ein Offizier niederen Ranges) des Besatzungsheeres. Er übt einen Beruf aus, der sich auf Gewalt und Missbrauch gründet. Und dennoch kennt er das Gebet und die Almosen, d. h. er pflegt eine Beziehung zu Gott und nimmt sich des Nächsten an. Gerade zu ihm kommt überraschenderweise der Engel und ermahnt ihn, seine Diener nach Joppe zu schicken – das Verb der Sendung – um Petrus zu rufen – das Verb der Berufung. An dieser Stelle wird die Erzählung zum Bericht über die Bekehrung Petri, der am gleichen Tag eine Vision empfangen hat, in der eine Stimme ihm befiehlt, Tiere, von denen einige unrein sind, zu schlachten und zu essen. Seine Antwort ist entschieden: „Niemals, Herr!“ (Apg 10,14). Er erkennt, dass der Herr zu ihm spricht, aber er setzt ihm eine klare Verweigerung entgegen, denn diese Weisung zerstört Gebote der Torah, die für seine religiöse Identität unverzichtbar sind. Sie verkörpern eine Art und Weise, die Erwählung als Unterschied zu verstehen, welche den anderen Völkern gegenüber Trennung und Ausschließlichkeit bedeutet.

23. Der Apostel bleibt zutiefst verwirrt zurück und während er sich fragt, was geschehen ist, kommen die von Kornelius geschickten Männer, die der Geist ihm als seine Gesandten bezeichnet. Ihnen antwortet Petrus mit Worten, die an diejenigen erinnern, die Jesus im Garten sagt: „Ich bin der, den ihr sucht“ (Apg 10,21). Es geht hier um eine wirkliche und echte Bekehrung, um einen schmerzhaften und überaus fruchtbaren Übergang, der das Verlassen der eigenen kulturellen und religiösen Kategorien mit sich bringt: Petrus akzeptiert es, gemeinsam mit den Heiden die Speisen zu essen, die er immer für verboten gehalten hatte und erkennt darin ein Mittel des Lebens und der Gemeinschaft mit Gott und den anderen. In dieser Begegnung mit den Menschen, die er aufnimmt, mit denen er gemeinsam unterwegs ist und in deren Häuser er eintritt, wird ihm die Bedeutung seiner Vision bewusst: kein menschliches Wesen ist in den Augen Gottes unwürdig und der durch die Erwählung entstandene Unterschied bedeutet keine exklusive Bevorzugung, sondern Dienst und Zeugnis in weltumspannender Weise.

24. Sowohl Kornelius als auch Petrus beziehen andere Menschen in ihr Bekehrungsgeschehen mit ein und machen sie dadurch zu Weggefährten. Die apostolische Tätigkeit verwirklicht den Willen Gottes, indem sie Gemeinschaft bildet, Zäune niederreißt und die Begegnung fördert. In der Begegnung zwischen den beiden Protagonisten spielt das Wort eine zentrale Rolle. Kornelius beginnt damit, die von ihm erlebte Erfahrung zu teilen. Petrus hört ihm zu und ergreift danach das Wort. Er teilt seinerseits mit, was ihm geschehen ist und bezeugt dadurch die Nähe des Herrn, der jedem Menschen entgegenkommt, um ihn von dem zu befreien, was ihn zum Gefangenen des Bösen werden lässt und die Menschheit beschämt (vgl. Apg 10,38). Diese Art der Kommunikation ist derjenigen ähnlich, der sich Petrus bedient, als ihn in Jerusalem die beschnittenen Gläubigen zurechtweisen und ihn beschuldigen, die traditionellen Normen, auf die sich ihre ganze Aufmerksamkeit zu richten scheint, ohne auf die Ausgießung des Geistes zu achten, überschritten zu haben: „Du bist bei Unbeschnittenen eingekehrt und hast mit ihnen gegessen!“ (Apg 11,3). In diesem Moment des Konfliktes erzählt Petrus, was ihm geschehen ist, auch seine Reaktion der Verwirrung, des Unverständnisses und des Widerstandes. Genau das hilft seinen Gesprächspartnern, die anfänglich aggressiv und verhärtet sind, dabei, zuzuhören und das, was geschehen ist, anzunehmen. Die Schrift wird dazu beitragen, den Sinn zu verstehen, so wie dies später im „Konzil“ von Jerusalem geschieht, wo ein Prozess der Unterscheidung stattfindet, der in einem gemeinsamen Hören auf den Geist besteht.

IV. Die Synodalität in Aktion:
Wege zur Beratung mit dem Volk Gottes

25. Erleuchtet durch das Wort Gottes und in der Tradition gegründet, ist der synodale Weg im konkreten Leben des Volkes Gottes verwurzelt. Er stellt tatsächlich eine Besonderheit dar, die zugleich eine außerordentliche Ressource ist: sein Objekt – die Synodalität – ist auch seine Methode. Mit anderen Worten, er stellt eine Art von Baustelle oder Pilotprojekt dar, welche es erlaubt, von Anfang an damit zu beginnen, die Früchte der Dynamik zu ernten, welche die schrittweise synodale Umkehr der christlichen Gemeinschaft schenkt. Auf der anderen Seite kann er nicht anders, als auf die Erfahrungen von Synodalität zurückzuverweisen, die auf den verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Intensitätsgraden gelebt werden: ihre Stärken und ihre Erfolge genauso wie ihre Grenzen und ihre Schwierigkeiten stellen im Hinblick auf die Unterscheidung in Bezug auf die Richtung, in der es sich weiter zu bewegen gilt, wertvolle Elemente dar. Sicherlich wird hier Bezug auf die Erfahrungen genommen, die durch den hier vorgestellten synodalen Weg in Gang kommen, aber auch auf all die, in denen schon Formen des „gemeinsamen Gehens“ im alltäglichen Leben erfahren werden, auch wenn man den Begriff Synodalität nicht einmal kennt oder gebraucht.

Die grundlegende Fragestellung

26. Wie schon zu Beginn in Erinnerung gerufen wurde, ist die grundlegende Fragestellung bei dieser Konsultation des Volkes Gottes die folgende:

Eine synodale Kirche, die das Evangelium verkündet, „geht gemeinsam“: wie verwirklicht sich dieses „gemeinsame Gehen“ heute in Ihren Teilkirchen? Welche Schritte lädt der Geist uns ein, zu gehen, um in unserem „gemeinsam Gehen“ zu wachsen?

Um zu antworten, sind Sie eingeladen:

a)    sich zu fragen, welche Erfahrungen in Ihrer Teilkirche die grundlegende Fragestellung in Erinnerung ruft;

b)    Diese Erfahrungen vertieft neu zu betrachten: welche Freuden haben sie hervorgerufen? Auf welche Schwierigkeiten und Hindernisse sind sie gestoßen? Welche Wunden haben sie ans Licht gebracht? Welche Intuitionen haben sie hervorgerufen?

c)    Die Früchte zu sammeln, die es zu teilen gilt: wo ist in diesen Erfahrungen die Stimme des Geistes hörbar? Was erwartet er von uns? Welches sind die zu bestätigenden Punkte, die Perspektiven der Veränderung, die zu gehenden Schritte? Wo ist ein Konsens feststellbar? Welche Wege öffnen sich für unsere Teilkirche?

Verschiedene Ausdrucksformen der Synodalität

27. Beim Gebet, bei der Reflexion und dem Teilen, die von der grundlegenden Fragestellung angeregt werden, ist es angemessen, drei Ebenen im Blick zu behalten, auf denen sich die Synodalität als „konstitutive Dimension der Kirche“[20] artikuliert:

·      Die Ebene des Stiles, in dem die Kirche normalerweise lebt und arbeitet und der die Natur des Volkes Gottes zum Ausdruck bringt, das gemeinsam geht und sich in Versammlungen zusammenfindet, die vom Herrn Jesus in der Kraft des Heiligen Geistes einberufen werden, um das Evangelium zu verkünden. Dieser Stil verwirklicht sich „durch das gemeinschaftliche Hören auf das Wort und die Feier der Eucharistie, die Geschwisterlichkeit der Gemeinschaft und die Mitverantwortlichkeit und die Teilhabe des ganzen Volkes Gottes an ihrem Leben und ihrer Sendung, und zwar auf seinen unterschiedlichen Ebenen und in der Unterscheidung der verschiedenen Ämter und Rollen“[21].

·      Die Ebene der Strukturen und kirchlichen Prozesse, die auch aus theologischer und kirchenrechtlicher Sicht bestimmt sind, und in denen sich die synodale Natur der Kirche auf institutionelle Art und Weise auf der lokalen, regionalen und universalen Ebene zum Ausdruck bringt.

·      Die Ebene der synodalen Prozesse und Ereignisse, bei denen die Kirche nach spezifischen Prozeduren, die von der kirchlichen Disziplin bestimmt werden, von der zuständigen Autorität zusammengerufen wird.

Auch wenn sie aus Sicht der Logik voneinander unterschieden werden können, beziehen sich diese drei Ebenen doch aufeinander und müssen in kohärenter Weise zusammen betrachtet werden. Andernfalls wird ein Gegenzeugnis weitergetragen und die Glaubwürdigkeit der Kirche unterminiert. Wenn der Stil der Synodalität nämlich nicht in Strukturen und Prozesse umgesetzt wird, fällt er leicht von der Ebene der Absichten und der Wünsche auf die Ebene der Rhetorik herab, während Prozesse und Ereignisse, wenn sie nicht durch einen entsprechenden Stil belebt werden, zu leeren Formalitäten werden.

28. Darüber hinaus soll beim Nachdenken über die Erfahrungen gegenwärtig bleiben, dass das „gemeinsame Gehen” aus zwei verschiedenen Perspektiven verstanden werden kann, die aber untereinander aufs Engste verbunden sind. Die erste schaut auf das Leben innerhalb der Teilkirchen, auf die Beziehungen unter den Subjekten, die sie konstituieren (in erster Linie diejenigen zwischen den Gläubigen und ihren Hirten, auch durch die von der kirchenrechtlichen Ordnung vorgesehenen Teilhabeorgane, einschließlich der Diözesansynode), und auf die Gemeinschaften, in denen sie eingeteilt sind (in besonderer Weise die Pfarreien). Sie betrachtet dann die Beziehungen der Bischöfe untereinander und mit dem Bischof von Rom, auch im Zusammenhang mit den Organen der Synodalität auf der Zwischenebene (Synoden der Bischöfe der katholischen Ostkirchen, Räte und Versammlungen der Hierarchen der Kirchen sui iuris und Bischofskonferenzen in ihren nationalen, internationalen und kontinentalen Ausdrucksformen). Dann weitet sich der Blick auf die verschiedenen Weisen, in denen jede Teilkirche in ihrem Innern den Beitrag der verschiedenen Formen des monastischen Lebens, des Ordenslebens und des Geweihten Lebens, der Vereinigungen und Laienbewegungen, der kirchlichen Institutionen verschiedener Art (Schulen, Krankenhäuser, Universitäten, Stiftungen, karitative Einrichtungen, usw.) integriert. Schließlich umfasst diese Perspektive auch die Beziehungen zu und die gemeinsamen Initiativen mit den Schwestern und Brüdern der anderen christlichen Konfessionen, mit denen wir die Gabe der gleichen Taufe teilen.

29. Die zweite Perspektive nimmt in den Blick, wie das Volk Gottes gemeinsam mit der ganzen Menschheitsfamilie unterwegs ist. Dieser Blick richtet sich auf die Beziehungen, den Dialog und die eventuellen gemeinsamen Unternehmungen mit den Gläubigen anderer Religionen, mit Menschen, die dem Glauben fernstehen, sowie auch mit dem sozialen Umfeld und besonderen sozialen Gruppen, mit ihren Einrichtungen (Welt der Politik, der Kultur, der Wirtschaft, der Finanzen, der Arbeit, Gewerkschaften und Unternehmervereinigungen, Nichtregierungsorganisationen, Organisationen der Zivilgesellschaft, Volksbewegungen, verschiedene Minderheiten, Arme, Ausgegrenzte, usw.).

Zehn zu vertiefende Themenfelder

30. Um dabei zu helfen, dass Erfahrungen ans Licht kommen und um in reicherer Weise zur Konsultation beizutragen, werden im Folgenden auch zehn Themenfelder benannt, in denen verschiedene Facetten der „gelebten Synodalität“ zum Ausdruck kommen. Sie müssen an die unterschiedlichen Kontexte vor Ort angepasst und nach und nach ergänzt, erklärt, vereinfacht und vertieft werden, wobei denjenigen besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist, die größere Schwierigkeiten haben, teilzunehmen und zu antworten: das Vademecum, welches dieses Vorbereitungsdokument begleitet, bietet diesbezüglich Instrumente, Wege und Vorschläge an, damit die verschiedenen Fragenfelder konkret Momente des Gebetes, der Ausbildung, des Nachdenkens und des Austausches anregen können.

I. DIE WEGGEFÄHRTEN

In der Kirche und in der Gesellschaft gehen wir Seite an Seite auf der gleichen Straße. Wer sind in Ihrer Teilkirche diejenigen, die „gemeinsam gehen“? Wenn gesagt wird „unsere Kirche” – wer gehört dazu? Wer bittet darum, gemeinsam zu gehen? Wer sind die Reisegefährten, auch außerhalb des kirchlichen Sprengels? Welche Personen oder Gruppen werden absichtlich oder tatsächlich außen vorgelassen?

II. ZUHÖREN

Das Zuhören ist der erste Schritt. Es erfordert aber, ohne Vorurteile, offenen Geistes und Herzens zu sein. Wem gegenüber hat Ihre Teilkirche eine „Bringschuld des Zuhörens“? Wie wird den Laien, besonders den Jugendlichen und den Frauen, zugehört? Wie wird der Beitrag der gottgeweihten Frauen und Männer integriert? Welchen Raum hat die Stimme der Minderheiten, der Ausgestoßenen und der Ausgeschlossenen? Gelingt es, Vorurteile und Stereotypen zu identifizieren, die das Zuhören behindern? Wie wird auf den sozialen und kulturellen Kontext gehört, in dem Sie leben?

III. DAS WORT ERGREIFEN

Alle sind eingeladen, mit Mut und Freimut [Parrhesie] zu sprechen, d. h. Freiheit, Wahrheit und Liebe zu integrieren. Wie wird innerhalb der Gemeinschaft und ihrer Organe ein freier und authentischer kommunikativer Stil gefördert, ohne Doppeldeutigkeit und Opportunismus? Wie sieht es im Hinblick auf die Gesellschaft aus, deren Teil wir sind? Wann und wie gelingt es, das zu sagen, was Ihnen am Herzen liegt? Wie funktioniert die Beziehung zu den Medien (nicht nur der katholischen)? Wer spricht im Namen der christlichen Gemeinschaft, und wie wird er oder sie ausgewählt?

IV. FEIERN

Ein „gemeinsames Gehen” ist nur möglich, wenn es im gemeinsamen Hören auf das Wort Gottes und in der Feier der Eucharistie gründet. Auf welche Weise inspirieren und orientieren tatsächlich das Gebet und die Feier der Liturgie das „gemeinsame Gehen“? Wie werden Ihre wichtigsten Entscheidungen inspiriert? Wie werden die aktive Teilnahme aller Gläubigen an der Liturgie und am Heiligungsdienst gefördert? Welcher Platz wird der Ausübung des Lektoren- und Akolythen-Dienstes eingeräumt?

V. MITVERANTWORTUNG IN DER SENDUNG

Die Synodalität steht im Dienst der Sendung der Kirche, an der teilzuhaben alle Glieder berufen sind. Alle sind missionarische Jünger. Auf welche Weise wird jeder Getaufte aufgerufen, Protagonist der Sendung zu sein? Wie unterstützt die Gemeinschaft die eigenen Mitglieder, die in einem Dienst in der Gesellschaft engagiert sind (sozialer und politischer Einsatz, Tätigkeit in der wissenschaftlichen Forschung und in der Lehre, in der Förderung der sozialen Gerechtigkeit, im Schutz der Menschenrechte und der Pflege des gemeinsamen Hauses, usw.)? Wie hilft sie ihnen, diesen Einsatz in einer missionarischen Perspektive zu leben? Wie erfolgt die Unterscheidung im Hinblick auf die Sendung und wer an ihr teilnimmt? Wie wurden die verschiedenen Traditionen im Hinblick auf den synodalen Stil bezüglich eines wirksamen christlichen Zeugnisses integriert und angepasst, die den Reichtum verschiedener Kirchen, besonders der orientalischen darstellen? Wie funktioniert die Zusammenarbeit in den Gebieten, in denen verschiedene Kirchen sui iuris zu finden sind?

VI. IN DER KIRCHE UND IN DER GESELLSCHAFT DIALOG FÜHREN

Der Dialog ist ein Weg der Beständigkeit, der auch Schweigen und Leiden umfasst, aber in der Lage ist, die Erfahrungen der Menschen und der Völker aufzugreifen. Welches sind die Orte und die Modalitäten des Dialoges im Inneren unserer Teilkirche? Wie wird mit den unterschiedlichen Sichtweisen, mit Konflikten und Schwierigkeiten umgegangen? Wie wird die Zusammenarbeit mit den benachbarten Diözesen, mit und unter den religiösen Gemeinschaften, die im Territorium präsent sind, mit und unter den Vereinigungen und Laienbewegungen, usw. gefördert? Welche Erfahrungen des Dialogs und des gemeinsamen Bemühens mit Gläubigen anderer Religionen oder mit Nichtgläubigen können weitergeführt werden? Wie tritt die Kirche mit anderen Instanzen der Gesellschaft in Dialog und lernt von ihnen: der Welt der Politik, der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft, der Armen ...?

VII. MIT DEN ANDEREN CHRISTLICHEN KONFESSIONEN

Der Dialog unter Christen verschiedener Konfessionen, vereint in der einen Taufe, hat im synodalen Weg einen besonderen Rang. Welche Beziehungen werden mit den Schwestern und Brüdern der anderen christlichen Konfessionen unterhalten? Welche Bereiche sind umfasst? Welche Früchte sind durch dieses „gemeinsame Gehen“ gereift? Welche Schwierigkeiten sind entstanden?

VIII. AUTORITÄT UND TEILNAHME

Eine synodale Kirche ist eine Kirche der Teilhabe und der Mitverantwortung. Wie werden die zu verfolgenden Ziele, die einzuschlagenden Wege und die zu erfolgenden Schritte festgelegt? Wie wird innerhalb unserer Teilkirche die Autorität ausgeübt? Wie sieht die Praxis der Teamarbeit und der Mitverantwortung aus? Wie werden die laikalen Dienste und die Übernahme von Verantwortung durch die Gläubigen gefördert? Wie funktionieren die synodalen Organismen auf Ebene der Teilkirche? Stellen sie eine fruchtbare Erfahrung dar?

IX. UNTERSCHEIDEN UND ENTSCHEIDEN

In einem synodalen Stil wird durch Unterscheidung auf der Basis eines Konsenses entschieden, der aus dem gemeinsamen Gehorsam gegenüber dem Geist hervorgeht. Durch welche Prozeduren und mit welchen Methoden wird unterschieden und wo werden Entscheidungen getroffen? Wie kann das verbessert werden? Wie wird die Teilnahme an Entscheidungen innerhalb hierarchisch strukturierter Gemeinschaften gefördert? Wie wird die Phase der Konsultation mit derjenigen der Entscheidung verbunden, den Prozess des decision-making mit dem Moment des decision-taking? Auf welche Art und Weise und durch welche Mittel werden Transparenz und Rechenschaft gefördert?

X. SICH IN DER SYNODALITÄT BILDEN

Die Spiritualität des „gemeinsamen Gehens“ ist dazu berufen, Bildungsprinzip der menschlichen und christlichen Person, der Familien und der Gemeinschaften, zu werden. Wie werden die Menschen ausgebildet, besonders diejenigen, die innerhalb der christlichen Gemeinschaft verantwortliche Stellen einnehmen, um sie zu befähigen, „gemeinsam zu gehen“, sich gegenseitig zuzuhören und miteinander in Dialog zu treten? Welche Ausbildung wird im Hinblick auf die Unterscheidung und die Ausübung der Autorität angeboten? Welche Instrumente helfen, die Dynamiken der Kultur, in die Sie hineingestellt sind, und ihre Auswirkung auf den Stil als Kirche zu verstehen?

Zur Beratung beitragen

31. Ziel der ersten Phase des synodalen Weges ist es, einen umfassenden Prozess der Konsultation zu fördern, um den Reichtum der gelebten Erfahrung von Synodalität in ihren verschiedenen Ausdrucksformen und Facetten zusammenzutragen. Hierbei sollen die Hirten und die Gläubigen der Teilkirchen auf allen unterschiedlichen Ebenen einbezogen werden. Dies geschieht durch die Mittel, die entsprechend der Realität vor Ort am angemessensten sind: Die Konsultation, die vom Bischof koordiniert wird, richtet sich an die „Priester, Diakone und Laien ihrer Kirchen – Einzelpersonen oder auch entsprechenden Vereinigungen – ohne dabei den wertvollen Beitrag zu vernachlässigen, der von den gottgeweihten Männern und Frauen kommen kann“ (EC, Nr. 7). In besonderer Weise wird der Beitrag der Räte und Gremien der Teilkirchen erbeten, besonders des Priesterrates und des diözesanen Pastoralrates. Davon ausgehend kann wirklich «eine synodale Kirche allmählich Gestalt annehmen»[22]. Genauso wichtig wird auch der Beitrag der anderen kirchlichen Entitäten sein, denen das Vorbereitungsdokument zugeschickt wird, wie auch der Beitrag derjenigen, die ihn direkt übersenden wollen. Schließlich ist es von grundlegender Bedeutung, dass auch die Stimme der Armen und Ausgeschlossenen Raum findet und nicht nur die Stimme derer, die innerhalb der Teilkirchen eine Rolle oder eine Verantwortung haben.

32. Die Zusammenfassung, welche jede Teilkirche am Ende dieser Arbeit des Zuhörens und der Unterscheidung erarbeitet, stellt ihren Beitrag zum Weg der Universalkirche dar. Um die folgenden Phasen des Weges leichter umsetzbar zu machen, ist es wichtig, dass es gelingt, die Früchte des Gebetes und des Nachdenkens zu synthetisieren, und zwar auf maximal zehn Seiten. Wenn es erforderlich ist, das Ergebnis zu kontextualisieren und besser zu erklären, können andere Texte zur Unterstützung oder Ergänzung beigelegt werden. Wir erinnern daran, dass es nicht Zweck dieser Synode und daher auch nicht der Konsultation ist, Dokumente zu produzieren, sondern „Träume aufkeimen zu lassen, Prophetien und Visionen zu wecken, Hoffnungen erblühen zu lassen, Vertrauen zu wecken, Wunden zu verbinden, Beziehungen zu knüpfen, eine Morgenröte der Hoffnung aufleben zu lassen, voneinander zu lernen und eine positive Vorstellungswelt zu schaffen, die den Verstand erleuchtet, das Herz erwärmt, neue Kraft zum Anpacken gibt“[23].

[1] In der Grafik werden in schematischer Weise die Etappen des synodalen Weges dargestellt.

[2] Franziskus, Ansprache bei der 50-Jahrfeier der Errichtung der Bischofssynode, 17. Oktober 2015.

[3] Cf. www.synod.va

[4] Franziskus, Schreiben an das Volk Gottes (20. August 2018), Vorwort.

[5] Ebd., Nr. 2.

[6] Ebd.

[7] Ebd.

[8] Franziskus, Ansprache bei der 50-Jahrfeier der Errichtung der Bischofssynode.

[9] CTI, Die Synodalität im Leben und in der Sendung der Kirche (2. März 2018), Nr. 3.

[10] Ebd.

[11] Ebd., Nr. 6.

[12] Cyprian, De Orat. dom., 23.

[13] Augustinus, Epistola 194, 31.

[14] Johannes Chrysostomos, Explicatio in Ps. 149.

[15] CTI, Die Synodalität im Leben und in der Sendung der Kirche, Nr. 6.

[16] Franziskus, Ansprache bei der 50-Jahrfeier der Errichtung der Bischofssynode.

[17] CTI, Die Synodalität im Leben und in der Sendung der Kirche, Nr. 69.

[18] Benedikt, Regel, 3. 3.

[19] Franziskus, Ansprache bei der 50-Jahrfeier der Errichtung der Bischofssynode.

[20] CTI, Die Synodalität im Leben und in der Sendung der Kirche, Nr. 70.

[21] Ebd.

[22] Franziskus, Ansprache bei der 50-Jahrfeier der Errichtung der Bischofssynode.

[23] Franziskus, Ansprache zu Beginn der Jugendsynode (3. Oktober 2018).

 

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07. September 2021, 11:33