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Erzbischof Paul Richard Gallagher Erzbischof Paul Richard Gallagher 

Heiliger Stuhl: Vatikandiplomatie hat keine Eigeninteressen

Wenn weltpolitische Akteure den Papst um Vermittlung in Konflikten bitten, dann deshalb, weil sie bewusst oder unbewusst die Rolle des Papstes als „Brückenbauer“ und Friedensstifter anerkennen. Das hat der vatikanische „Außenminister“ Erzbischof Paul Richard Gallagher an diesem Montag bei einer Konferenz in Liechtenstein gesagt. Die Stärke der Vatikandiplomatie sei es nämlich, keine „Machtinteressen“ zu verfolgen.

Der Heilige Stuhl habe „weder politische, noch wirtschaftliche, noch ideologische“ Interessen, betonte Gallagher. In diesem Punkt unterscheide er sich in seiner Diplomatie von jener der einzelnen Staaten, die Eigeninteressen aller möglichen Art verfolgten, auch militärische, territoriale, einfluss- und allianzbezogene bis hin zu künstlerischen, so der Sekretär für die Beziehungen zu den Staaten und den Internationalen Organisationen. Die Päpstliche Diplomatie sei im Gegensatz dazu „in erster Linie eine Diplomatie der Weltkirche“ und schließe alle Nationen ein, die offen seien „die für die höchsten Werte der Freiheit, der Menschenrechte und der Förderung des Gemeinwohls“.

Freiheit, Menschenrechte, Gemeinwohl

Der Eigencharakter der päpstlichen Diplomatie hänge wesentlich damit zusammen, dass sie „nicht an einen zivilen Staat gebunden“ und „von keiner weltlichen Macht abhängig“ sei; der Staat der Vatikanstadt mit seiner Fläche von 44 Hektar sei lediglich ein „funktionaler Staat“, der die Freiheit des Heiligen Stuhles garantiere, sagte Gallagher.

Gerade weil der Heilige Stuhl „nichts für sich selbst sucht“, könne er mit seiner Diplomatie „die Gründe der anderen freier vertreten“ und die Risiken aufzeigen, die eine selbstbezogene Sichtweise einzelner Staaten „für alle mit sich bringen kann“. Seine Absicht sei der „menschlich schwierige, aber vom Evangelium her unumgängliche Versuch“, Konfliktparteien auf den Weg des Dialogs zurückzuführen, damit sie „aufhören, noch vor den Bomben vom Hass zerrissen zu werden“.

Die moralische Autorität des Papstes

Gallagher würdigte die Rolle, die dem Papst als Friedensstifter auf dem Parkett der Weltdiplomatie zukomme. Es sei „für jeden offensichtlich, dass die Großen der Welt in Notsituationen, wie zuletzt bei der Pandemie und jetzt beim Krieg in der Ukraine, in Papst Franziskus eine moralische Autorität und einen bemerkenswerten Bezugspunkt suchen und finden, so dass sie seine Intervention und Vermittlung in Anspruch nehmen.“ Dabei verließen sie sich weniger auf die „menschlichen Qualitäten des Menschen Bergoglio“, sondern „erkennen, bewusst oder unbewusst, seine Berufung als Papst, als Brückenbauer, zur Überwindung sonst unüberwindbarer Hürden an“. So hätten im „aktuellen Konflikt in der Ukraine“ viele Seiten eine Bitte um Intervention geäußert, erklärte der vatikanische Außenminister. Trotz aller Bemühungen von Papst Franziskus und des Heiligen Stuhls habe sich „bisher noch kein Spalt geöffnet, um eine Friedensvermittlung zwischen Russland und der Ukraine zu ermöglichen“.

Waffen lösen keine Konflikte

Mit Papst Franziskus erklärte Erzbischof Gallagher zum wiederholten Mal, dass Waffen keine Konflikte lösen, sondern sie im Gegenteil ermöglichen. Der Heilige Stuhl unterstütze daher mit Nachdruck „eine Diplomatie, die ihre Rolle als Trägerin der Solidarität zwischen Menschen und Völkern als Alternative zu Waffen, Gewalt und Terror wiederentdecken muss“. Nicht Anspruchsdenken auf Kosten des Anderen, Feindseligkeit und gegenseitige Ablehnung, sondern Dialog, Zusammenarbeit und Versöhnung müssten Ziel der Diplomatie sein, so Gallagher.

Zwei Tage in Liechtenstein

Erzbischof Gallagher hält sich zwei Tage im Fürstentum Liechtenstein auf. Am Montagvormittag war unter anderem ein Treffen mit Premierminister Daniel Risch vorgesehen. Seinen Vortrag hielt der Sekretär für die Beziehungen zu den Staaten und den Internationalen Organisationen im Vaduzer Rathaus bei einer Konferenz zum Thema „Diplomatie und Evangelium". Danach war ein Höflichkeitsbesuch bei Kronprinz Alois von und zu Liechtenstein vorgesehen.

Am Dienstag will Gallagher eine Heilige Messe in der Kathedrale St. Florin in Vaduz feiern. Der Erzbischof von Liechtenstein, Wolfgang Haas, erreicht im August 2023 die Altersgrenze von 75 Jahren und muss dem Papst seinen Rücktritt anbieten. In seinem Vortrag im Rathaus würdigte Gallagher eingangs auch die starken christlichen Wurzeln Liechtensteins. Das Fürstentum habe „den katholischen Glauben bewahrt und ist der katholischen Kirche treu geblieben“, formulierte der Kurienerzbischof.

(vatican news – gs)

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24. April 2023, 16:25