Gallagher: Kirche muss beim sozialen Wiederaufbau der Ukraine helfen
Der Vatikandiplomat zeigte sich geehrt, bei der Konferenz dabei zu sein, die den Fokus auf den Zeitpunkt richtet, an dem nach dem unerbittlichen Krieg Russlands in dem Land an den Wiederaufbau gedacht werden kann. Angesichts des unvorstellbaren Ausmaßes der Zerstörung würdigte der Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten und Internationalen Organisationen den „unbeugsamen Geist des ukrainischen Volkes“, das sich ungeachtet der ursprünglichen persönlichen Lebenspläne für die Verteidigung der Heimat einsetze. Auch die Menschen, die schnellstmöglich zurückkehren wollten, um beim Wiederaufbau des Landes zu helfen, lobte Gallagher in diesem Zusammenhang.
Das Gute wird nie völlig erstickt
„Diese Widerstandsfähigkeit zeigt, dass der Wille zu leben und Hoffnung zu geben stärker ist als jeder zerstörerische Instinkt, der Tod und Verzweiflung sät, denn in den Tiefen des menschlichen Herzens kann das Gute, auch wenn es vom Bösen erstickt wird, niemals völlig zerstört werden und bleibt bereit, wieder zum Leben zu erwachen.“
Dies sei die „Grundüberzeugung“, die die Bemühungen um den Wiederaufbau der Ukraine leiten müsse, so der Appell des Vatikandiplomaten an alle, die sich in diesem „komplexen Prozess“ engagieren wollten.
Zerstörte Familien
Dabei lenkte er den Blick nicht nur auf die immense materielle Zerstörung durch die russischen Bomben, sondern auch auf die „tiefen Wunden im familiären, sozialen und religiösen Gefüge“: „Dies wurde in den Gesprächen deutlich, die Kardinal Matteo Zuppi während seines jüngsten Besuchs in Kiew führte und in denen er auf das Trauma der Kämpfer und dessen Auswirkungen auf ihre Familien einging.“
Zwar seien der Wiederaufbau der Infrastrukturen und die Wiederbelebung der lokalen Wirtschaft, ebenso wie der Bildungsprojekte und der Gesundheitsversorgung „entscheidend für die Wiederherstellung der Stabilität“ und den Wiederaufbau des Lebens der Menschen. Doch ein „echter nationaler Wiederaufbau“ erfordere gleichzeitig auch die „Heilung seelischer Wunden, die Erleichterung des gegenseitigen Verständnisses und die Förderung des Dialogs“, gab der Erzbischof zu bedenken: „Sollte dies vernachlässigt werden, besteht die Gefahr, dass, wenn der ukrainische Himmel nicht mehr von russischen Raketen verdeckt wird, die vom Krieg in den Herzen der Menschen gesäten ,Minen‘ zu explodieren beginnen.“
Gemeinsamer Einsatz zum ganzheitlichen Wiederaufbau
Diesen Wiederaufbau müssten die einzelnen Akteure je nach ihren Voraussetzungen begleiten, so Gallagher, der beim materiellen Wiederaufbau vor allem Regierungen, internationale Organisationen, Zivilgesellschaft und Einzelpersonen guten Willens am Zuge sieht. Die Kirchen jedoch seien aufgerufen, „beim Wiederaufbau des menschlichen, sozialen und religiösen Gefüges der Ukraine zu helfen“: „Gemeinsam können wir dem ukrainischen Volk helfen, den Durchbruch zu schaffen, der notwendig ist, um die Folgen dieses grausamen Krieges zu überwinden“, so der Appell des Kirchenmannes, der mit einem Zitat des Papstes daran erinnerte, dass der Wiederaufbau des Friedens ein langfristiges Unterfangen sei, für das es neben Leidenschaft auch Geduld, Erfahrung und Beharrlichkeit brauche. Er hoffe, dass die aktuelle Konferenz „eine Quelle der Hoffnung und der Solidarität“, ebenso wie „ein Zeugnis für unser unerschütterliches Engagement für das ukrainische Volk“ sei, so Gallagher abschließend.
Hintergrund
Bei der Konferenz in London erörterten auf Einladung der britischen und der ukrainischen Regierung verschiedene Akteure am Mittwoch und Donnerstag Strategien, wie der Wiederaufbau der zerbombten Ukraine unterstützt werden könne. Für den Heiligen Stuhl nahm der Sekretär für die Beziehungen zu den Staaten und Internationalen Organisationen, Erzbischof Paul R. Gallagher, an dem Treffen teil. Die Konferenz soll im jährlichen Rhythmus stattfinden. Die erste Konferenz seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurde in Lugano abgehalten und endete mit der Verabschiedung der Lugano-Declaration. Das Dokument bildet den Rahmen für den politischen Prozess des Wiederaufbaus der Ukraine und enthält die „Lugano-Prinzipien“ als gemeinsame Richtwerte für die Zukunft.
Ziel der diesjährigen Ausgabe sei es, international Hilfe für die Stabilisierung und den Wiederaufbau der Ukraine zu mobilisieren, lässt sich der Erklärung der Organisatoren entnehmen. Die Ukraine-Recovery-Conference nahm den Platz der jährlich stattfindenden Ukraine-Reform-Konferenzen ein, die 2017 in London durch die britische und die ukrainische Regierung lanciert worden waren. Damit sollte dem Land bei seinem Transformationsprozess geholfen werden, der es immer näher an die Europäische Union heranführen sollte.
(vatican news - cs)
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