Parolin: „Papst hat hohe Erwartungen an Weltjugendtag“
Massimiliano Menichetti - Vatikanstadt
Franziskus wird vom 2. bis 6. August in der portugiesischen Hauptstadt am 37. Weltjugendtag teilnehmen; es ist seine 42. internationale Reise. Am Rand des WJT wird der Papst auch im Marienwallfahrtsort Fatima für den Frieden beten.
Papst hat als Erster den WJT-Rucksack entgegengenommen
Radio Vatikan: Eminenz, wie bereitet sich der Papst auf die Begegnung mit den Jugendlichen in Lissabon vor?
Kardinal Parolin. Der Heilige Vater hat viele Erwartungen an den Weltjugendtag in Lissabon und hat schon in mehreren Videobotschaften junge Menschen eingeladen, sich ihm auf dieser Pilgerreise anzuschließen und dieses kirchliche Ereignis im Gebet zu begleiten. Der Papst ist davon überzeugt, dass diese Begegnungen, diese Zusammenkünfte eine große Kraft in sich tragen, sogar die Kraft, dass jemand sein Leben ändert… Der Heilige Vater bereitet sich also mit großer Hoffnung auf den Weltjugendtag vor. Vor ein paar Wochen hat er sogar als Erster den Rucksack entgegengenommen, den die jungen Pilger in Lissabon erhalten werden.
Radio Vatikan: Die Weltjugendtage sind aus einer Intuition des heiligen Johannes Paul II. heraus entstanden. Welche Bedeutung hat dieses Welttreffen im Jahr 2023?
Kardinal Parolin: Ich würde sagen, dass die Entscheidung von Johannes Paul II. zweifellos eine prophetische Intuition, war: Sie besagt, dass die Kirche die jungen Menschen begleiten will, um ihnen das Evangelium zu verkünden, um ihnen die Begegnung mit Christus zu ermöglichen; dass die Kirche sich weltweit immer mehr für die Jugend einsetzen muss, für ihre Ängste und Sorgen, ihre Hoffnungen und auch für ihre Erwartungen, immer in dieser Perspektive der Begegnung mit Christus, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist.
Diese prophetische Intuition ist auch heute noch aktuell, weil sie das Engagement der Kirche für die jungen Generationen bekräftigen will. In unserer Welt, die sich in einem tiefgreifenden Wandel befindet, die die tragische Erfahrung der Covid-Pandemie gemacht hat und die zahlreiche Konflikte erlebt, ist es heute auf dem ganzen Planeten notwendiger denn je, dass junge Menschen dem Antlitz Jesu Christi begegnen, sein Wort des Heils kennenlernen und seine Jünger werden. So erweist sich der Weltjugendtag nach wie vor als ein wichtiges Instrument und eine Gelegenheit zur Evangelisierung der Lebenswelt von Jugendlichen.
Und er hat auch einen Aspekt universeller Geschwisterlichkeit, nämlich die Tatsache, dass diese jungen Menschen, die aus verschiedenen Ländern kommen und daher unterschiedliche Kulturen, Sprachen und Lebensstile haben, einander begegnen und ihre Erfahrungen und Gaben austauschen können. Wir sollten also dankbar sein, dass es diese Erfahrung seit 40 Jahren gibt und dass sie heute die große Chance hat, das Leben der jungen Menschen zu beeinflussen.
Radio Vatikan: Was kann die Kirche heute von jungen Menschen lernen?
Kardinal Parolin: Ich glaube, dass die Kirche vor der großen Herausforderung der Weitergabe des Glaubens steht, der Weitergabe des Glaubens an die ganze Welt. Und ich glaube, dass die Jugendlichen uns bei dieser Aufgabe, die die Kirche hat, etwas zu sagen haben. Der Papst hat oft von diesem Bruch in der Weitergabe des Glaubens zwischen den Generationen des Volkes Gottes gesprochen und erklärt, dass es in gewisser Weise normal ist, dass sie sich von der Kirche desillusioniert fühlen und sich nicht mehr mit der katholischen Tradition identifizieren. Es gibt immer mehr Eltern, die ihre Kinder nicht taufen lassen, sie nicht beten lehren oder zu anderen Glaubensgemeinschaften gehen.
Diese Situation, derer wir uns bewusst sein müssen, berührt die Existenz der jungen Menschen, die viele Fragen, viele Zweifel und viele Fragen mitbringen, auf die sie nicht wissen, wie sie antworten sollen. Was die Jugendlichen also von der Kirche verlangen, ist, dass die Kirche ihren apostolischen Schwung erneuert und ohne Angst den Weg der pastoralen und missionarischen Umkehr einschlägt. Es ist notwendig, kreativ zu sein, den Mut und die richtige Sprache zu finden, um den jungen Menschen von heute Jesus Christus in seiner ganzen Frische, in seiner ganzen Aktualität zu präsentieren, so dass auch die jungen Menschen von heute, die andere Sensibilitäten, Stile, Handlungsweisen als ihre Altersgenossen von früher haben, ihm begegnen und eine tiefe Glaubenserfahrung machen können, und aus dieser tiefen Glaubenserfahrung wird dann der Wunsch entstehen, sie mit allen Gleichaltrigen zu teilen.
Radio Vatikan: Franziskus wird am Rand des WJT auch Fatima besuchen. Welche Bedeutung hat diese Visite?
Kardinal Parolin: Es handelt sich um einen wichtigen Besuch, bei dem der Heilige Vater kranke junge Menschen treffen und mit ihnen den Rosenkranz beten wird. Ein intensiver Moment. Ich glaube, dass der Papst die Botschaft der Muttergottes an die drei Hirtenkinder wiederholen möchte, als sie 1917 erschien. Es waren Worte des Trostes, Worte der Hoffnung in einer Welt, die sich im Krieg befand, nicht sehr verschieden von der Realität, die wir heute erleben. Und die Gottesmutter lud die Hirtenkinder und durch sie alle Menschen ein, zu beten und insbesondere den Rosenkranz mit großem Vertrauen zu beten, um den Frieden in der Welt zu erlangen.
Papst Franziskus trägt das Drama derer, die in Konflikte verwickelt sind, immer in seinem Herzen. Er bittet uns mit seinem Besuch im Heiligtum von Fatima während des Weltjugendtags, nicht den Mut zu verlieren und im Gebet und im besonderen Gebet des Rosenkranzes auszuharren.“
Radio Vatikan: Was, glauben Sie, kann aus diesem Weltjugendtag entstehen?
Kardinal Parolin: Es ist die Gnade Gottes, die in den Herzen der Menschen und in den Herzen der jungen Menschen wirkt, aber ich möchte betonen, dass es drei Momente der Begegnung gibt, die mir sehr wichtig erscheinen. Der erste ist das Hören auf den Herrn, auf seinen Ruf. Ein besonders wichtiger Moment in diesem Sinne ist die Vigil, die Feier am Samstagabend, bei der wir auch eine Zeit der eucharistischen Anbetung erleben. Dem Herrn in der Eucharistie zu begegnen und sich von ihm in der Eucharistie begegnen zu lassen, bedeutet, bereit zu sein, auch auf sein Wort zu hören: Es findet eine Begegnung statt, die das Leben vieler junger Menschen wirklich verändern kann.
Der zweite Moment des Zuhörens ist das Zuhören auf den Papst. Wir wissen, wie sehr der Papst die Fähigkeit hat, mit Jugendlichen in Kontakt zu treten und sich auf sie einzustellen, wie sehr er in der Lage ist, zu ihnen zu sprechen, ihnen Worte zu sagen, die sie aufrütteln, sie ermutigen, sie anregen können, ihr Bestes zu geben. Auch die Begegnung mit dem Nachfolger Petri, als Zeuge und Lehrer des Glaubens, kann zu einem Wendepunkt im Leben junger Menschen werden.
Und der dritte Moment ist der der Begegnung und des Zuhörens der Jugendlichen untereinander: Jeder Weltjugendtag ist auch eine Gelegenheit, wie ich schon sagte, Jugendliche aus anderen Ländern zu treffen, um zu entdecken, wie Gleichaltrige ihre Unterschiede leben und wie sie sich gegenseitig bereichern können.
Radio Vatikan: Was sollen wir den vielen jungen Menschen sagen, die nicht in Lissabon sein können, obwohl sie gerne dabei wären?
Kardinal Parolin: Es wird ja möglich sein, den WJT über die Medien zu verfolgen. Diejenigen, die - aus verschiedenen Gründen - nicht nach Lissabon fahren können, lade ich ein, sich geistig mit dem Papst und den Gleichaltrigen, die in Portugal sind, zu vereinen und diese Erfahrung, wenn auch aus der Ferne, intensiv zu leben, indem sie mit ihnen und für sie beten, für diejenigen, die in Lissabon sind. Und so können auch sie sich als lebendiger Teil dieses Weltjugendtags fühlen!
Abschließend möchte ich noch sagen, dass, wie der Heilige Vater einmal formuliert hat, die Weltjugendtage kein ‚Feuerwerk‘ sind, d.h. Momente der Begeisterung, vielleicht der großen Begeisterung, die aber in sich selbst verschlossen bleiben: Sie reichen nicht aus, sondern müssen in die normale Jugendarbeit integriert werden. Deshalb sollte es vor jedem Weltjugendtag eine pastorale Arbeit der Diözesen und Pfarreien geben, die dann auch hinterher weiterverfolgt werden muss. Ich glaube, dass in dieser Zeit alle Jugendlichen, auch diejenigen, die nicht in Lissabon dabei sein können, sich einbezogen und als Protagonisten fühlen sollten.
(vatican news – sk)
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