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Vatikanprozess: Ex-Direktor der Finanzaufsicht befragt

Es war bereits die dreizehnte Anhörung in der Mehrzweckhalle der Vatikanischen Museen: Der ehemalige Direktor der vatikanischen Finanzaufsichtsbehörde AIF Tomaso di Ruzza wurde am Mittwoch vier Stunden lang befragt. Er beteuerte, „immer im Interesse des Heiligen Stuhls gehandelt“ zu haben. Die Arbeit des AIF sei immer korrekt gewesen.

Mit einer Stunde Verspätung begonnen, fast fünf Stunden gedauert, 45 Minuten lang durch die spontanen Erklärungen des ehemaligen Direktors des AIF, Tommaso Di Ruzza, und etwa zwei Stunden lang durch die Befragung des Kirchenanwalts (das kirchliche Pendant zum Staatsanwalt): das sind die Zahlen und Zeiten der dreizehnten Anhörung des Prozesses wegen angeblicher unrechtmäßiger Verwendung von Geldern des Heiligen Stuhls. Die Anhörung fand am Mittwoch abermals im Mehrzwecksaal der Vatikanischen Museen statt. Hitzige Diskussionen, manche ironische Bemerkung sowie vor allem technische Fragen wechselten sich im Laufe des Vormittags ab, an dem der ehemalige Direktor der Finanzaufsichtsbehörde, der der Veruntreuung beschuldigt wird, verhört wurde.

Crassos' Verteidigung

Di Ruzza ist der vierte Angeklagte, der Fragen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung beantwortet. Der fünfte, der für diesen Donnerstag vorgesehen ist, ist der Finanzier Enrico Crasso. Denn Crasso hatte durch eine Nichtigkeitsklage seines Verteidigers mitgeteilt, dass er zu der vom Präsidenten des Vatikanischen Gerichtshofs, Giuseppe Pignatone, anberaumten Anhörung nicht erscheinen werde, da er noch keinen vollständigen Zugang zu den gesamten von den Justizbehörden beschlagnahmten Unterlagen gehabt habe. „Crassos Verteidigung im Prozess ist ernsthaft beeinträchtigt worden“, heißt es in dem von Crassos Anwalt am 20. April eingereichten Dokument, das in den letzten Tagen von einigen Medien verbreitet wurde. Konkret bat Crasso darum, die Korrespondenz auf seinem vor zwei Jahren beschlagnahmten Computer zu überprüfen, der jedoch nicht in der Kanzlei hinterlegt wurde. Dies, so der Verteidiger, habe „jede Aussicht auf Wahrheitsfindung ernsthaft beeinträchtigt“.

In den vorangegangenen Monaten stand gerade die Frage des teilweise zurückgegebenen Beweismaterials bei neun Anhörungen auf der Tagesordnung. Die Verteidiger der Angeklagten beanstandeten, dass sie keinen Zugriff auf die Beweismittel hätten. Das Problem wurde mit zwei Anordnungen vom 1. März und 5. April 2022 gelöst. Und so lehnte Richter Pignatone abermals an diesem Mittwoch zu Beginn der Sitzung durch einen Beschluss den Einwand des Anwalts von Crassus ab und bezeichnete sie als „unangebracht“.

Aussagen von di Ruzza

Ruzza ist die ehemalige Nummer zwei der Finanzaufsichtsbehörde. Er wurde von 11.15 Uhr bis 15.00 Uhr (mit einer Pause dazwischen) befragt und verlas dabei eine 18 Seiten lange Erklärung, in der er die Verhöre vom 23. und 26. März 2020 nur teilweise bestätigte. Er wolle einige „Klarstellungen“ machen, vor allem die Tatsache, dass er niemals die anderen Angeklagten gekannt oder Beziehungen zu ihnen gehabt habe. Einzig einen vatikanischen Mitarbeiter, der angeklagt wurde, habe er „aus institutionellen Gründen“ getroffen, d.h. um Treffen mit den Stellvertretern des Staatssekretariats, Monsignore Edgar Peña Parra, und zuvor mit Kardinal Angelo Becciu zu vereinbaren, den er nur zweimal getroffen habe. „Meine einzigen Gesprächspartner waren der Heilige Vater, Kardinal Parolin, Monsignore Peña Parra, die oberste Leitung des IOR (Präsident De Franssu und Direktor Mammì, Anm. d. Red.), der damalige Präsident der AIF, René Brüllhart, und die internen Verantwortlichen des Aufsichtsamtes“, sagte di Ruzza.

Verluste von rund 270 Millionen Franken

In dem Prozess geht es um finanzielle Unregelmäßigkeiten und Verluste in der Höhe von rund 270 Millionen Euro beim Erwerb einer Immobilie in London. Weitere Angeklagte sind unter anderem Kardinal Giovanni Angelo Becciu und sein damaliger Sekretär Mauro Carlino. Beide haben in Befragungen bereits ihre Unschuld beteuert. Carlino bekräftigte, er habe als „Mann Gottes“ nur Anweisungen befolgt.

Als weitere Angeklagte noch zu befragen sind die Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna, die italienischen Finanzmakler Enrico Crasso und Gianluigi Torzi, der Fondsmanager Raffaele Mincione, der Rechtsanwalt Nicola Squillace sowie Finanzvermittler Fabrizio Tirabassi. Nicht angeklagt, sondern Hauptzeuge, ist Alberto Perlasca, der als Verwaltungsleiter im Staatssekretariat bis 2019 Finanzaktionen beaufsichtigte.

Kardinal Becciu im Mittelpunkt

Ein besonderes Augenmerk liegt auf Becciu. Der Kardinal hatte von 2012 bis 2018 als Substitut eine Schlüsselrolle in der Behörde. Unregelmäßigkeiten bei Überweisungen in Beccius Heimatbistum auf Sardinien und die dortige Caritas sowie Zahlungen an Cecilia Marogna sind ebenfalls Thema im Prozess. Becciu werden Veruntreuung und Amtsmissbrauch sowie Verleitung zur Falschaussage vorgeworfen. Anfang Mai geht es weiter mit den Befragungen.

(vatican news/cath.ch)

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28. April 2022, 10:45