Gaza: Ein unmenschlicher Akt
Andrea Tornielli - Vatikanstadt
Das Massaker an der Zivilbevölkerung, das am Dienstagabend im Gazastreifen stattgefunden hat und bei dem das anglikanische Krankenhaus von al-Ahli Arabi getroffen wurde, woraufhin Hunderte von zivilen Todesopfern (darunter viele Frauen und Kinder) zu beklagen waren, ist ein unmenschlicher Akt. Eine Tat, die in keiner Weise zu rechtfertigen ist.
In den vergangenen Tagen hat der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in einem Interview mit den vatikanischen Medien den Terroranschlag auf Israel vom 7. Oktober und das Massaker an Zivilisten, Frauen und Kindern als unmenschlich gebrandmarkt. Er bekräftigte auch das Recht der Israelis, sich zu verteidigen und die terroristische Bedrohung durch die Hamas-Milizen zu bekämpfen. Dabei hat er aber zugleich daran erinnert, dass „die legitime Verteidigung den Parameter der Verhältnismäßigkeit respektieren muss“, und dazu aufgerufen, ein Blutvergießen unter der Zivilbevölkerung des Gazastreifens zu vermeiden.
Austausch von Anschuldigungen
In den letzten Stunden ist es zu einem Austausch gegenseitiger Anschuldigungen gekommen: Die Behörden des Gazastreifens und die Hamas machen einen israelischen Bombenangriff für die Zerstörung des Krankenhauses verantwortlich. Es liegt in einem Gebiet, zu dessen großräumiger Evakuierung Israel aufgerufen hatte. Die israelische Armee bestreitet hingegen ihre Verantwortung und führt das Massaker auf eine vom „Islamischen Dschihad“ abgefeuerte, fehlgeleitete Rakete zurück. Diese Gruppierung bestreitet ihrerseits jede Verantwortung.
Wir stehen an einem dramatischen Punkt in der Geschichte der Menschheit, an dem sich die „Stücke“ eines Dritten Weltkriegs, von dem Papst Franziskus immer wieder spricht, unerwartet schnell zusammenfügen. Da ist es notwendig, den Terrorismus zu besiegen, ohne den Hass weiter zu schüren und ohne das humanitäre Völkerrecht außer acht zu lassen. Während wir darauf warten, mehr über die verbrecherische Zerstörung eines Krankenhauses zu erfahren, in dem medizinisches Personal nahezu ohne Mittel und bereits am Rande seiner Kräfte Kranke und Verwundete behandelte, müssen wir an die Internationale Gemeinschaft appellieren, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um eine humanitäre Katastrophe und den Ausbruch eines Konflikts mit unvorstellbaren Folgen zu verhindern.
Der britische Außenminister James Cleverly hat erklärt, dass „das Vereinigte Königreich mit seinen Verbündeten zusammenarbeiten wird, um herauszufinden, was in dem Krankenhaus in Gaza passiert ist“ und um „unschuldige Zivilisten zu schützen“. Dabei hat er bekräftigt, dass „der Schutz des Lebens von Zivilisten Vorrang haben muss“. Hoffentlich werden sich ihm andere Stimmen anschließen und die Wahrheit über die Geschehnisse fordern.
Weder die Unmenschlichkeit des terroristischen Massakers, das in israelischen Kibbuzim an unschuldigen Opfern verübt wurde, noch die Unmenschlichkeit der Tötung unschuldiger Zivilisten in Gaza dürfen dazu führen, dass wir die Hoffnung auf eine Zukunft in Frieden und Gerechtigkeit für den gesamten Nahen Osten aus den Augen verlieren. In dem eingangs erwähnten Interview hat Kardinal Parolin geäußert: „Mir scheint, dass die größtmögliche Gerechtigkeit im Heiligen Land in einer Zweistaatenlösung bestehen würde. Sie würde es Palästinensern und Israelis ermöglichen, Seite an Seite in Frieden und Sicherheit zu leben, was wohl den Wünschen der meisten von ihnen entspricht“. Und er hat hinzugefügt, dass der Heilige Stuhl dieses Streben und dieses Recht trotz allem weiterhin unterstütze. Parolin forderte die sofortige Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln und die uneingeschränkte Achtung des humanitären Völkerrechts.
(vatican news)
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