Weltsynode: „Kirche dort, wo wir sie nicht vermutet haben“

Im vatikanischen Synodensekretariat haben sich am Montag und Dienstag Vertreter länderübergreifender Bischofsgremien und Koordinatoren der kontinentalen Phase der Weltsynode mit Vatikanvertretern ausgetauscht. Am Montagnachmittag empfing der Papst die Teilnehmer in Audienz, informierte das Synodensekretariat am Dienstag.

Anne Preckel und Sr. Bernadette Reis – Vatikanstadt

Nach einer Begrüßung durch Kardinal Jean-Claude Hollerich, dem Erzbischof von Luxemburg und Generalberichterstatter der 16. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode, hätten die Präsidenten oder Koordinatoren der kontinentalen Versammlungen abwechselnd die Ergebnisse des Prozesses in ihren jeweiligen Kontinenten oder Regionen präsentiert, geht daraus hervor. Danach habe ein Austausch „in sehr geschwisterlicher Atmosphäre“ stattgefunden.

Keine Angst vor Spannungen

„Niemanden ausschließen und allen zuhören, auch außerhalb der formalen Grenzen der Kirche“

„Ich empfinde Dankbarkeit und Verwunderung. Ich habe das Zeugnis einer lebendigen Kirche gehört“, sagte der Generalsekretär der Synode, Kardinal Mario Grech, laut Erklärung. „Der Austausch dieser Tage zeigt, dass der Weg bereits weit fortgeschritten ist und dass wir viel voneinander zu lernen haben. Ich habe große Hoffnung für unsere Aufgabe, die in erster Linie Evangelisierung ist und bleibt: die Verkündigung der guten Nachricht von Jesus Christus. Dies ist der synodale Weg. Auf diesem Weg dürfen wir keine Angst vor Spannungen haben, die auch gesund sein können. Wir dürfen niemanden ausschließen und müssen allen zuhören! Auch außerhalb der formalen Grenzen der Kirche, denn manchmal ist die Kirche dort präsent, wo wir sie nicht vermutet haben“, hob Grech hervor.

Was bedeutet echte Unterscheidung?

„Wir brauchen Sie, weil wir eine gesunde Gleichgültigkeit brauchen..“

Kardinal Jean-Claude Hollerich von Luxemburg, Generalberichterstatter der Bischofssynode, betonte in seiner Einleitung das Prinzip der Weltsynode, „in eine echte Unterscheidung einzutreten, eine apostolische, missionarische Unterscheidung, damit die synodale Kirche ihre Mission in der Welt erfüllen kann“. Dabei wolle man gemeinsam mit dem Papst, dem Heiligen Geist und Jesus gehen, „um unsere Kirche wieder aufzubauen“, formulierte der Kardinal und wandte sich an Franziskus: „Wir brauchen Sie, weil wir eine gesunde Gleichgültigkeit brauchen, die von der Freiheit im Geist zeugt, aber auch, weil wir auf diesem Weg einige Versuchungen spüren“.

Der Generalberichterstatter der Bischofssynode warnte vor einer „Politisierung in und von der Kirche“, was bisweilen in der medialen Berichterstattung deutlich werde. Einige Reformer wollten die Synode für eigene Ziele nutzen und meinten zu wissen, was getan werden muss, kritisierte Kardinal Hollerich und warnte vor „Instrumentalisierung“, ohne konkreter zu werden. Doch auch gegen rückwärtsgewandte Teile der Kirche wandte sich der Luxemburger Erzbischof; sie verstünden nicht, „dass eine wahre katholische Tradition sich weiterentwickelt und gleichzeitig eine Tradition ihrer Zeit bleibt“, kritisierte er. Die Weltsynode bemühe sich dagegen um einen Prozess echter Unterscheidung, so Hollerich.

Erste universelle Dimension zeichnet sich ab

In der kontinentalen Phase der Weltsynode werde bereits „eine erste universelle Dimension des Prozesses“ sichtbar. Diese Etappe verdeutliche, dass die verschiedenen Kirchen auf ihrem Weg nicht isoliert sein dürften und „dass der zirkuläre Dialog der kontinentalen Versammlungen den Kirchen aller Kontinente zugute kommen wird“, zeigte sich der Kardinal zuversichtlich.

Hintergrund des zweitägigen Arbeitstreffens ist der Start der so genannten „kontinentalen Phase“ des vom Papst ausgerufenen weltweiten synodalen Prozesses. Diese kontinentale Phase war am 27. Oktober gestartet und sieht nach den Konsultationen auf Diözesan-Ebene (Diözesane Phase: Start Oktober 2021-Oktober 2022) einen „kontinentalen“, also länderübergreifenen Austausch vor. Die Zusammenfassung dazu soll bis zum 31. März 2023 an das Synodensekretariat übermittelt werden.

Diesen Montag und Dienstag stellten nun im Synodensekretariat Vertreter jedes Kontinentes Teilnehmer, Zielsetzung, bereits gesetzte Termine und Methodik für die Durchführung der jeweiligen Kontinentalversammlungen in Asien, Afrika, Ozeanien, Nordamerika, Lateinamerika, Naher Osten und Europa vor.

Zuhören geht in kontinentaler Phase weiter

„Wohin führt uns der Heilige Geist?“

Jesuitenpater Giacomo Costa, Konsultor des Generalsekretariats der Synode, erinnerte daran, dass man sich immer noch in der Phase des Zuhörens, Unterscheidens und des Dialogs befinde. Ausgehend vom Synthese- oder Arbeitsdokument für die kontinentale Phase, das in die Ortskirchen zurückgespielt wurde, solle es weiter um die Frage gehen: „Wie leben und erleben die Ortskirchen den gemeinsamen Weg, und wohin führt uns der Heilige Geist?“ Diesem Ansatz entsprechend sollten besondere Erfahrungen, Intuitionen und Fragen sowie pastorale Prioritäten auf Ebene der Ortskirchen in aller Welt herausgearbeitet werden. Erst in einem weiteren Schritt würden diese Ergebnisse dann später in den größeren Dialog der Synode einfließen und dem Papst vorgelegt werden.

Susan Pascoe, Mitglied der Synoden-Methodenkommission und der Taskforce für die kontinentale Phase, stellte einige Herausforderungen vor, denen die Delegierten während des Prozesses begegnet sind. Sie verwies zum Beispiel auf die Schwierigkeit, weiblichen Stimmen in patriarchalisch geprägten Gesellschaften Gehör zu verschaffen, oder das „Missverständnis“, dass der Konsultationsprozess dazu gedacht sei, alle von den Menschen vorgebrachten Anliegen zu erfüllen.

Nathalie Becquart
Nathalie Becquart

Erst noch Befürchtungen, jetzt tieferes Verständnis

Der Generalsekretär der Synode, Kardinal Mario Grech, erinnerte bei der Arbeitssitzung an eine Grundhaltung der Offenheit: Unabhängig von Herausforderungen im Synodenprozess gehe es darum, „wie der heilige Petrus auf die Stimme des Heiligen Geistes zu hören, der sogar durch einen Heiden sprechen könne“.

Mauricio López, Mitglied der Methodologiekommission, verwies positiv auf eine veränderte Wahrnehmung der Weltsynode. Während vor fünf Monaten teils noch Befürchtungen im Zusammenhang mit der Weltsynode zu beobachten gewesen seien, sei inzwischen ein tieferes Verständnis für die Richtung der Synode wahrzunehmen.

Der Kommunikationsdirektor der Synode, Thierry Bonaventura, fasste die verschiedenen Kommunikationsbemühungen und Themen des Synodenprozesses zusammen.

Die Untersekretärin des Sekretariats, Schwester Nathalie Becquart, stellte Fundraising-Aktivitäten im Hinblick auf die Finanzierung der Kontinentalversammlungen vor.

-aktualisiert um 15.00: offizielles Kommuniqué des Synodensekretariates - 

(vatican news – pr)

 


 

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29. November 2022, 13:21