Vatikan: „Dokument ist Frucht synodaler Erfahrung“
Anne Preckel und Salvatore Cernuzio – Vatikanstadt
Das an diesem Donnerstag veröffentlichte Dokument zur ersten Phase der Weltsynode sei eine „Synthese der Synthesen“, erläuterte der Weltsynoden-Berichterstatter, Kardinal Hollerich, der bei der Pressekonferenz aus Japan per Video zugeschaltet war. Das Dokument komme „nicht aus einem theologischen Nachdenken“, sondern sei „Frucht einer synodalen Erfahrung“ und eine „wahre Reflexion“ dessen, was die Bischofskonferenzen aller Ortskirchen – 112 von 114 haben geantwortet – beim Vatikan eingereicht hätten, betonte Kardinal Hollerich.
Kardinal Hollerich äußerte sich gemeinsam mit anderen Vertretern des vatikanischen Redaktionsteams bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Synthese-Dokumentes, das an diesem Donnerstag unter dem Titel „Mach den Raum deines Zeltes weit“ (Jes 54:2) zunächst auf Italienisch und Englisch und in einer spanischen Übersetzung erschien. Neben Hollerich sprachen auf der Pressekonferenz der Generalsekretär des Synodensekretariates, Kardinal Mario Grech, der Theologe Piero Coda, der Jesuit Giacomo Costa sowie die Theologin und Dozentin Anna Rowlands.
Grech: Zirkularität im synodalen Prozess
Kardinal Mario Grech sprach mit Blick auf diese erste Phase von „reicher Frucht“ und einer „Konvergenz in vielen Punkten“. Auch die anderen Sprecher im vatikanischen Pressesaal sprachen von einer breiten Beteiligung. Welche zwei Bischofskonferenzen (112 von 114 hatten einen Bericht geschickt) nicht geantwortet hätten, wollte Grech nicht sagen. Er denke, sie hätten ihre objektiven Gründe gehabt, so der Kardinal.
Laut dem General-Sekretär funktioniert das in Gang gebrachte synodale Prinzip: Die Bischofskonferenzen hätten die Stimme der befragten Gläubigen abgebildet – anderes zu behaupten sei „Ideologie“, so Grech – und auch das jetzt veröffentlichte Synthese-Dokument spiegele gut wider, was in den Ortskirchen aufgenommen worden sei.
Intellektuelle Redlichkeit
Die Arbeit der Expertengruppe, die die Berichte der Ortskirchen gesichtet und zusammengefasst hätten, zeichne sich durch „intellektuelle Redlichkeit“ aus, war dem Kardinal ein Anliegen zu betonen, es finde eine „Rückbesinnung auf die Stimme der Kirchen“ und deren Impulse statt: „Für uns alle war es eine Überraschung zu hören, wie das heilige Volk Gottes trotz der unterschiedlichen Sensibilitäten gemeinsam zu einer tiefgreifenden Erneuerung der Kirche aufruft“, berichtete der Kardinal.
Der Ertrag aus der ersten Synodenphase werde nun wieder in die Ortskirchen zurückgespeist, ging Grech auf den nächsten Abschnitt der Weltsynode ein, die kontinentale Phase. Die Weltsynode sei durch ein Prinzip der „Zirkularität zwischen Prophetie und Unterscheidung“ und einer „Dynamik des Zurückgebens“ geprägt, hob er hervor. Zur Rolle des vatikanischen Synodensekretariates versicherte er den Journalisten: „Wir forcieren keine Agenda. Es lag in unserer Verantwortung, dem Volk Gottes zurückzugeben, was uns gegeben wurde. Mein Kollege, Kardinal Hollerich, hat einmal gesagt: Wir haben einen Freibrief, da steht nichts drauf. Unsere Aufgabe ist es, die Kirche bis zur Bischofssynode zu begleiten. Aber wenn wir unseren Auftrag erfüllen wollen, müssen wir zuhören. Und allen zuhören, ohne jemanden auszuschließen.“
Für die nun beginnende kontinentale Phase rief Grech die Bischöfe dazu auf, weiter zuzuhören und für eine breite Beteiligung aller Gläubigen zu sorgen.
„Wahrlich katholische Vielfalt“
Die britische Theologin Anna Rowlands von der Universität Durham lobte die Vielfalt der im Dokument abgebildeten Wortmeldungen als „wahrlich katholisch“. Alle Berichte der Ortskirchen seien aufmerksam und mehrfach gelesen worden. Im Synthese-Dokument seien Themen, die sich als „gemeinsam“ herausgestellt hätten, abgebildet und zugleich die spezifischen Kontexte der jeweiligen kirchlichen Realitäten berücksichtigt worden. Speziell der Missbrauchsskandal habe den Auftrag der Kirche neu auf den Prüfstand gestellt, so die Professorin sinngemäß.
Bewusst habe man in Form von Kurzzitaten einschlägige Rückmeldungen im Wortlaut eingeflochten, um den „Reichtum des Materials aus aller Welt“ für sich sprechen zu lassen. Dabei habe man sich um ein „Gleichgewicht der Quellen“ und darum bemüht, möglichst viele Stimmen zu Wort kommen zu lassen. Wie Kardinal Hollerich betonte auch Rowlands, dass der Bericht keine „theologische Erhebung“ sei, sondern aus einem Prozess des Zuhörens entstanden und von einem „Geist der Unterscheidung“ geprägt sei. Es sei darum gegangen, der Kirche ein Dokument an die Hand zu geben, das „uns allen beim Zuhören helfen“ würde, formulierte Rowlands. „Wir können kaum Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, wenn wir es nicht schaffen, selbst Brüder und Schwestern zu sein, unsere Spaltungen und gegenseitigen Verdächtigungen zu überwinden“, gab sie zu bedenken.
Wer sitzt im Zelt?
Ob es nicht auch unter Katholiken Menschen gebe, die nicht wollten, dass sich das „Zelt“ der Kirche erweitert (in Anlehnung an den Titel des Dokumentes „Mach den Raum deines Zeltes weit“, Anm.)? – wollte ein Pressevertreter wissen. Dazu Kardinal: „Es wird Gruppen geben, die in dem Zelt sitzen und nicht sehr glücklich darüber sind, dass einige Leute in einer Ecke sitzen. Doch alle sind in diesen Raum eingeladen, alle Menschen sind von Gott geschaffen und geliebt. Christus ist für jeden Menschen am Kreuz gestorben. Wenn ich also nicht in der Lage bin, diesem Menschen im Zelt Raum zu geben, habe ich ein Problem mit Gott“, so der Weltsynoden-Relator.
Es sei eigentlich „keine Frage des Rein- und Rauskommens“, ergänzte Pater Costa. „So viele fühlen sich in der Kirche im Exil: von denen, die gerne die Messe im vorkonziliaren Ritus feiern würden, bis hin zu den Homosexuellen. Solange es keine Möglichkeit gibt, gemeinsam voranzukommen, kann sich niemand wohlfühlen, nicht einmal die Menschen im Inneren. Eine der Früchte des gemeinsamen Weges ist die Erkenntnis, wie wir als synodale Kirche wachsen können“, gab der Jesuit zu bedenken.
Kirche und Frauen: Hoffnung auf eine „große Umkehr“
Weiteres Schlüsselthema der Pressekonferenz war das Thema Frauen, das im Synthese-Dokument prominent vorkommt. Die Frage der Rolle und Berufung der Frauen in der Kirche und ihr Wunsch nach (mehr) Anerkennung und Wertschätzung seien „in allen Berichten angesprochen“ worden, stellten die Berichterstatter mit einem gewissen Erstaunen fest, es handele sich um ein „gemeinsames Thema“. Erhofft werde eine „große Umkehr“, so Pater Costa. Spürbar sei der Wunsch der Frauen gewesen, „die Kirche als Verbündete zu haben, um eine Anerkennung der Würde in einem viel breiteren Sinne in allen Gesellschaften, in denen sie leben, zu erreichen“. Ihr Appell richte sich an die Kirche, dafür zu sorgen, dass „die Hälfte der Menschheit respektiert und geschätzt wird“.
Die Beteiligung von Frauen in der Kirche sei „auch eine Herausforderung für die theologische Reflexion“, fügte Kardinal Grech hinzu. „Ich lade die Theologen ein, sich in den Dienst der Kirche und des Volkes Gottes zu stellen, damit wir im Lichte des Wortes Gottes, der Tradition und des Lehramtes andere Wege der Teilhabe für alle finden können“, appellierte der Malteser.
Piero Coda, Generalsekretär der Internationalen Theologischen Kommission, pflichtete Grech bei: „Die Theologie hat sich bisher zu wenig entwickelt und dieser Stimme eine Stimme gegeben, weil sie vor allem von Männern gemacht wurde. Nur wenn die theologische Stimme von Frauen und Männern gemeinsam erklingt, in einer Beziehung der Gegenseitigkeit, in der Anerkennung ihrer Unterschiedlichkeit, wird der unersetzliche Beitrag der Frauen voll zur Geltung kommen.“ Der Papst habe hierzu betont, dass die Anwesenheit von Frauen „nicht das Sahnehäubchen auf dem Kuchen, sondern konstitutiv“ sei.
(vatican news – pr)
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