Welttag der Senioren: „Jugend muss den Stab von den Älteren übernehmen“
Vittorio Scelzo ist im Dikasterium für Laien, Familie und das Leben zuständig für Belange, die Senioren betreffen. Im Gespräch mit Radio Vatikan erläutert er, wie letztlich alle von einer stärkeren generationenübergreifenden Bindung profitieren können.
„Die Einsamkeit älterer Menschen ist ein großes Problem. Papst Franziskus hat in Fratelli tutti die Idee einer Gesellschaft skizziert, in der die Bindungen stark sind, nicht nur irgendwelche Bindungen, sondern Bindungen der Geschwisterlichkeit. Es ist also notwendig und wichtig, dass wir auch Bindungen zwischen den Generationen knüpfen, die jede für sich unterwegs zu sein scheinen. Junge, orientierungslose Menschen… wie viel Verwirrung sehen wir in der Welt der Jugend, besonders nach der Pandemie, und wie viele ältere Menschen, die verlassen sind. Stattdessen besteht die Möglichkeit für Jung und Alt, zusammenzukommen und ein soziales Gefüge der Geschwisterlichkeit zu bilden.“
Im Zusammenhang mit dem Welttag der Großeltern und Senioren hat Papst Franziskus auch in diesem Jahr einem besonderen Gnadenakt zugestimmt: Nicht nur der Besuch der sonntäglichen Messe, sondern auch ein Besuch bei älteren Menschen, sei dieser virtuell oder persönlich, um mit ihnen ein wenig Zeit zu verbringen, berechtigt in Verbindung mit den anderen Voraussetzungen – Beichte, Empfang der Eucharistie, Gebet in der Intention des Papstes – zu einem vollkommenen Ablass. Eine Geste, aus der auch deutlich wird, wie sehr dem Papst das Zusammensein der Generationen am Herzen liegt.
Hoffnung auf eine weniger zerissene Gesellschaft
„Die Frucht, die aus der Begegnung zwischen Jung und Alt erwachsen kann, ist zunächst die einer weniger zerrissenen Gesellschaft“, zeigt sich auch Vittorio Scelzo überzeugt. Doch er sieht ebenso die Notwendigkeit, dass jüngere Leute verstehen müssten, wofür ältere Menschen gelebt und vielleicht sogar ihr Leben eingesetzt hätten:
„Ich denke in diesen Tagen besonders und dringend an die Frage des Friedens. Wir leben in Europa, als Kinder von Generationen, die den Frieden in Europa aufgebaut haben. Und es gibt eine schreckliche Übereinstimmung zwischen dem Verschwinden der Zeugen des Krieges in Europa und dem Wiederaufflammen des Krieges in Europa. Es ist also an den jungen Menschen, den ,Staffelstab‘ dieses Traums vom Frieden, den die Älteren in Europa gelebt, aufgebaut und verwirklicht haben, zu übernehmen. Denn der Friedenstraum der älteren Europäer ist verwirklicht und dauert nun schon seit 80 Jahren an. Jetzt müssen die Jungen diesen Stab übernehmen. Die Frucht für die Älteren ist die Überwindung der Einsamkeit, denn wir können die Einsamkeit der Älteren nicht so hinnehmen, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben.“
Einsamkeit Älterer überwinden
Auch die Veranstalter des Weltjugendtages haben den Zusammenhang beider Welttage aufgenommen und ihre Teilnehmer eingeladen, vor der Abreise nach Lissabon ihre Großeltern zu besuchen und davon ein Bild in den sozialen Medien zu posten. Der Weltjugendtag, der vom 1. bis 6. August in der portugiesischen Hauptstadt stattfinden wird, steht in diesem Jahr unter dem Motto „Maria stand auf und machte sich eilig auf den Weg“. Daran erinnert auch Vittorio Scelzo:
„Die Verbindung (der beiden Ereignisse, Einf.) ist eine zutiefst evangelische, denn der Papst hat die Begegnung zwischen Maria und Elisabeth - die Heimsuchung - in den Mittelpunkt sowohl des Senioren-Welttages als auch des Weltjugendtags gestellt. Es gibt also eine zutiefst evangelische Verbindung, die darin besteht, dass Gott sein Volk besucht, aber auch, dass Gott uns lehrt, dass der Besuch, das Hinausgehen, das Zugehen auf die Schwächsten, immer mit einem Segen verbunden ist. Die Heimsuchung ist ein Moment im Lukasevangelium, der vom Heiligen Geist gesegnet ist. Der Papst lehrt uns also, in der Begegnung zwischen Jung und Alt die Gegenwart des Heiligen Geistes zu sehen. Und dann gibt es diese Verbindung zwischen zwei Momenten im Leben, aber auch zwei Ereignissen, die uns einladen, an eine Welt zu denken, die nicht zerfranst ist, sondern zusammenhält. Jene soziale Freundschaft, von der der Papst spricht, in der alle Geschwister, Jung und Alt, zusammen sind, um die Einsamkeit der Alten und die Orientierungslosigkeit der Jungen zu überwinden.“
Auch in seiner Botschaft zum dritten Großeltern- und Seniorentag nimmt Franziskus Bezug auf die „Eile“ Mariens bei ihrem Besuch bei ihrer Cousine Elisabeth. Es sei „schön, dass der Welttag der Großeltern und älteren Menschen und der Weltjugendtag in diesem Jahr so nah beieinanderliegen“, so der Papst. Gleichzeitig erklärt er, dass Gottes „Liebes-Projekt“ die Generationen „umfasst“ und eine „Verbindung“ zwischen ihnen herstelle.
„Wir müssen lernen, dass die Liebe Gottes von Generation zu Generation reicht“, meint in diesem Zusammenhang der Vatikan-Beauftragte für Senioren. „Das heißt, wenn wir das Szenario der Welt betrachten, wenn wir sehen, was geschieht, wenn wir diese Jahre betrachten, die von der Pandemie in Richtung des Wiederaufflammens des Krieges geprägt sind, von dem, was der Papst den Weltkrieg in Stücken nennt, gäbe es Gründe, entmutigt zu sein. Aber die Tatsache, dass sich die Liebe Gottes von Generation zu Generation erstreckt und dass dieses Zeugnis von den Alten an die Jungen weitergegeben wird, ist die Vorstellung, dass die Geschichte von Gott gelenkt wird, dass Gott die Welt nicht ihrem Schicksal überlässt, sondern dass er die Menschheit in gewisser Weise lenkt und beschützt, und dass das Schicksal des Menschen in jedem Fall durch die Liebe Gottes, durch seine Barmherzigkeit, die, dessen sind wir sicher, Früchte tragen wird, geschützt ist.“
Besondere Geste bei der Messe
Diese Beziehung wird im Rahmen der Papst-Messe am Sonntag auch durch eine besondere Geste unterstrichen: Am Ende der Feier werden fünf ältere Menschen, die für die fünf Kontinente stehen, ein Pilgerkreuz an fünf Jugendliche überreichen, die zum Weltjugendtag nach Lissabon aufbrechen. Die Geste stehe für Glaubensweitergabe, erklärte das Vatikandikasterium für Laien, Familie und Leben bei der Bekanntgabe der Initiative. Zu dem Gottesdienst am kommenden Sonntag werden 6.000 Teilnehmende erwartet - Begleitpersonen wie etwa Enkelkinder eingeschlossen. Radio Vatikan überträgt live und mit deutschem Kommentar ab 9.50 Uhr, über die Webseite, Youtube und Facebook.
(vatican news - cs)
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