Ukraine/Vatikan: „Ein Zeichen, dass wir nicht alleine sind“
Sie hätten sich am Sonntag etwa eine halbe Stunde mit Papst Franziskus über die Lage der Zivilbevölkerung in der Ukraine ausgetauscht, sagte Pater Wjatscheslaw Hrynewytsch, Generalsekretär der römisch-katholischen Caritas Spes Ukraine, der sich dankbar über die Begegnung zeigte. Der Papst habe ihm „Worte der Hoffnung“ mitgegeben, formulierte der Ordensmann:
„Er hat uns klargemacht, dass wir nicht alleine sind. Es waren Worte der Unterstützung. Es war wirklich ein sehr schönes Zeichen für uns, dass Franziskus uns eingeladen hat. Wir haben mit ihm teilen können, was unsere Mitarbeiter derzeit leisten. Der Papst hat unsere Arbeit gesegnet, das gibt uns Hoffnung.“
Er persönlich denke, dass ein Papstbesuch in der Ukraine derzeit „mit Blick auf den Frieden“ schwierig sei, so der ukrainische Kirchenmann auf eine Journalistenfrage, ohne hier konkreter zu werden. Wie auf der Pressekonferenz bekannt wurde, haben die Caritas-Vertreter im Vatikan auch Erzbischof Paul Richard Gallagher getroffen, der demnächst in die Ukraine reisen will. Der Besuch des vatikanischen „Außenministers“ im Kriegsgebiet war wegen einer Corona-Infektion Gallaghers verschoben worden.
Kriegsfolgen für Familien und Kinder
Caritas-Generalsekretär Wjatscheslaw Hrynewytsch lenkte in seinem Bericht den Blick auf die vom Krieg zerrissenen und traumatisierten Familien und die Kriegswaisen, um die sich seine Abteilung derzeit kümmere. Im Zentraloffice von Caritas Spes arbeiten 500 Mitarbeiter, die gemeinsam mit lokalen Gemeinden die Hilfsarbeit in sieben Diözesen koordinieren. Man habe 26 „kleine“ Waisenhäuser eingerichtet, berichtete Pater Hrynewytsch. Es seien kleine Einheiten gebildet worden, um unmittelbar auf die verschärfte Sicherheits- und Notlage reagieren zu können:
„Es war wirklich sehr schwierig, denn einige Territorien waren direkt besetzt wie Cherson und andere Gebiete, und die Frage der Sicherheit war sehr wichtig für uns. Aber dank des guten Willens von Menschen haben wir die Hilfe für die Kinder ermöglicht und kleine Gruppen mit zwei bis fünf Kindern gebildet.“
Psychologische Folgen des Krieges
Vor allem in den besetzten Gebieten sei die Sicherheit der Mitarbeiter, die bleiben wollten, und das Durchkommen der Hilfen nicht garantiert. Dennoch gehe die Caritas mit der prekären Lage um und versuche auf die dringendsten Bedürfnisse der Bevölkerung einzugehen. Neben Flucht und Entbehrung seien auch Kriegsfolgen wie psychologische Belastung und Traumata spürbar, damit werde die Caritas immer mehr zu tun bekommen, so der Leiter der ukrainischen Caritas-Einheit:
„Die meisten Väter sind ja Soldaten. Die Frage ist: Was wird sein, wenn die Familie wieder zu einem ,normalen Leben‘ zurückfindet? Die Familien werden auseinandergerissen, und wenn der Vater zurückkommt, ist er nicht mehr derselbe. Diese Väter kennen Krieg und Tod.“
Schulausfall und verhinderte Ausbildung
Durch den Krieg sei es zu massivem Schulausfall gekommen, was unmittelbare und langfristige negative Auswirkungen auf die Zukunft von Kindern und Jugendlichen habe, aber auch auf die Zukunft der ukrainischen Gesellschaft insgesamt.
„Der Schulausfall begann bereits in der Covidzeit und mit den Schwierigkeiten beim Online-Unterricht. Jetzt kam noch der Krieg hinzu, der einen normalen Ausbildungsprozess unmöglich macht – Krieg, Belagerung, Väter an der Front… Da gibt es große Löcher und große Probleme. Und damit verbunden ist die Frage: Wer wird uns einmal als Arzt versorgen, wer wird in diesem Land einmal Lehrer sein etc.?"
Riesige Fluchtbewegung
Fast 14 Millionen Menschen mussten sich infolge des Ukraine-Krieges auf die Flucht begeben, das sind mehr als 30 Prozent der Gesamtbevölkerung. Unter ihnen sind 1,8 Millionen Kinder.
Tetjany Stawnytschji, Vorsitzende der griechisch-katholischen Caritas in der Ukraine, sprach in ihrem Beitrag bei der Pressekonferenz von einem Netzwerk der Solidarität, das vor Ort Nothilfen ausgebe, Flüchtlinge aufnehme und neue Mitarbeiter schule. Durch das Mitwirken zahlreicher Freiwilliger und die Kooperation des internationalen Caritas-Netzwerkes sei es in der Ukraine derzeit trotz allem möglich, Hilfe zu leisten - gleichwohl unter äußerst schweren Bedingungen.
Organisiert hatte die Pressekonferenz mit den Caritas-Vertretern der Caritas-Dachverband Caritas Internationalis, für den Generalsekretär Aloysius John am Podium vertreten war. Zudem stellte die Direktorin für internationale Zusammenarbeit und humanitäre Hilfe von Caritas Europa, Silvia Sinibaldi, die aktuelle Ukraine-Hilfsarbeit vor.
(vatican news – pr)
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