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Kardinal Parolin spricht vor der UNO, Archivbild Kardinal Parolin spricht vor der UNO, Archivbild 

Parolin: Vatikan prüft Papstreise in die Ukraine

Eine Papstreise in die Ukraine „ist nicht ausgeschlossen, wir prüfen, ob dies zur Beendigung des Krieges beitragen kann“, machte der vatikanische Kardinalstaatssekretär gegenüber Radio Vatikan deutlich. Zudem sei ein Treffen mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. in Vorbereitung, dafür sei man auf der Suche nach „neutralem Gebiet“.

Salvatore Cernuzio und Christine Seuss - Vatikanstadt

„Es muss alles getan werden, um eine Eskalation der Gewalt in der Ukraine zu vermeiden“: Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin wiederholte gegenüber Radio Vatikan erneut seine Forderung nach Frieden in dem osteuropäischen Land. Auch die Möglichkeit einer Reise des Papstes nach Kiew - die laut Franziskus selbst „auf dem Tisch liegt“ – bestätigte der vatikanische Chef-Diplomat: „Eine Reise ist nicht ausgeschlossen, sie ist machbar. Es geht darum, zu sehen, welche Folgen diese Reise hat und ob sie wirklich zur Beendigung des Krieges beitragen kann“, sagte der Kardinal am Rande einer Veranstaltung am Sitz von Radio Vatikan vor Journalisten.

Vermeidung einer Ausweitung des Konflikts

Auf die Frage nach den jüngsten Bekenntnissen des Generalsekretärs Jens Stoltenberg zu einer „globalen NATO“ bekräftigte der Kardinal „das Prinzip der legitimen Verteidigung“, wiederholte aber gleichzeitig den Appell, alles zu tun, um eine Eskalation zu vermeiden: „Die bewaffnete Antwort, die immer im Verhältnis zur Aggression steht, wie uns der Katechismus der Katholischen Kirche lehrt, kann zu einer Ausweitung des Konfliktes führen, was katastrophale und tödliche Folgen haben kann“. Die Hoffnung ist, dass „wir alle zur Vernunft zurückkehren und einen Verhandlungsweg finden, um dieses Abenteuer ohne Ausweg zu beenden“.

Mit Erschütterung kommentierte Parolin die Bilder der Gräueltaten, die sich in Butscha ereigneten. Papst Franziskus hatte angesichts der Nachrichten aus der etwa 60 Kilometer von Kiew entfernten Stadt, die zum Schauplatz eines Massakers wurde, bei der Generalaudienz am Mittwoch in einer seltenen Geste eine Militär-Flagge geküsst, die aus dem gemarterten Ort kam. „Es ist unerklärlich, dass die Zivilbevölkerung auf diese Art und Weise angegriffen wird“, so Parolin. „Ich bin wirklich der Meinung, dass diese Ereignisse einen Wendepunkt in diesem Krieg markieren, wie dies bereits von vielen Seiten betont worden ist. Und ich hoffe, dass sie einen Wendepunkt im positiven Sinne markieren, das heißt, dass sie alle dazu bringen, über die Notwendigkeit nachzudenken, die Kämpfe so schnell wie möglich zu beenden und die Positionen nicht zu verhärten, wie einige befürchten“.

Eine Reise des Papstes nach Kiew ist möglich

In diesem Sinne antwortete der Staatssekretär auch auf die Frage, ob ein Besuch des Papstes in der ukrainischen Hauptstadt Kiew „ratsam“ sei. „Die Bedingungen müssen gegeben sein. Diese scheinen vorhanden zu sein, denn von ukrainischer Seite wurde uns immer wieder versichert, dass es keine Gefahren gäbe, und es wird auf Reisen verwiesen, die von anderen Staatsoberhäuptern unternommen wurden und noch unternommen werden. Mir scheint, dass die Präsidentin des Europäischen Parlaments dorthin gereist ist und dass die Präsidentin der EU-Kommission reisen wird.“ Roberta Metsola war vor einer Woche unangekündigt nach Kiew gereist, während Ursula von der Leyen – in Begleitung des europäischen Außenbeauftragen Josep Borrell – an diesem Freitagvormittag unterwegs nach Kiew war, um mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskij zusammenzutreffen.

„Ich glaube, dass sich eine Reise nach Kiew nicht verbietet, sondern durchaus möglich ist“, sagte der Kardinal. Allerdings würden die möglichen „Konsequenzen“ daraus noch geprüft. Dazu gehören auch die Beziehungen zur russisch-orthodoxen Kirche, eine Situation, die Parolin zufolge „heikel“ ist. In diesem Zusammenhang stellt er klar: „Gewiss wird der Papst weder für die eine noch für die andere Seite Stellung beziehen, wie er es in dieser entstandenen Situation immer getan hat. Dieser Aspekt muss jedoch auch bei der Gesamtbetrachtung der Möglichkeit, die Reise anzutreten oder nicht, berücksichtigt werden.“

Eine Reise des Sekretärs für die Beziehungen mit den Staaten, Erzbischof Paul Richard Gallagher, nach Kiew bleibe eine konkrete Möglichkeit, ergänzte der Kardinal. Wie Parolin betonte, stehe eine Einladung in die Ukraine schon seit der Zeit vor Ausbruch des Krieges – dieser war jedoch der Grund, warum Gallagher bislang nicht reisen konnte. Doch er könnte bereits „in nächster Zukunft“ in der Ukraine sein: „Ich glaube jedoch nicht, dass bereits ein Datum festgelegt wurde“, so der Kardinalstaatssekretär.

Treffen mit Kyrill auf „neutralem Terrain“

Was die Beziehungen zum Moskauer Patriarchat betrifft, so bestätigte der Staatssekretär des Vatikans, dass bereits „einige Planungen“ für ein Treffen zwischen dem Papst und Patriarch Kyrill nach dem Treffen vom 12. Februar 2016 in Kuba eingeleitet worden seien. „Soweit ich weiß, wird diese Vorbereitung fortgesetzt“, sagte er. Momentan suche man nach einem „neutralem Terrain“ dafür. „Das ist die Bedingung. Aber nichts ist entschieden. Daran arbeiten wir, aber vor allem der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen, der das zuständige Dikasterium ist“.

Bereitschaft zur Vermittlung steht

In Bezug auf die Arbeit der vatikanischen Diplomatie, die unermüdlich - und oft auch hinter den Kulissen im Einsatz sei, wie Papst Franziskus auf seinem Rückflug von Malta sagte - erklärte Kardinal Parolin, dass es zwar derzeit keine „besonderen Initiativen“ gebe, dass aber „die vor einiger Zeit angebotene Verfügbarkeit für eine Vermittlung oder jede andere Form der Intervention, die einerseits einen Waffenstillstand und andererseits den Beginn von Verhandlungen erleichtern könnte“, weiterhin bestehe. Er fügte hinzu: „Jetzt denken wir darüber nach, ob es andere Möglichkeiten gibt, diese Verfügbarkeit in konkretere Initiativen umzusetzen, auch weil dieses Angebot von beiden Seiten angenommen werden muss“.

 

(vatican news)

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08. April 2022, 09:19