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Die antifaschistische Inschrift in den Räumen des Staatssekretariats Die antifaschistische Inschrift in den Räumen des Staatssekretariats  Die Geschichte

Vatikan: Anti-Mussolini-Inschrift im Papst-Palast

Wer im Apostolischen Palast am Petersplatz einen Termin im Staatssekretariat hat, muss wahrscheinlich in einem Saal der Dritten Loggia einen Moment warten…

Wenn er dabei ein Fresko des Saals in Augenschein nimmt, das der Werkstatt Raffaels zugeschrieben wird, kann er eine ungewöhnliche Entdeckung machen: An einer schwer zugänglichen Stelle findet sich, zwischen Blattwerk versteckt, der Schriftzug „Tod Mussolini“.

Zwischen Renaissance-Blattwerk versteckt

„Ein verstecktes Zeugnis der Geschichte des 20. Jahrhunderts“ nennen Andrea Tornielli und Roberta Cetera den Fund. Sie machen in diesen Tagen in einem Aufsatz bei Vatican News auf die ungewöhnliche Inschrift aufmerksam.

Unklar ist, ob man im Vatikan schon länger von der antifaschistischen Inschrift gewusst oder sie in neuerer Zeit sozusagen wiederentdeckt hat. Bezeugt ist nur, dass der Saal einst zur Wohnung des Kardinals Bernardo Dovizi da Bibbiena gehörte, eines engen Mitarbeiters von Papst Leo X. Medici. Wie gelangten nun die Worte „mortemussolini“ zwischen die Schnörkel am Freskenfries?

Eine Ansicht des Freskofrieses mit der Inschrift
Eine Ansicht des Freskofrieses mit der Inschrift

Der Passierschein von Yad Vashem

Die beiden Autoren – Tornielli ist der Chefredakteur von Vatican News – vermuten, dass sich hier zur Zeit des faschistischen Italien „ein unbekannter antifaschistischer Dekorateur“ verewigt hat. Jemand wie Mario Bianchi: Das war der falsche Name von Ulisse Finzi, einem aus Bari stammenden Juden und bekannten Antifaschisten.

Finzi wurde im Jahr 1944 bei einer Dekorationsfirma angestellt, die „Maler- und Dekorationsarbeiten in der Vatikanstadt und in den Gebäuden der Immobilien des Heiligen Stuhls in Rom“ ausführte. Das ergibt sich aus einer Bescheinigung, die sich heute in den Archiven der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel befindet. „Das Dokument, das nach dem Waffenstillstand und der Ankunft der Deutschen in Rom ausgestellt wurde, sollte offensichtlich als Passierschein dienen“, so Tornielli und Cetera. 

Der Apostolische Palast: Von hier aus betet der Papst jeden Sonntag den Angelus
Der Apostolische Palast: Von hier aus betet der Papst jeden Sonntag den Angelus

Was die Kalkschicht verborgen hatte

Nun wurde gerade in den Jahren 1943-1946 die Loggia restauriert; dazu gehörte die Wiederherstellung des Renaissance-Freskos, das Anfang des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt worden war, bis dahin war es lange von einer leichten Kalkschicht bedeckt gewesen. Hat nun einer der Arbeiter und Angestellten, die die Restaurierung durchführten, die Anti-Mussolini-Inschrift angebracht? Vielleicht sogar Finzi selbst, „auch wenn er sicher kein Dekorateur war“?

Die beiden Autoren halten es für möglich. Nach ihrer Hypothese fällt der Anti-Mussolini-Spruch im Vatikan in die Zeit nach dem Waffenstillstand vom 8. September 1943: Mussolini war in Rom entmachtet worden, Italien hatte kapituliert, von Süditalien aus rückten alliierte Truppen vor. Der Duce regierte nur noch über einen Rumpfstaat in Norditalien, während die deutsche Wehrmacht in Rom einzog. In vielen Klöstern und Konventen der Ewigen Stadt wurden in diesen langen neun Monaten der deutschen Besatzung Tausende von Verfolgten, darunter viele Juden, vor den Nazis versteckt.

Das Geheimnis um die antifaschistische Inschrift im Vatikan - eine Spurensuche von Radio Vatikan

Für Touristen nicht zugänglich

Mussolini wurde in den letzten Kriegstagen, am 28. April 1945, von Partisanen erschossen. Der Saal im Apostolischen Palast, in dem sich die Anti-Mussolini-Inschrift befindet, ist für Touristen nicht zugänglich.

(vatican news – sk)

Yad Vashem: In den Archiven findet sich womöglich eine Spur, die zur Inschrift im Vatikan führt...
Yad Vashem: In den Archiven findet sich womöglich eine Spur, die zur Inschrift im Vatikan führt...

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11. September 2023, 11:25