Frauen und Klimawandel: Stärker betroffen, stärkere Ideen
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Dazu eingeladen hatte die Botschaft Israels beim Heiligen Stuhl. „Miteinander grün denken: eine weibliche Perspektive auf Klimawandel und Nachhaltigkeit“ war das Thema der Veranstaltung an der Päpstlichen Salesianerinnen-Fakultät „Auxilium“ am Dienstagabend.
„Bei allen Problemen, die mit der Klimakrise zusammenhängen, sind die Frauen am stärksten betroffen, viel stärker als die Männer“, fasste Schwester Alessandra Smerilli, die Sekretärin des Dikasteriums für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen, ihren Beitrag zusammen. „Frauen sind zum Beispiel diejenigen, die ausharren, wenn die Männer emigrieren, die Frauen bleiben zurück und übernehmen die Care-Arbeit. In vielen Ländern sterben Mütter und Neugeborene, weil kein sauberes Wasser da ist. Und Wassermangel hält junge Mädchen während ihrer Menstruation vom Schulbesuch ab, was sie in ihrer Bildung gegenüber Jungen benachteiligt - und so weiter.“
Allerdings, fährt die Ordensfrau fort: Die Folgen des Klimawandels für Frauen sind zwar größer, zugleich zeigen sie oft „mehr Kreativität und mehr Fähigkeit, proaktiv auf das Geschehen zu reagieren.“ Smerilli verweist auf Pionierinnen: 1911 erschien die bis heute bestehende Zeitschrift „American Economic Review“, in der ersten Ausgabe schrieb eine Forscherin über die Erfolge einer gemeinschaftlichen Bewirtschaftung von Wasser. Ein Thema, das offenbar viele Frauen anspornt, so auch die erste Frau, die – 2009 - den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt, Elinor Ostrom. „Womit beschäftigt sie sich? Mit dem Gemeinschafts- oder Genossenschaftsbesitz." Also mit gemeinsam genutzten Grundwasservorkommen, beispielsweise. Vor Elinor Ostrom dachten alle, bei Gemeinschaftsbesitz komme es quasi automatisch zu einer wirtschaftlich und ökologisch zerstörerischen Übernutzung. Falsch, wies die Nobelpreisträgerin nach. Gestützt auf Fallstudien aus aller Welt zeigte sie, wie die Nutzer Regeln für eine nachhaltige gemeinsame Bewirtschaftung finden können. „Frauen bringen dieses eher relationale Denken ein, das sich mehr darauf bezieht, wie wir alle gemeinsam Krisen bewältigen können“, erklärt Smerilli. „Sie tun es bei Wirtschaftskrisen. Wenn wir sie gewähren ließen, würden sie wahrscheinlich auch mehr für den Frieden tun.“
Diese gedankliche Linie Frauen – ganzheitlicher Ansatz - Lösung von Umweltproblemen – Frieden vertiefte bei der Tagung die israelische Fachfrau Dalit Wolf Golan. Sie ist stellvertretende Direktorin der NGO EcoPeace Middle East, die den Trinkwassermangel im Nahen Osten lösen will, und zwar so, dass daraus auch mehr Frieden entsteht.
Viele Haushalte im Nahen Osten haben nur einmal die Woche oder noch seltener Zugang zu Wasser, erläuterte Wolf Golan. Fast unmöglich, einen Haushalt unter solchen Umständen zu führen. Auch hier: Die Last der Wasserknappheit tragen in erster Linie die Frauen. Trotzdem, so Wolf Golan, sind die meisten politischen Entscheidungsträger Männer, die zwar über die Mittel verfügen, um Veränderungen herbeizuführen, denen aber gleichzeitig oft das Interesse fehlt, dem Thema Wasser Priorität einzuräumen. „Was wir tun können, um diese Kluft zu überbrücken, ist sicherzustellen, dass die Stimmen der Frauen zu diesen Themen von den führenden Politikern gehört werden“, so die NGO-Fachfrau.
Wasser zeigt, dass Lösungen nur gemeinsam funktionieren
Obwohl die Grenzen zwischen Jordanien, Israel und Palästina mehr oder weniger offen sind, gibt es nur wenige politische oder gemeinsame Kontakte zwischen den drei Ländern – und stattdessen „viel Misstrauen“. Ihre NGO will dieses Misstrauen abbauen, durch Aufklärung und die Konzentration auf gemeinsame Herausforderungen. Wasser zeige ja exemplarisch, dass Lösungen nur gemeinsam funktionieren. „Es spielt keine Rolle, ob die eine Seite den Fluss säubert, wenn die andere es nicht tut", bringt Dalit Wolf Golan die Sache auf den Punkt. Jede Seite habe ihre berechtigten Eigeninteressen, aber die Lösung funktioniert nur zusammen – auch ganz rational. „Wenn wir an diesem Eigeninteresse arbeiten, und zwar nicht, weil wir Freunde sein wollen, sondern weil wir unsere eigenen Ziele erreichen und unsere eigenen Bedürfnisse befriedigen wollen, dann werden wir feststellen, dass unsere Eigeninteressen zu einem gegenseitigen Gewinn zusammenkommen. Und wenn man das erreicht hat, dann ist alles möglich".
(vatican news - gs)
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