P. Lombardi: Kirchliche Medienarbeit soll Hoffnung, nicht Spaltung stärken
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Es ist schön, ihn wieder einmal im Haus zu haben, noch dazu für ein Interview: Pater Federico Lombardi, der frühere langjährige Leiter des vatikanischen Pressesaals, zudem Leiter von Radio Vatikan. Er diente unter drei Päpsten, Johannes Paul II., Benedikt XVI. und zuletzt unter seinem Mitbruder Franziskus. Nächstes Jahr wird Lombardi 80 Jahre alt.
[ Wir brauchen eine Kommunikation, die für die Einheit, für den Dialog, das wechselseitige Verständnis wirkt und nicht für Hass ]
26 Jahre lang, bis 2016, stand er im Dienst der Kommunikation des Heiligen Stuhles. Was aus seiner Sicht gute kirchliche Medienarbeit ausmacht? Die Grundlage sind Werte, die wir mit allen anderen Medienleuten gemeinsam haben, sagt Pater Lombardi, er sieht da keinen katholischen Sonderweg.
„Wir brauchen eine Kommunikation, die für die Einheit, für den Dialog, das wechselseitige Verständnis wirkt und nicht für Hass und Spaltungen in der Gemeinschaft. Das ist christlich und zugleich menschlich.“ Kommunikation könne man für Eigeninteressen und für falsche Wege nutzen, „aber wir müssen in die andere Richtung wirken“, unterstreicht Lombardi. „Das Wort ist für die Wahrheit, für die korrekte Information, die den Menschen hilft, ihre Recht wahrzunehmen und sich positiv in die Gesellschaft einzubringen."
Ganz wichtig für eine gute kirchliche Kommunikation findet Lombardi, das Gute nicht zu verstecken. Es gebe viel Trostlosigkeit in der Welt. „Wir müssen auch für die Hoffnung wirken. Das tun wir, indem wir die Anwesenheit des Guten in dieser Welt in der Tiefe zeigen und die Leute erziehen, selbst die Anwesenheit des Guten in der Welt zu sehen.“ Ein weiterer Punkt, manchmal vernachlässigt selbst in der katholischen Medienarbeit: „Der Schönheit dienen. Nicht nur im materiellen Sinn, sondern auch im geistlichen Sinn. Die Würde der Person, die Schönheit der Heiligkeit des Glaubens und auch der Menschen, die Helden unserer Zeit sind, weil sie für Gerechtigkeit wirken und das Leben für andere geben. Es gibt eine wunderbare, faszinierende Anwesenheit der moralischen und geistlichen Schönheit in der Welt, und wir müssen viel von ihr sprechen.“
Krisenkommunikation? „Wir haben kein universelles Rezept dafür“
Leider gehört zu jeder professionellen Kommunikation fallweise die Krisenkommunikation, auch in der Kirche; und Pater Lombardi kann ein Lied davon singen. Transparenz, Schutz, Ehrlichkeit und Hoffnung müssen da jeweils zu ihrer eigenen Balance finden.
„Wir haben kein universelles Rezept dafür“, bekennt der erfahrene Kommunikator. „Wir haben dazugelernt in vielen Situationen von Krisen, Skandalen, Missbrauch oder wirtschaftlichen Skandalen, in der Kirche gibt es viele Skandale, in der Gesellschaft auch.“ Ganz zentral will Pater Lombardi das Mit-Leid mit Betroffenen gesetzt sehen, sei es mit Opfern von sexualisierter Gewalt oder auch mit Menschen in Situationen großer Armut, worauf Papst Franziskus unablässig hinweise. „Wir müssen beim Hören beginnen, wir müssen uns in die Situation der Menschen stellen, um die Tiefe und Schwere der Probleme zu verstehen. Das ist ein gemeinsamer Ausgangspunkt. Und wenn wir dann besser verstanden haben, müssen wir den Weg der Wahrheit und der Gerechtigkeit gehen.“
Das erste Kapitel seines Buches widmet Lombardi seinen drei päpstlichen Dienstherren: Johannes Paul II., Benedikt XVI., Franziskus: unterschiedliche Päpste, unterschiedliche Kommunikationsstile.
„Bei Johannes Paul II. waren wir beeindruckt von seiner Kraft, seiner großen Persönlichkeit als Kommunikator. Er hatte eine Erfahrung als Schauspieler im Theater, und dann hat er eine wunderbare Fähigkeit, die Stimme zu nutzen und auch seine Gesten: Wie er seinen Attentäter umarmte in einer Haltung von Vergebung. Oder wie er seinen Zettel in die Ritze der Klagemauer steckte. Er hatte mit starken Worten und Gesten seine Botschaft überall hingebracht.“
Was einen Vergleich des Kommunikationsstils von Johannes Paul II. mit anderen erschwert, ist die Tatsache, dass sein Pontifikat so lang war, 27 Jahre, und dabei verschiedenen Phasen durchlief. „Die langen Jahre seiner Krankheit, in der er sich auf andere Weise ausdrückte - in der Stille, im Glauben, in der Krankheit“, sagt Lombardi: „Das war ein sehr starkes Zeugnis des Glaubens. In diesem Sinn hat er mit Worten und Schriften aber auch mit seinen Haltungen und auch mit der Stille eine reiche Kommunikation gebracht.
Papst Benedikt: der Intellektuelle, der den Draht zur Jugend fand
Ein zurückhaltender Charakter war von Beginn an der deutsche Papst Benedikt XVI. „Er war auch ein Mann der Kultur, ein Intellektueller mehr als ein Hirte mit großen Beziehungen zum Volk“, betont Lombardi. Als Erzbischof von München und Freising habe Joseph Razinger „eine tiefe pastorale Haltung“ gezeigt. „Aber in einer anderen Weise, das heißt mehr durch das Wort und die Lehre. Und er war wunderbar in der Klarheit seines Denkens und in der Fähigkeit, sehr klar und geordnet sich auszudrücken. Das war für mich faszinierend.“ Das schlug sogar bei den Weltjugendtagen durch. Die jungen Leute folgten dem deutschen Papst da mit großer Aufmerksamkeit. „Er mochte nicht – anders als Johannes Paul II. – den Dialog mit Klatschen und Rufen, er wollte nicht unterbrochen werden in seiner Rede. Die jungen Leute haben das verstanden und waren aufmerksam auf die Entwicklung seiner Gedanken.
Ganz anders wiederum Franziskus, ein außergewöhnlich dialogorientierter Papst. „Franziskus hat sein Charisma in der Nähe der Menschen“, fasst Mitbruder Lombardi zusammen. „Nähe, auch mit den Haltungen und den einfachen und klaren Worten, den Bildern und so weiter. Das ist ein Charisma, das wir seit den ersten Tagen erfahren haben. Er konnte keine Trennung vom Volk ertragen, das hat auch Probleme für die Sicherheit gegeben, aber es war ganz klar, dass er nicht getrennt sein wollte.“
„Papi, Vaticano, Comunicazione “ von P. Federico Lombardi SJ ist – auf Italienisch – in den Edizioni Ancora-La Civiltà Cattolica erschienen, über eine Übersetzung ins Deutsche ist vorerst nichts bekannt.
(vatican news)
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