Vatikan-Konferenz zu künstlicher Intelligenz: Würde wahren
Stefanie Stahlhofen, Thaddeus Jones & Gabriella Ceraso - Vatikanstadt
Die aktuelle Tagung des Päpstlichen Kulturrats und der deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl zum Thema Künstliche Intelligenz ist ein Vermächtnis des im Sommer verabschiedeten, früheren deutschen Vatikan-Botschafters, Michael Koch. Das berichtete der Sekretär des Päpstlichen Kulturrats, Kurienbischof Paul Tighe, im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Diese Konferenz entstand aus einem Gespräch, das ich vor etwa drei Jahren mit dem damaligen deutschen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Michael Koch, geführt habe. Er interessierte sich sehr für das Thema künstliche Intelligenz und die mit ihr verbundenen Herausforderungen für die Gesellschaft. Wir haben gedacht, es wäre wirklich hilfreich, dazu - als Dienstleistung für alle - eine Tagung im Vatikan zu organisieren. Nicht mit dem Ziel, gleich Probleme zu lösen oder fertige Lösungen zu finden - es geht nicht darum, vorschnell Fragen zu beantworten. Bei der Tagung soll es vielmehr darum gehen, internationale Experten aus aller Welt an einen Tisch zu bringen, um über die drängendsten Fragen zu beraten."
Wie verändert künstliche Intelligenz menschliche Arbeit?
Er erinnerte zugleich daran, dass der Vatikan sich schon länger mit dem Thema künstliche Intelligenz befasst. Am 28. Februar 2020 hatte der Vatikan etwa eine Ethik-Erklärung dazu veröffentlicht. Es sei wichtig, ethische Fragen zu erörtern, die mit der Weiterentwicklung der Technik und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz verbunden sind, betonte Tighe. Papst Franziskus sei dies bereits in seinem Schreiben „Laudato si" aus dem Jahr 2015 ein Anliegen gewesen. Eine zentrale Frage, die am Donnerstag beim Studientag im Vatikan auch angesprochen werden soll, ist für Tighe, wie sich künstliche Intelligenz auf die Arbeit der Menschen auswirkt.
„Wir wissen bereits, dass es bei der Arbeit nicht nur um den Lohn dafür geht, sondern dass der Arbeitsplatz auch eine wichtige soziale Funktion hat und die Arbeit auch Ausdruck der menschlichen Würde ist. Hier sehe ich etwa das Risiko, dass durch den Einsatz künstlicher Intelligenz Menschen ihre Arbeit verlieren. Darüber wollen wir nachdenken. Ein weiterer Punkt: Künstliche Intelleigenz könnte auch die weltweite Ungleichheit erhöhen, wenn etwa nur noch einige wenige reiche Menschen diese Technik kontrollieren und es dazu immer mehr Arbeitslose und arme Menschen gibt. Hier könnte auch die menschliche Solidarität leiden. Es besteht auch das Risiko eines Machtgefälles, wenn sehr wenige reiche Menschen noch mehr Mittel haben, die Gesellschaft und die Politik zu beeinflussen. Ein Beispiel für diese Entwicklung ist etwa, dass reiche Menschen Reisen in den Weltraum machen, während auf der Erde Millionen Menschen nicht genug Geld zum Überleben haben..."
Nicht voreilig verteufeln
„Meiner Meinung nach ist es unmöglich, angemessen über das Thema zu urteilen, ohne von Experten zu hören, wie die technische Entwicklung abläuft. Sie müssen uns erklären, wie das funktioniert. Dann brauchen wir die Ideen von Philosophen dazu, wie das ganze die Gesellschaft verändern könnte und welche Regeln es vielleicht braucht. Wichtig sind auch die Theologen - denn hier liegt auch eine Herausforderung für die Kirche - nicht nur bei künstlicher Intelligenz sondern technischer Entwicklung allgemein - und zwar bei der Frage: Welche Chancen bieten diese Entwicklungen für die Menschen und die Natur? Hier stehen wir vor der Herausforderung, gut nachzudenken, nicht sofort ,Nein' zu sagen, sondern auch die Möglichkeiten zu sehen und die Risiken abzuwägen."
Die Konferenz im Vatikan
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